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© Simon Rainsborough

Sandra Bauernfeind, ÖVI-Vorstand und Makler­sprecherin.

18.12.2015

Immobilien bleiben ein Politikum

Die österreichische Immobilienwirtschaft wünscht sich knapp vor Weihnachten u.a. die Mobilisierung von Bauland und die Einführung eines marktaffinen Mietzinsbildungssystems.

••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. Angesichts steigender Bodenpreise ist die Verfügbarkeit von Bauland von besonderer Bedeutung für den Wohnbau, bedenkt man, dass allein in Wien eine Neubauleistung von 10.000 zusätzlichen Wohnungen pro Jahr erforderlich ist und nur ausreichendes Angebot Leistbarkeit schaffen kann.

„Die Vergabe von Baurechten wäre ein probates Mittel für öffentliche oder private Eigentümer, die ihr Grundstück zwar für Bebauung zur Verfügung stellen möchten, aber nicht verkaufen wollen”, ist Sandra Bauernfeind – Maklersprecherin des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI) – überzeugt.

Baurecht statt Superädifikat

Seit Jahren gibt es einen Entwurf zu einer Gesetzesnovelle, der von einer Expertengruppe mit Beteiligung des ÖVI im Justizministerium auf Initiative der Notare erarbeitet wurde, um dieses Rechtsinstrument zeitgemäßer zu machen. Konkret soll das Superädifikat auf den ursprünglich vorgesehenen Anwendungsbereich, nämlich auf „labile” Bauwerke, zurückgedrängt werden.

Auch als Belehnungsobjekt soll das sichere Baurecht dem unsicheren Superädifikat vorgezogen werden. Durch Eintragung jeder Änderung des Baurechtsvertrags im Grundbuch würde zudem die Rechtssicherheit erhöht.
Zu beachten wären jedoch die gebührenrechtlichen Aspekte des Baurechts, die bislang eher das Superädifikat bevorzugt haben. „Der Fiskus wäre gut beraten, hier mangels Gegenleistung auf seine Gebühren zu verzichten, am besten in einem Aufwaschen mit der schon seit Jahren angekündigten Abschaffung der Mietvertragsvergebührung”, fordert Bauernfeind. „Aus politischem Abtauschkalkül wird der Entwurf aber derzeit in der Schublade gehalten.”

Forderungen an die Wohnpolitik

Anfang des Jahres hatte der ÖVI die unabhängige Volksökonomin Agnes Streissler-Führer mit der Erstellung einer Studie zu „Leistbarem Mieten – Leistbarem Leben” beauftragt, um eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die dringend notwendige Versachlichung der Diskussion zu schaffen.

Diese Untersuchung beurteilt das Leben in Österreich als insgesamt durchaus leistbar, zeigt aber gleichzeitig die Schwächen der österreichischen Wohnpolitik sowie problematische Tendenzen auf: Gerade für „ärmere” Haushalte (mit einem Einkommen von weniger als 60% des medianen Äquivalenzeinkommens) ist der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Einkommen mit über 40% deutlich über dem Durchschnitt.
Hier wirft sich die Frage auf, wieso dieser Wert trotz eines 60%igen Anteils an sozialem Wohnbau in Österreich überhaupt möglich ist.

Dringender Reformbedarf

„Diese Faktenlage macht die mangelnde Treffsicherheit und Reformbedürftigkeit des österreichischen sozialen Wohnbaus wohl mehr als deutlich evident”, fordert ÖVI-Präsident Georg Flödl die Bundesländer – allen voran die Hauptstadt Wien – auf, ihre kommunalen Wohnungsvergabe- und Wohnbauförderungssysteme einer Evaluierung zu unterziehen und entsprechende Maßnahmen zu setzen.

„Im Sinne der sozialen Gerechtigkeit bedarf es einer regelmäßigen Überprüfung der Förderwürdigkeit. Ist diese nicht mehr gegeben, soll eine Anhebung des Mietzinses auch im sozialen Wohnbau möglich sein, um die soziale Durchmischung aufrechtzuerhalten. Die dadurch entstandenen Mehreinnahmen sollen zweckgebunden für Wohnbauoffensiven verwendet werden”, verlangt Georg Flödl zum wiederholten Mal auch ein marktaffines Mietzinsbildungssystem, das leicht anwend- und nachvollziehbar sein müsse.

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