Das Steuersystem macht den Standort unattraktiv
© APA/dpa/Oliver Berg
FINANCENET Redaktion 15.09.2023

Das Steuersystem macht den Standort unattraktiv

Die Steuerlandschaft in Österreich sorgt für schlechte Stimmung unter den hier ansässigen Betrieben.

••• Von Reinhard Krémer

Die Steuerlandschaft in Österreich sorgt für schlechte Stimmung unter den hier ansässigen Betrieben, wie eine aktuelle Deloitte-Umfrage unter mehr als 200 heimischen Führungskräften bestätigt.

Aktuell bewerten mehr als zwei Drittel (72%) der Befragten das österreichische Steuersystem als Herausforderung. Vor allem widersprüchliche Interpretationen der Regelungen durch die Finanzverwaltung (61%) sowie häufige Gesetzesänderungen (55%) bereiten große Sorgen.

Wirtschaften wird erschwert

„Das komplexe Steuersystem und die hohen Abgaben erschweren das Wirtschaften in Österreich schon seit Jahren enorm. Gepaart mit den globalen Entwicklungen der vergangenen Monate, wirkt sich das negativ auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts aus. Um die negativen Folgen etwas abzufedern, braucht es rasch eine Reform des Steuersystems”, sagt Herbert Kovar, Managing Partner Tax & Legal bei Deloitte Österreich.

Veränderungen im System sind auch angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und der weiteren Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) unabdingbar.
Die Mehrheit der befragten Führungskräfte (88%) rechnet damit, dass KI starke bis mittelmäßige Auswirkungen auf die Prozesse in den Steuerabteilungen haben wird.
Damit steigt auch der Bedarf an dafür ausgebildeten Fachkräften. Um den Wirtschaftsstandort für diese attraktiv zu machen, gilt die Entlastung des Faktors Arbeit als zentraler Hebel. „Laut Umfrage sprechen sich ganze acht von zehn Unternehmen für eine Senkung der Lohnnebenkosten aus. Mehr als die Hälfte wünscht sich auch eine Senkung der Einkommenssteuer über die kalte Progression hinaus. Diese Forderungen sind zwar nicht neu, vor dem Hintergrund des drohenden wirtschaftlichen Abschwungs gewinnen sie allerdings an Brisanz”, so Kovar.

Ökologie hat hohe Priorität

Neben dem Arbeits- und Fachkräftemangel sorgt auch die anhaltend hohe Inflation für Kopfzerbrechen.

Mehr als ein Viertel der Befragten ist davon überzeugt, dass diese unter anderem mit steuerlichen Maßnahmen bekämpft werden kann. Vor allem die temporäre Senkung der Umsatzsteuer – generell sowie speziell auf Grundnahrungsmittel – und die vorübergehende Umsatzsteuerbefreiung der Mieten werden in diesem Zusammenhang genannt.
Doch auch die Klimakrise ist nach wie vor im Fokus der Unternehmen. Dementsprechend stößt die Ökologisierung des Steuersystems weiterhin auf breiten Zuspruch: 56% der Führungskräfte sprechen sich aktuell dafür aus.
„Mithilfe von Steuern kann der Gesetzgeber eine Richtung vorgeben und gezielt Anreize setzen. Das ist gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels ein nicht zu unterschätzender Hebel”, sagt der Deloitte-Experte.

Verhaltener Ausblick

Der Blick in die Zukunft des Steuerstandorts Österreich ist voller Unsicherheit. Nur ein Fünftel der Führungskräfte blickt ihr positiv entgegen – dem gegenüber hat mehr als die Hälfte lediglich mittelmäßige Erwartungen.

„Die Skepsis hinsichtlich der Zukunft des Steuerstandorts Österreich stimmt sorgenvoll”, resümiert Herbert Kovar. „Was es jetzt braucht, ist ein klarer Fahrplan für eine Transformation des Steuersystems, damit Österreich auch für internationale Unternehmen wieder attraktiver wird.”

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL