CANNES. Die jährliche Mipim, eine der größten Veranstaltungen für Immobilienprofis weltweit, hat in diesem Jahr erneut zahlreiche Vertreter der Branche angezogen. Die Besucherzahl hat sich gegenüber den Vorjahren verringert, die Gespräche auf der Messe waren aber trotzdem, oder aber vielleicht gerade deswegen, fokussiert und produktiv.
„Bei einigen Marktteilnehmern ist nach wie vor Zurückhaltung zu spüren, bei vielen anderen ist auch schon wieder Optimismus und Zuversicht zu verzeichnen”, zieht Michael Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe, eine erste Bilanz. „Einerseits bleiben die Finanzierungsmodalitäten auch zwei Jahre nach Beginn der Konjunkturkrise herausfordernd, andererseits werden erste Leitzinssenkungen im Jahresverlauf erwartet, und in einigen Ländern zeichnet sich bereits eine Konjunkturerholung ab. Darauf begründen sich die durchaus berechtigten Hoffnungen, dass die Talsohle bald durchschritten ist und die Märkte wieder anziehen.”
Blick auf die Zinslandschaft
Markus Mendel, Geschäftsführer EHL Investment Consulting, sieht die Talsohle bereits als durchschritten: „Die Aktivitäten am Investmentmarkt werden wieder zunehmend stärker, die Anzahl der Due Diligence-Prüfungen erhöht sich sukzessive. Die Finanzierungslandschaft hingegen ist nach wie vor schwierig, die Hoffnung auf eine Zinswende im zweiten Halbjahr besteht und wäre ein wichtiges Signal für den Markt.”
Auch Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting, hofft auf eine Zinswende: „Speziell die institutionellen Investoren wollen ihre Portfolios zum Teil weiter ausbauen und haben Sorge, dass sie den richtigen Zeitpunkt für den Wiedereinstieg verpassen. Die erste Leitzinssenkung könnte eine starke Signalwirkung haben. So könnten beispielsweise Investments in Bestandsimmobilien aus dem Wohnbereich vergleichsweise attraktiv sein, da das Rendite-niveau aktuell doch merkbar über der Marke aus der Zeit vor dem 24. Februar 2022 liegt.”
Positive Signale
Mit der Zinswende am Horizont orten auch einige andere heimische Unternehmen einen Hoffnungsschimmer: „Die Mipim als internationaler Gradmesser der Branche bestätigt uns die positiven Signale für eine baldige Marktbelebung”, meint etwa Markus Arnold, CEO und Alleineigentümer von Arnold Immobilien. „Die Termine an unserem Stand waren überwiegend Akquisitions- und Deal-Gespräche. Der Kauf- und Verkaufswille hat sich bereits nach den ersten Gesprächen manifestiert.”
Allgemeine Rundschau
Im Allgemeinen passte die Stimmung auf der Mipim nicht zum südfranzösischem Wetter: Draußen sonnig und heiter, auf der Messe eher gedrückt. Die Schockstarre, in der sich die Immobilienbranche im vergangenen Jahr in Cannes eingefunden hatte, scheint aber überwunden zu sein. Neben dem aktuellen Lieblingswort der Immobilienbranche, „Herausforderungen”, etablierte sich „Opportunitäten”. Viel mehr Erkenntnisse, als bei der Expo Real 2023, lieferte die Mipim 2024 noch nicht – und dennoch: Cannes hinterließ bei nicht wenigen aus der Branche ein positives Gefühl. Es scheint jetzt mehr Klarheit und Konsens über den tatsächlichen Status quo der Immobilienwirtschaft zu geben als vor einem Jahr.Oder es lag doch nur am schönen Wetter.
Auch wenn dieser Status quo ausbaufähig ist, so scheint die Klarheit doch für spürbar mehr Gelassenheit unter den Marktteilnehmern zu sorgen. Es ist also genau das eingetreten, was Experten bei der vergangenen Mipim 2023 voraussagten, bzw. vorbrachten, nämlich, dass sich die Marktteilnehmer langsam an die veränderten Marktbedingungen gewöhnen müssen. (hk)