••• Von Sabine Bretschneider
Erich Falkensteiner ist Gründer und Aufsichtsratschef der Falkensteiner-Hotelleriegruppe. medianet sprach mit ihm über seinen Umgang mit der derzeitigen Ausnahmesituation.
medianet: Lockdown, Coronakrise; der Tourismus ist einer der am schwersten betroffenen Branchen – wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Erich Falkensteiner: Den Betrieb in 30 Hotels innerhalb kürzester Zeit komplett herunterzufahren, war eine einmalige und traumatische Erfahrung. Aber natürlich notwendig, um die Gesundheit unserer Gäste und Mitarbeiter zu schützen. Von Anfang an war es uns wichtig, die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter in Österreich, aber auch in Italien, Kroatien oder unseren anderen Destinationen möglichst zu sichern. Deshalb haben wir in Österreich für alle fix angestellten Mitarbeiter die Kurzarbeit beantragt. Mit Motivation, Ideenreichtum und Tatendrang ist es uns trotz Kurzarbeit gelungen, unser Geschäft sehr schnell wieder hochzufahren. Darauf bin ich stolz.
Seit mehreren Wochen spüren wir wieder Bewegung am Markt – zunächst in Österreich, dann auch in Deutschland, Italien oder anderen Quellmärkten. Das hat uns dazu bewogen, viele Hotels wieder früher als ursprünglich geplant zu öffnen. Mit Anfang Juli werden wir bis auf ein Hotel, wo wir einen größeren Umbau durchführen, wieder alle Falkensteiner-Häuser geöffnet haben.
medianet: Dank des Konjunkturpakets der Regierung könnten viele Arbeitsplätze in den Hotels gerettet werden, sagt ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer …
Falkensteiner: Ich denke, die Bundesregierung hat viele richtige Entscheidungen getroffen. Manchmal hakt es an der Umsetzung. Insgesamt glaube ich jedoch, dass Österreich besser reagiert hat als andere europäische Länder, in denen wir tätig sind.
medianet: Aber es hagelt Kritik an der schleppenden Umsetzung der Hilfspakete …
Falkensteiner: Die Unterstützungsleistungen sind sicher mit teilweise unklaren Vorgaben und bürokratischen Aufwand verbunden. Aber man darf nicht vergessen, wie schnell diese Maßnahmen ins Leben gerufen wurden. Bei der Kurzarbeit ist mittlerweile vieles klarer geworden, und auch die Auszahlung der Unterstützungsleistungen klappt in unserem Fall gut.
medianet: Aus einer Standortbefragung von Arbeitgeberverbänden Anfang Juni ergab sich, dass Hotels in Österreich ihre Investitionen massiv zurückfahren. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Falkensteiner: In unserem Fall ist die Investitionsplanung davon relativ unberührt geblieben – auch, weil unsere Partner uns bei den Investitionen stark unterstützt haben. Trotz der durch Corona erzwungenen zeitweisen Baustopps werden wir im Juli unser neues Strandresort in Kalabrien eröffnen, den Umbau unseres Hotels in Antholz abschließen sowie im November planmäßig unser neues Premium-Hotel am Kronplatz in Südtirol eröffnen. Der Bau des Sportcenters in unserem Resort in Punta Skala und die Fertigstellung der Premium Residences in Jesolo hat sich durch die vorübergehende Einstellung der Bautätigkeit um jeweils sechs Monate verschoben. Alle anderen Investitionen laufen planmäßig weiter.
medianet: Wie wirkt sich die Krise in Ihren diversen Unternehmenszweigen aus?
Falkensteiner: Am meisten davon betroffen ist das operative Hotelbusiness. Hier hat man fast drei Monate komplett auf Gäste verzichten müssen, und einzelne Marktsegmente werden noch längere Zeit benötigen, um sich wieder vollständig zu erholen. Auch wenn die Hotels im Sommer wieder geöffnet haben, ist deshalb nicht mit einer normalen Auslastung zu rechnen.
Das Projektmanagement ist nicht unmittelbar durch die Krise betroffen. In der Beratung hat Corona sogar ein Mehr an Aufträgen gebracht, vor allem auch bei Machbarkeitsstudien und der Investorensuche.
medianet: Gibt es signifikante Unterschiede auf den verschiedenen Märkten?
Falkensteiner: Die Länder, in denen wir Hotels betreiben, sind unterschiedlich stark von Corona betroffen. Italien ist sicher das Land, das am meisten darunter gelitten hat. Hier spüren wir auch, dass erst langsam und verzögert eine gewisse Normalität zurückkehrt. Aber wir sehen auch, dass internationale Gäste diesen Markt noch verhalten buchen bzw. Gäste aus Russland, Großbritannien und den USA komplett ausbleiben.
In unseren österreichischen Hotels sehen wir den Sommer deutlich positiver – auch, weil wir vermehrt Buchungen von österreichischen Gästen erhalten.
In Kroatien ist seit der Grenzöffnung auch wieder mehr Bewegung drin, vor allem aus Österreich. Was wir in allen Märkten sehen, ist eine extreme Kurzfristigkeit der Buchungen.
medianet: Was wird jetzt am dringendsten gebraucht, um der Branche wieder auf die Beine zu helfen?
Falkensteiner: Meiner Meinung nach klare Regeln, wie Urlaub mit Corona möglich ist, idealerweise auch einheitliche Regeln über Ländergrenzen hinweg. Im Operativen ist jetzt Flexibilität gefragt, um sich auf diese neue Situation schnell einzustellen.
Wichtig ist auch, dass die Grenzen zwischen den Ländern aufgehen und Reisen wieder einfach wird. Die geschlossenen Grenzen waren nicht nur eine physische Barriere, sondern auch eine psychologische.
Und natürlich braucht es auch staatliche Hilfen, damit Unternehmen genügend Liquidität haben, um den extremen Verdienstausfall verkraften zu können. Nur so können wir die Vielfalt der heimischen Hotellerie sichern.
medianet: Wie sieht Ihre Prognose für die kommenden Monate aus?
Falkensteiner: Die Krise wird noch länger, sicher auch noch nächstes Jahr, nachwirken. Wir können jetzt nicht einfach so tun, als wäre wieder alles normal. Es wird auch davon abhängen, ob eine zweite Welle kommt, wie intensiv diese ausfällt und ob es in naher Zeit ein wirksames Medikament oder sogar einen Impfstoff gibt.
Diese Krise ist für die Reisebranche weltweit dramatisch. Besonders betroffen sind neben der Hotellerie auch die Fluglinien und die Reisevermittler, z.B. Reiseveranstalter. In der Flugbranche muss man davon ausgehen, dass es zu Konsolidierungen kommt – und zu steigenden Preisen.
Das und die Fokussierung der Menschen auf mehr Regionalität, Nachhaltigkeit und die Nähe zur Natur werden dafür sorgen, dass sich die Nachfrage von den Fernreisen zu mehr Nahreisen verschieben wird.
Dabei spielt es keine Rolle, ob wir von Österreich, Deutschland oder Italien, etc. sprechen. Definitiv ist das subjektive Sicherheitsgefühl im eigenen Land noch wesentlich höher als bei Auslandsreisen, gerade in weit entfernte Länder.
Ich bin deshalb überzeugt, dass mittelfristig gerade die Märkte, in denen wir tätig sind, auch davon profitieren können.
Die FMTG – Falkensteiner Michaeler Tourism Group ist eine Unternehmensgruppe, die sich mit allen Bereichen des Tourismus – von der Planung, über die Entwicklung bis zum Management und dem Verkauf von touristischen Projekten und Anlagen – beschäftigt. Falkensteiner Hotels & Residences ist mit derzeit 27 Vier- und Fünf-Sterne-Hotels, drei Apartment-Anlagen und einem Premium-Campingplatz in sieben europäischen Ländern vertreten.