••• Von Paul Christian Jezek
WIEN. Können geplante Energieeinsparungen bei nachhaltigem Bauen und Sanieren auch in der Praxis erreicht werden? Diese Frage stellte u.a. die Studie „Auswertung von Verbrauchskennwerten energieeffizient sanierter Wohngebäude” der deutschen Energieagentur dena, welche die Daten von insgesamt 63 thermisch sanierten Gebäuden über mehrere Jahre hinweg untersuchte.
Das Resultat: Mit einem berechneten Endenergieverbrauch von 223 kWh/(m2a) im Mittel vor der Sanierung und einem prognostizierten Bedarf von 45 kWh/(m2a) im Mittel nach der Sanierung wurde eine Energieeinsparung von 80% angestrebt. Nach der tatsächlichen Sanierung wurden schließlich im Mittel ein Energieverbrauchskennwert von 54 kWh/(m2a) und eine durchschnittliche Energieersparnis von 76% erreicht. Im Klartext: Die geplante Energieeffizienz wird tatsächlich weitgehend realisiert.
Erkenntnisse zum Passivhaus
Für das Passivhaus belegt die aktuelle Untersuchung „Die Energieeffizienz des Passivhaus-Standard” des Passivhaus-Instituts Wolfgang Feist eine enorme Heizenergieersparnis und damit die Funktionstauglichkeit des Gebäudekonzepts.
Erfasst wurden darin die Messwerte von mehr als 1.800 Wohnungen im Passivhaus-Neubau und ca. 170 Wohnungen in Sanierungen mit Passivhaus-Komponenten.
Auch die aktuelle Studie „Energieszenarien bis 2050 – Wärmebedarf der Kleinverbraucher” der TU Wien bestätigt nachhaltiges Bauen und Sanieren und zeigt die positive ökologische Auswirkung in der Zukunft. In der Arbeit wurden in mehreren Szenarien alle heimischen Gebäude und künftige Errichtungen einkalkuliert. Fazit: Bei bisher beschlossenen Maßnahmen kann der Energieeinsatz von 86 Terawattstunden TWh im Jahr 2012 auf 53 TWh (2050) gesenkt werden, bei noch ambitionierteren Maßnahmen sogar auf 40 TWh im Jahr 2050.
Hildegund Mötzl, Institut für Bauen und Ökologie (IBO): „Dass nachhaltiges Bauen und Sanieren funktioniert, wurde in vielen Pilotprojekten nachgewiesen. Auf der Basis der vergangenen Jahrzehnte muss man allerdings auch erkennen, dass die Umsetzungsgeschwindigkeit in der Breite deutlich geringer ist.” Mötzl sichtet Nachhaltigkeit insbesondere in der Sanierung: „Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sollte in absehbarer Zukunft die Zahl der Gebäude nicht mehr steigen; Neubauten dürfen zunehmend nur noch den Bestand verdichten oder abgerissene Gebäude ersetzen.”
Johannes Kislinger („Innovative Gebäude”) stellt fest, dass auch Bautradition kein Widerspruch zu Nachhaltigkeit ist: „Alt und Neu müssen einander nicht zwingend im Weg stehen. Nachhaltiges Bauen geht an den Ursprung zurück, setzt dort an, wo Material entsteht – lange bevor sich Routinen über Jahrhunderte festgesetzt und das Neudenken verhindert haben. Gleichermaßen sind beim Nachhaltigen Bauen Handwerk und Technik gefordert, das Einfachste mit dem höchsten Stand der Technik zu vereinen. Einfache, nachhaltige Materialien werden so zu dem Hochwertigsten veredelt, was die Errungenschaften von Wissenschaft und Forschung unsere Zeit bieten können.”
Was brauchen wir wirklich?
Renate Hammer, Institute of Building Research & Innovation: „Effi- zienz ist ein kluges und im Sinne der Nachhaltigkeit unabdingbares Handlungsprinzip, aktuell jedoch konterkariert durch unser stetes Streben nach Mehr. Es braucht einen Paradigmenwechsel, – die Frage lautet nicht, wie viel, sondern was brauchen wir? Nachhaltigkeit bei der gestaltenden Weiterentwicklung unserer Architektur und unserer Lebensräume lässt sich durch die kombinierte konsequente Umsetzung von zumindest fünf Strategien Effizienz, Suffizienz, Subsistenz, Resilienz und Konsistenz erreichen. Die nötige Reduktion heutiger Treibhausgasemissionen um 80% ist dafür eine veranschaulichende Maßzahl.”