PRIMENEWS
sabine bretschneider 22.05.2015

Gesegnet sind die Skifahrer*


„Es gibt Menschen, die in Erfahrungswelten leben, die wir nicht betreten können” – damit hat der Kriminalpsychologe Thomas Müller einmal John Steinbeck zitiert.

Einblicke Die US-Geheimdienste haben jetzt mehr als 100 Dokumente Osama Bin Ladens veröffentlicht. Die Korrespondenz gewährt Einblick in die Gedanken des Terrorpaten – und in die bürokratischen Strukturen seines weitläufigen Netzwerks. Für Leser aus einem anderen Kulturkreis entsteht aus den Dokumenten eine eigenartige Collage aus langatmiger orientalischer Frömmelei, vertrautem sturköpfigem Festhalten an pseudobehördlichen Abläufen – und einer Prise britischen Humors.

Was aus dem Rahmen fällt

Wer etwa bei der weinerlich-förmlichen Botschaft der „Jihad and Reform Front” an „The honorable Shaykh Usamah Bin Laden” (im Original nachzulesen unter http://www.dni.gov/index.php/„Jihad and Reform Front”) nicht an Brians Leben und die Volksfront von Judäa erinnert wird, hat, ein Banause, den Film nie gesehen. Interessant sind auch die Bewerbungsbögen, die die hoffnungsvollen Jihad-Applikanten ausfüllen durften („Instructions to Applicants”): Neben den gewohnten Angaben wie Name, Adresse, Wohnort, Ausbildung, Sprachkenntnissen, Hobbys und familiärem Status wird hier auch ausführlich die religiöse Vorbildung erfragt, eventuelle Verbindungen zu Personen im Staatsdienst, Chemiekenntnisse, Pakistan-Reisen, Kampferfahrung in Afghanistan …
Aus dem Rahmen einer gewöhnlichen Blindbewerbung fällt auch die Frage, ob ein echter oder gefälschter Reisepass vorgelegt wird, oder auch, ob Interesse an einem Selbstmordanschlag bestünde. Ungewöhnlich ist auch die Bitte um die Kontaktadressen der Personen, die benachrichtigt werden sollten, falls man sich entschlösse, ein Märtyrer zu werden („Who should we contact in case you became a martyr?”).
Dass Bin Laden selbst Bücher über Verschwörungstheorien zu 9/11 im Regal stehen hat, setzt dem ganzen dann nur mehr das Krönchen auf. „Es gibt Menschen, die in Erfahrungswelten leben, die wir nicht betreten können” – damit hat der Kriminalpsychologe Thomas Müller einmal John Steinbeck zitiert. Da hat er wahrscheinlich recht. Der Blick durch den Türspalt, den uns die US-Regierung eben gewährt, ist jedenfalls äußerst verwirrend. Das Leben besteht hauptsächlich darin, dass man mit dem Unvorhergesehenen fertig werden muss. Das hat auch Steinbeck gesagt.
(*Monty Python's Life of Brian, 1979)

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