Tauben füttern oder doch eine Weltreise
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FINANCENET Redaktion 24.01.2020

Tauben füttern oder doch eine Weltreise

Ungebremste Aktivität und höherer Lebensstandard in der Pension brauchen Vorsorge, damit sich’s ausgeht.

••• Von Helga Krémer

Am Bankerl sitzen und Tauben füttern – so konnte man früher Aktivitäten der Personen im Ruhestand ziemlich leicht beschreiben. Diese Zeiten sind vorbei, unsere Pensionistinnen und Pensionisten sind aktiv wie nie zuvor. Oder pflegebedürftig.

Stellt sich die Frage: Wie werden wir unsere finanziellen Bedürfnisse von morgen stillen? Wie viel kürzer werden wir treten müssen? Wann überhaupt und mit wie viel werden wir in Pension gehen können?

Skepsis vor Sozialleistungen

Laut vorliegender Imas-Studie im Auftrag von s Versicherung, Erste Bank und Sparkassen ist bei 88% der befragten Österreicherinnen und Österreicher zumindest die Erkenntnis, dass private Vorsorgemaßnahmen aufgrund sinkender Sozialleistungen essenziell sind, fest verankert. 73% halten eine private Pflegeversicherung für unabdingbar. Ein Halten des gewohnten Lebensstandards, mit der staatlichen Pension allein, bezweifeln österreichweit 70% der Befragten völlig. „Das Bewusstsein ist da, das Handeln noch nicht”, bedauert Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen.

Denn wer im Alter aktiv sein möchte, benötigt dazu die entsprechenden finanziellen Mittel. „Haben sich Eltern- und Großeltern dabei noch auf den Staat verlassen können, sieht das für die zukünftigen Pensionistengenerationen nicht mehr so rosig aus: Nur jeder zweite Befragte glaubt nämlich, dass es die staatliche Pension in der heutigen Form bei eigenem Pensionsantritt noch geben wird”, so Bartalszky.
Altersabhängig ist das Ergebnis auf die Frage nach dem eigenen Lebensstandard mit staatlicher Pension – ob man glaube, zum Zeitpunkt der eigenen Pensionierung mit seiner staatlichen Pension allein seinen aktuellen Lebensstandard halten werden zu können: 21%, durchwegs 60- bis 65-Jährige, glauben, ihren Lebensstandard auf jeden Fall halten zu können. 71%, alle jünger als 60 Jahre, sind überzeugt, dies nicht zu können.
94% der Pensionsskeptiker meinen, dass sie mehr privat vorsorgen werden müssen; 91%, dass das Pensionsantrittsalter deutlich steigen wird; 89%, dass die staatlichen Pensionen weiter gekürzt werden; 78%, dass die Pensionsbeitragszahlungen erhöht werden und 50%, dass es für ihn einmal überhaupt keine staatliche Pension mehr geben wird.

Traum vs. Wirklichkeit

Haben die Aktiven bei all der Skepsis überhaupt noch Träume bzw. Lebensziele für ihre Zeit ab 65? Wenn ja, welche? „Eine gute Gesundheit ist für neun von zehn Österreicher (91%, Anm.) die klare Nummer 1 auf ihrer Wunschliste fürs eigene Alter, gefolgt von der Hoffnung, später einmal finanziell abgesichert zu sein und sich über Geld keine Sorgen machen zu müssen (81%, Anm.)”, sagt Thomas Schaufler, Privatkundenvorstand der Erste Bank Oesterreich.

Laut Studie wenden die Österreicher aktuell monatlich im Durchschnitt 120 € für die private Pensions- und Gesundheitsvorsorge auf, Männer mehr als Frauen. Und bei der Art der Veranlagung zeigt sich die Diskrepanz zwischen Traum und Wirklichkeit: Höchstmögliche bis eher hohe Sicherheit ist 63% wichtig, 28% Ausgewogenheit und nur fünf Prozent ist eine eher hohe bis höchtmögliche Rendite wichtig. „Wer jung beginnt, sollte unbedingt auf die Rendite seiner Veranlagung schauen”, rät Schaufler, denn „mit sicheren Veranlagungen ist keine Rendite zu machen. Wir haben zwar auf eine Änderung der Zinspolitik gehofft – aber leider …”
Eine Verbesserung der Situation würde laut Schaufler eine Erhöhung des Aktienanteils im Portfolio bringen. Und die KEst? Nun, die neue türkis-grüne Regierung will ja eine Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten erarbeiten – eine sinnvolle Maßnahme, meint der Privatkundenvorstand der Erste Bank Oesterreich; angesprochen auf die Dauer der Behaltefrist: „Drei Jahre oder kürzer wäre ein Erfolg.”
Zudem ist im Regierungsprogramm unter „Umsetzung einer ‚Green Finance Agenda'” eine KESt-Befreiung für ökologische/ethische Investitionen (Ausarbeitung eines Konzepts mit klarem Kriterien-Set durch die zuständigen Ministerien für Finanzen und Klima) zu finden. Ein starker Anreiz für Anleger.

Da war doch noch was …

Ist doch alles gut, mehr Aktien ins langfristig veranlagte Depot, keine KEst mehr, eine immer höhere Lebenserwartung – trotzdem das Gefühl, etwas vergessen zu haben? Richtig, die Pflege.

Dazu ein paar Zahlen: Derzeit leben 130.000 Personen mit Demenz, bis 2025 wird sich die Zahl der 80-Jährigen verdoppelt haben, 2050 wird mit etwa 730.000 Pflegebedürftigen gerechnet. „Der Staat wird die Pflege allein nicht stemmen können”, befürchtet Bartalszky.
Dieser Meinung sind auch 73% der Befragten; sie sind der festen Überzeugung, dass auch der rechtzeitige Abschluss einer privaten Pflegeversicherung unabdingbar ist, um später selbst darüber entscheiden zu können, wie man betreut bzw. gepflegt werden möchte. Auf die Frage, wie hoch die Menschen die finanzielle Lücke zwischen den zukünftigen Pflegekosten und den staatlichen Pflegeleistungen einschätzen, wird österreichweit durchschnittlich ein Betrag von 1.566 € im Monat genannt. „Ein durchaus realistischer Wert, wenn man sich die Berechnungen von Hilfsorganisationen ansieht, wonach ein Platz im Pflegeheim – je nach Pflegebedarf und Ausstattung – mit bis zu 6.000 Euro und die monatlichen Kosten für die Pflege zu Hause mit 3.500 Euro bis 4.500 Euro zu beziffern sind”, so Bartalszky. Dem gegenüber beläuft sich die durchschnittliche Alterspension auf 890 € für Frauen (1.480 € Männer) und das mediane Pflegegeld auf rund 470 €.
Wobei man die reine Pflegeversicherung (zehn Prozent der Österreicher haben eine solche) nicht mit der Pensionsvorsorge in einen Topf werfen sollte. Wie eine Feuerversicherung greift die Pflegeversicherung im Schadensfall, erklären beide Vorstände: „Wir zahlen ein und hoffen, dass nix passiert.”
Fazit, salopp formuliert: Die Notwendigkeit und Dringlichkeit, privat fürs Alter vorzusorgen steigt proportional mit den Sorgenfalten, die beim Gedanken an die eigene Pensionsleistung geworfen werden.

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