••• Von Alexandra Binder
Ein selbsternannter Seifenkaiser in eigenwilliger k.u.k-Montur und eine schläfrig wirkende Erfinderin einer Luxus-Schwimminsel, die den Deal ihres Lebens ausschlug. Das waren die österreichischen Beiträge zur zweiten Staffel der Vox-Gründershow „Die Höhle der Löwen” – dem deutschen Pendant zur Puls 4 Start-Up Show „2 Minuten 2 Millionen”. Motto: Ein bisschen Fremdschämen geht immer. Doch dann rettet ausgerechnet ein wiffer 22-Jähriger das Image des Landes. Peter Karacsonyi präsentierte sein Projekt „Kape Skateboards” und legt einen perfekten Auftritt hin. 60.000 Euro will er einsammeln und bietet dafür 20% seiner Firma. Der junge Gründer kann sich ausdrücken, ist sympathisch und hat eine Idee, die ankommt. Er punket mit Skateboards, die nicht so leicht brechen. Dafür hat er, selbst begeisterter Skater, eine spezielle Bautechnik entwickelt – eine klassische Garagenfirma. Investor Frank Thelen, CEO der Venture-Capital-Gesellschaft e42, der allem voran technologie- und designgetriebene Gründer in der Seed- und Early-Stage-Phase unterstützt, fand die Geschäftsidee „supergeil” (sic!).
Was dann passiert, ist selbst in der Höhle der Löwen nicht alltäglich. Thelen matcht sich mit einem zweiten der vier potenziellen Investoren um den Deal. 30% will er für 60.000 Euro Investment. Doch Ex-Stuntman Jochen Schweizer, der die nach ihm benannte Unternehmensgruppe leitet, die Erlebnisgutscheine vertreibt, hält dagegen. Sein Angebot: 60.000 Euro für 26% Geschäftsanteile. Zudem sagt er zu, die Marke Kape Skateboards und das Produkt auf seinem Internetportal zu vermarkten – dazu kämen Workshops als Event. Damit, so Schweizer, wäre das Thema „Marketing” miterledigt. Karacsonyi entscheidet sich schließlich dennoch für Thelen, weil der einst selbst Skateboarder war: „Mir ist es absolut wichtig, dass ich nur mit Skateboardern zusammenarbeite, die ganz genau die Passion auch dafür haben und das Ganze nicht nur vielleicht als Geschäft sehen”, so seine Begründung.
Role-Model
Wer jetzt meint, bei Karacsonyi handle es sich um den Einzelfall eines begabten jungen Mannes mit Gründergeist, der irrt. Role-Model wäre die passendere Zuschreibung. Denn: „Es ist offiziell. Die Jungen zeigen im Hinblick auf Unternehmensgründungen mehr Elan als die Erwachsenen”, titelt der neueste Forschungsbericht zum Unternehmergeist von Jugendlichen „Future Potential – a GEM perspective on youth entrepreneurship 2015”, der im vergangenen Monat vom Global Entrepreneurship Monitor (GEM) veröffentlicht wurde. Junge Menschen zeigen demnach deutlich stärkere unternehmerische Ambitionen und sind 1,6 Mal häufiger an einer Unternehmensgründung interessiert als Erwachsene. Und das nicht nur in Europa, sondern auch im subsaharischen Afrika, im nahen Osten, Nordafrika, Süd- und Ostasien, Lateinamerika und der Karibik.
Der Bericht fußt auf Daten, die zwischen 2012 und 2014 gesammelt wurden, und gibt Antworten auf die Frage, was junge Menschen zur Unternehmensgründung antreibt und welche Faktoren den Erfolg oder Misserfolg ihres Business beeinflussen. Dass ein Fokus auf die Jugend unumgänglich ist, das liegt für Mike Herrington, Executive Director des GEM, auf der Hand: „Ein Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten, von dem vor allem Jugendliche betroffen sind, stellt ein schwerwiegendes weltweites Problem dar, das durch die Finanzkrise und den globalen wirtschaftlichen Abschwung noch verschärft wurde. Die Förderung aussichtsreicher Unternehmensaktivitäten von Jugendlichen wird als Entwicklungsstrategie verstanden, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren und zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beizutragen.”
Der GEM-Bericht gibt Einblick in die Unternehmenspraxis der 18- bis 34-Jährigen und berücksichtigt dabei generationenübergreifende, geschlechtsspezifische und regionale Unterschiede.
Charakteristika junger Unternehmer
Und da fällt gleich einmal eines ins Auge: In allen untersuchten Regionen sind die Jungen in der Unternehmensgründung ambitionierter als Erwachsene. Allerdings reicht die Ambition bei vielen nicht dafür, auch Arbeitsplätze zu schaffen, so Thomas Schøtt, Professor für Entrepreneurship und Relationship Management an der University of Southern Denmark und Leiter des Studienreports.
73% der von unter 24-Jährigen gegründeten Unternehmen sind klassische EPU (1 Personen Unternehmen). Viele überleben auch die ersten dreieinhalb Jahre nicht. Wer über 34 ist, schafft das 1,7 Mal häufiger.
Und leider hat sich auch eines nicht geändert: Der Unternehmergeist befällt häufiger Männer als Frauen. Nicht nur gründen die Männer 1,3 Mal häufiger; auch die Chance, dass ihr Unternehmen erfolgreich wird, ist größer (1,6 Mal) und sie schaffen doppelt so häufig Arbeitsplätze für mehr als fünf Personen. Regionale Unterschiede gibt es naturgemäß auch. Junge subsaharische Afrikaner beispielsweise äußern doppelt so oft die Absicht, ein Unternehmen zu gründen (52%) wie junge Europäer und setzen diese Absicht auch eher um (28%). In Europa sind die Karacsonyis ebenfalls vorhanden, aber (noch) deutlich weniger stark in der Zahl. Knapp ein Viertel bringt hier unternehmerische Ambitionen zum Ausdruck, und nur 8% üben tatsächlich eine unternehmerische Tätigkeit aus (gemessen in Prozent der erwachsenen Bevölkerung).
Schøtt betont, dass Strategien entwickelt werden müssen, um jungen Unternehmen aus den verschiedensten Sektoren zu mehr Nachhaltigkeit zu verhelfen sowie erfolgsversprechende Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen, zu identifizieren und zu fördern: „Wir müssen Wege finden, die Motivation junger Menschen zu nutzen, die zwar begeistert von der Idee einer Unternehmensgründung sind, aber nicht über die Fähigkeiten und Netzwerke verfügen, um diese erfolgreich umzusetzen.”
An dieser Stelle schließt sich der Kreis zu Role-Model Karacsonyi und seinem Investor Thelen. Der Jungunternehmer sieht die Sache laut web.de heute nämlich so: „Vor der ‚Höhle der Löwen' war das Ganze eigentlich mehr Hobby als Unternehmen.” Nicht einmal einen Online-Shop habe er vor der Show gehabt, seine Boards überwiegend an Freunde verkauft. Mit seinem strategischen Partner und Wunschinvestor Thelen hingegen geht jetzt ordentlich etwas weiter. Nach Abschluss des Deals (die Show wurde schon im März aufgezeichnet), hat sich Karasconyi ein, zwei Mal pro Woche mit Thelen und dessen Team per Skype-Konferenz beraten. Thelen holte Informationen über den Markt ein und knüpfte für seinen Schützling erste Kontakte zu Skateboard-Shops.
Der Deal ist gestorben, es lebe der Deal
Der Deal in der Form, wie er im Fernsehen gezeigt wurde, ist allerdings ziemlich schnell gestorben. Der Skateboard-Bauer und sein Investor trafen eine neue Vereinbarung. Und die kann sich offenbar sehen lassen: „Im Nachhinein haben wir den Deal zu meinen Gunsten angepasst; wie genau, möchte ich aber nicht sagen”, so Karacsonyi, gegenüber dem Journalisten Christian Vock. Allerdings helfe ihm Thelen sehr weiter.
Was dem jungen Gründer auch weiterhelfen dürfte, ist sein Bildungshintergrund: Er studiert Sports Equipement Technologies an der Fachhochschule Technikum Wien und will sein Studium auf jeden Fall abschließen, egal wie es mit Kape weitergeht.
Die GEM-Studie bestätigt die Sache mit der Bildung: Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen allgemeiner Bildung, speziellen Unternehmensgründungs-Trainings und den Unternehmeraktivitäten. Oder in anderen Worten: Jugendliche aller Regionen sind jetzt gebildeter als Erwachsene. Spezifische Fortbildungen in Entrepreneurship haben sich von einer Generation zur nächsten mehr als verdoppelt. Doch obwohl einige positive Entwicklungen zu verzeichnen sind, schließt der Report, dass noch viel mehr getan werden muss, um global ein günstiges Umfeld für junge Unternehmer zu schaffen, vor allem, was den Zugang zu Finanzmitteln und IT-Infrastruktur betrifft.
Die Daten zeigen mit Ausnahme der Region Europa und in gewissem Maße Naher Osten/Nordafrika-Region, dass das Internet als Handelsraum längst nicht ausgeschöpft wird. Im subsaharischen Afrika etwa nutzen nur 16% der jungen Menschen die Möglichkeit des Online-Verkaufs von Produkten oder Dienstleistungen. Karacsonyi hat zwischenzeitlich einen Web-Shop und erhielt am Abend der Ausstrahlung des Formats auf Vox auch gleich 150 Bestellungen. Seither läuft der Shop, und er hat nicht nur Privatkunden sondern auch Skate-Shops. Sein aktuellstes Problem: Er kommt mit der Produktion nicht hinterher. Für manche Anfragen bräuchte er eine Woche, um sie zu beantworten. Daher ist die Auslagerung der Produktion ein Thema, wenn die Qualität der bisher handgefertigten Bretter nicht darunter leide. „Wenn ich einen Produzenten finden kann, der das genauso gut oder sogar besser herstellen kann, würde ich das sofort aus der Hand geben. Dann hätte ich mehr Zeit, um mich um andere Sachen wie die Entwicklung neuer Boards zu kümmern.” Zudem will er seie Boards weiterentwickeln: „Ich habe mir vorgenommen, nicht den gleichen Fehler zu machen wie andere Skateboard-Firmen, nämlich aufzuhören zu entwickeln und jahrelang dasselbe Produkt zu verkaufen, nur mit neuen Designs.” Bleibt noch sein Fazit zum Gang in „Die Höhle der Löwen”: „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, so eine Chance werde ich nie wieder bekommen.” https://kapeskateboards.com/