Der Sozialminister nimmt an, dass Österreich – mit etwas Verzögerung – dem positiven Konjunkturpfad Deutschlands folgen wird.
Wien. Die Arbeitslosenzahlen steigen und steigen: Seit August 2011 wächst das Heer der Arbeitslosen in Österreich an – die Arbeitslosenquote liegt inzwischen auf dem höchsten Stand seit den 1950er-Jahren. Ende März waren 428.519 Menschen ohne Job, um 6,5% mehr als vor einem Jahr. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) erwartet auch in den nächsten Monaten keine merkliche Besserung. „Die Situation am österreichischen Arbeitsmarkt auch Ende März ist noch ein gutes Stück von einer nachhaltigen Erholung entfernt”, so Hundstorfer.
Positive Effekte ante portas
Die Steuerreform und das geplante Wohnbauprogramm sollen nun die heimische Konjunktur ankurbeln. „Allerdings wird die Belebung der Konsum- und Baunachfrage wohl erst im nächsten Jahr entsprechende Auswirkungen zeigen”, betonte Hundstorfer am Mittwoch in einer Aussendung zu den aktuellen Arbeitslosenzahlen. Kurzfristig werde der schwächere Euro über die Belebung des Außenhandels und der niedrige Ölpreis Konjunkturimpulse bringen. Der Sozialminister erwartet, dass Österreich – mit etwas Verzögerung – dem positiven Konjunkturpfad Deutschlands folgen wird.Nachdem die Schulungsstrategie des AMS geändert wurde, sind die Schulungsteilnahmen in ganz Österreich zum Teil stark rückläufig. Die Schulungsteilnahmen gingen in Wien mit 29,7% und im Burgenland mit 16,4% am stärksten zurück. „Die aktuellen Arbeitsmarktdaten sind beunruhigend”, kritisiert Herbert Rohrmair-Lewis, Bundesvorsitzender der Jungen Wirtschaft (JW). „Richtig alarmierend” sei „die Untätigkeit von Bundesminister Hundstorfer, der wieder viel Zeit ohne effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verstreichen hat lassen”.Mit der derzeitigen Arbeitsmarktpolitik steuere Österreich auf die halbe Million-Marke bei den Arbeitslosen zu. Rohrmair-Lewis: „Das ist ein arbeitsmarktpolitisches Versagen.” Hundstorfer bleibe konkrete Maßnahmen und Schritte schuldig und, so heißt es in der Pressemitteilung der Jungen Wirtschaft, „hofft offenbar auch, dass Österreich ohne eigenes Zutun vom leichten Konjunkturaufschwung in Europa profitieren kann”. Europaweit jedenfalls ist die Arbeitslosigkeit Ende März auf den tiefsten Wert seit drei Jahren gesunken. Allerdings steht Österreich im europäischen Vergleich bei der Arbeitslosigkeit immer noch relativ gut da: Das Land verzeichnete mit 5,3% (nach EU-Definition) im Februar die zweitniedrigste Arbeitslosenrate hinter Deutschland (4,8%). Die Besorgnis, dass die Flaute am Arbeitsmarkt andauern könnte, bleibt jedoch.
Keine „Himmelsgeschenke”
„Für mich ist es unbegreiflich, warum nicht schon längst entgegengesteuert wird. Fehlt es unserem Sozialminister an Mut, Ideen oder gar an Gestaltungswillen?”, so Rohrmair-Lewis. „Es reicht nicht, auf Geschenke des Himmels zu warten. Es muss jetzt rasch gehandelt werden.” Die Junge Wirtschaft fordert erneut die Entlastung des Faktors Arbeit: eine Lohnnebenkostenbefreiung für den ersten Mitarbeiter im ersten Jahr und „rasche Schritte zum Abbau der Wirtschaftsbremse Bürokratie”.Statt den Unternehmern mit der Bonus-Malus-Regelung eine weitere Demotivierung anzudrohen, wäre es an der Zeit, ein Motivationsprogramm zu starten. „Laut unserem Stimmungsbarometer sind die Jungunternehmer Kilometer von einer positiven Stimmung entfernt”, wird Rohrmair-Lewis zitiert. „Wir erwarten klare Signale aus der Politik, das ist die einzige Chance für eine Trendwende.” (red/APA)