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© Nuno Filipe Oliveira

Dinko Fejzuli und Georg Sander 16.11.2018

Zum Einstand gleich mal auf die Überholspur

Ursula Arnold führt als neue CEO die MindShare. Ein ­Etatgewinn macht die Mediaagentur zur Nr. 3 am Markt.

••• Von Dinko Fejzuli und Georg Sander

Am 1. November hat Ursula Arnold den Posten der CEO bei MindShare übernommen. Sie folgt Christine Antlanger-Winter, die das Unternehmen nach 15 Jahren verlässt, davon neun Monate als CEO. Arnold war die logische Nachfolgerin. Sie ist seit 2003 im Unternehmen, hat seitdem kontinuierlich das New Business ausgebaut, zeichnet für namhafte Kundengewinne verantwortlich, ist seit 2009 Mitglied der Geschäftsführung und seit 2017 COO.

Ihre Zeit als CEO beginnt mit dem Gewinn des Kunden Rewe, laut Focus ein Werbekunde, der 2017 175 Mio. € Brutto in den Markt brachte, womit Mind­Share nach der GroupM-Schwester MediaCom und der Dentsu Aegis zur neuen Nummer Drei am Markt aufsteigen wird.
medianet hat sie zum Gespräch getroffen – Ursula Arnold erklärt, was sich nun für Mind­Share ändert.


medianet:
Frau Arnold, Sie sind schon sehr lange bei MindShare. Wie verlief der Weg ganz an die Spitze?
Ursula Arnold: Ich habe im Mai 2003 begonnen und war bereits ab 2005 für den Bereich New Business verantwortlich, und mit neuen Kunden wie NÖM, Unilever, Ferrero oder Red Bull wuchs auch das Team. Und auch zunehmend die Verantwortung. 2008 wurde ich ins Management geholt, seit 2017 war ich COO und neben der Client Leadership-Verantwortung kam auch die Verantwortung für den gesamten Einkauf dazu.

medianet:
Sie sind ein halbes Jahr vor Christine Antlanger- Winter in die Agentur gekommen. Nun folgen Sie ihr ein gutes halbes Jahr als CEO nach. Wie war die Übergabe?
Arnold: In den letzten neun Monaten haben wir die Agentur als Doppelspitze geführt. Eine Übergabe war da gar nicht notwendig. Ich war in allem involviert. Die Kunden- und Medienverträge sind ohnehin zu 99 Prozent schon immer über meinen Tisch gelaufen.

medianet:
Sie haben gerade ein paar sehr namhafte Mind­Share-Kunden aufgezählt. Wie überzeugt man diese, gerade ihre Agentur auszuwählen?
Arnold: Wir haben immer einen stark strategischen Ansatz verfolgt und schon mit NÖM 2005 gab es einen Fokus auf Digital – also eine Kombination einer starken klassischen Strategie, gepaart mit einer digitalen Komponente.

medianet:
Die Skepsis den damals neuen digitalen Kanälen gegenüber war groß?
Arnold: Die Skepsis konnte man mit Überzeugung zerstreuen. Es gab wenig Budget bei Pop-ups und Displayformaten. So wie in den letzten Jahren bei Mobile. Da hat man mit 5. – 10.000 Euro-Budgets angefangen und das hat die Kunden nicht abgehalten. Der Erfolg hat die Weiterentwicklung dann ermöglicht.

medianet:
Nicht nur unser xpert-Ranking belegte das. Sie sind auch als Digitalagentur sehr erfolgreich. Gleichzeitig gibt es in den sogenannten alten Mediengattungen Bedenken, welche Rolle sie künftig spielen werden. Was sagen Sie denen?
Arnold: Vor ein paar Jahren war die Digitalwelle sehr stark zu spüren. Mittlerweile fließen die Budgets teilweise wieder ins Klassische zurück.

Es bestehen 80 Prozent unseres Geschäfts aus klassischer Mediaarbeit. Da passiert die Markenbildung und das ist für eine positive Entwicklung im Bereich E-Commerce und Performance enorm wichtig, dass die Marken eine starke Durchdringung haben.
Es wird im digitalen Bereich neue Entwicklungen geben und auch wachsende Digitalbudgets. Aber ich sehe nicht, dass die klassischen Budgets in den nächsten drei bis fünf Jahren in einem überproportionalen Ausmaß sinken werden.


medianet:
Die MindShare ist ansich eine Mediaagentur …
Arnold: …wir sind eine Media­agentur mit starker digitaler Ausrichtung mit einem hohen Investment in Technologie und Digitalisierung in den letzten zehn Jahren. MindShare ist eine Marken-Mediaagentur und das ist die Ausrichtung bereits seit vielen Jahren. Ich selbst würde mich als Kommunikationsberater oder Media Consultant sowie Markenstratege betrachten. Diese Prägung möchte ich fortsetzen. Vor allem, wenn man so starke Brands betreut, ist das extrem wichtig, denn es geht um ein sehr tiefes Markenverständnis.

medianet:
Apropos Brands: Vor wenigen Tagen haben Sie mit dem Rewe-Etat einen Megadeal an Land gezogen. Ein schöner Einstandserfolg als neueChefin, oder?
Arnold: Es war ein sechsmonatiger, mehrstufiger Prozess mit einem starken Fokus auf Strategie und – in einem weiteren Step – einem stark fokussierten Digitalverständnis. Wichtig war, im Team zu präsentieren und Kontinuität zu zeigen.
Die Strategiepräsentationen gingen über die einzelnen Brands. Wir haben die Vielseitigkeit unseres Teams gezeigt und uns auch kritisch mit den Marken beschäftigt. Ich freue mich sehr auf diese Herausforderung.

medianet:
Das wird auch Umstrukturierungen in der Mind­Share benötigen, um so einen Riesenkunden zu bewältigen?
Arnold: Es wird bei uns ein eigenes, zum Teil noch aufzubauendes Team und einen eigenen Raum für Rewe geben. Das ist auch deshalb wichtig, damit wir unseren Bestandskunden demonstrieren können, dass es hier erstens zu keinen Berührungen kommt und zweitens, dass auch alle anderen die beste Betreuung bekommen. Immerhin macht uns Rewe zur drittgrößten Mediaagentur des Landes. In Wahrheit ist es aber nicht ‚die Rewe', sondern es sind durch die verschiedenen Marken zehn neue Kunden.

medianet:
Kommen wir zu einem Thema, das durch Entwicklungen wie Smartspeaker immer virulenter wird, Voice Search.
Arnold: MindShare international hat eine eigene Unit zu diesem Thema gebildet. Die Beratungsleistung ist da sehr wichtig, um Berührungspunkte aufzugreifen. Es muss aber das Investment in die Marke geschehen, damit weiterhin nach dem Produkt gesucht wird. Die Anbieter stellen dann natürlich ihre eigenen Produkte in den Vordergrund. Aber wir kommen ja aus einer Generation, wo man etwa nicht nach einem Waschmittel sucht, sondern nach einer bestimmten Marke. Damit das auch die Jungen machen, muss die Marke ständig präsent sein. Das passiert durch strategisch ausgerichtete, klassische Massenkommunikation.

medianet:
Von der Branche zum Schluss nochmals zur Agentur. Was dürfen wir uns erwarten?
Arnold: Wir wollen uns in Richtung Business- und Mediaconsulting weiterentwickeln. Durch die neue Geschäftsführung und die Neukundengewinne werden wir auch die Struktur verändern. Neue Managementpositionen sind bereits geschaffen. Wir haben 75 Mitarbeiter und werden bald über 80 sein. Sabine Auer-Germann wird ab Jänner COO von MindShare Österreich sein. Wir werden uns jedenfalls nicht ausruhen. New Business und Wachstum sind ein starker Fokus für die künftige Ausrichtung.

medianet:
Um qualitativ wachsen zu können, braucht es das entsprechende Personal. Wie geht es der MindShare mit kompetentem Nachwuchs?
Arnold: Ich bin da positiv gestimmt, ich spüre das jedes Mal, wenn viele FH-Studierende ihre Pflichtpraktika bei uns machen wollen. Da können wir uns die besten Leute aussuchen. Wir wollen sie dann in ein Dienstverhältnis integrieren und sie für Toppositionen aufbauen. Bei Digitalspezialisten ist das etwas schwieriger, aber wir sind bekannt dafür, dass wir unsere Leute in den Fachabteilungen on the job selbst ausbilden und für stärkere Positionen aufbauen.

medianet:
Wenn wir uns in zwölf Monaten wieder hier treffen – was muss passiert sein, damit Sie aus Ihrer Sicht auf ein erfolgreiches erstes Jahr zurückblicken können?
Arnold: Das Management soll stabil bleiben, da gab es in den letzten Jahren keine Wechsel. Und wir wollen Neukunden gewinnen. Wir sind schon wieder zu einigen Pitches für 2019 eingeladen.

medianet:
Auch bei Bestandskunden, die eine neuerliche Standortbestimmung wollen?
Arnold: Wir haben permanent Audits und sind in den Ergebnissen sehr erfolgreich. Manche Kunden sind verpflichtet, nach drei Jahren neu auszuschreiben. Die meisten Beziehungen sind aber sehr stabil. Man muss sich dennoch immer bemühen und dranbleiben. Unsere Kunden haben einen hohen Anspruch an sich selbst und der Innovationsgrad ist ebenfalls hoch. Aber neben KPI-Erfüllungen ist auch die qualitative Beratung, die menschliche und direkte Kommunikation, enorm wichtig.

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