Unsere Firmen liegen unter Feuer
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Negativrekord: Für das Gesamtjahr 2024 rechnet Creditreform mit mehr als 7.200 Firmeninsolvenzen und damit mit einem neuen Rekord seit 15 Jahren.
FINANCENET Redaktion 30.08.2024

Unsere Firmen liegen unter Feuer

Die Firmeninsolvenzen steigen massiv um 26,4 Prozent – Handel und Bau mit den meisten Verfahren vorne.

WIEN. Der Gläubigerschutzverband Creditreform schlägt Alarm: Die Firmeninsolvenzen in Österreich explodieren. Die Zahlen steigen weiter massiv an und zwar um 26,4% auf 3.363 Verfahren. Die Zahl der eröffneten Verfahren steigt dabei gar um 34,6% auf rund 2.100. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen erhöhen sich um 14,7% auf 1.264.

Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform, analysiert den aktuellen Insolvenztrend: „Das Thema Pandemie spielt bei den Insolvenzen keine Rolle mehr. Dafür schlägt die anhaltende Wirtschaftsflaute negativ zu Buche. Die Auftragsbücher leeren sich zunehmend, die Kosten steigen aber weiter, dazu kommen bürokratische Hürden. Die Unternehmen kämpfen an zahlreichen Fronten und verlieren immer öfters diesen Kampf.“

Pessimistisch wie lange nicht
Laut einer Creditreform-Umfrage vom Frühjahr unter 1.400 österreichischen Unternehmen ist das Geschäftsklima der heimischen Unternehmen negativer als am Höhepunkt der Pan-demie, geprägt von sinkenden Erträgen und Aufträgen sowie einer geringen Investitions­bereitschaft.

Die Auftragserwartungen sind so pessimistisch wie seit 30 Jahren nicht. Die Insolvenzpassiva belaufen sich auf rund 11,2 Mrd. €. 11.000 Arbeitsplätze sind betroffen.

Geprägt war das 1. Halbjahr vor allem von einigen Insolvenzen aus der Signa-Gruppe, u.a. gegen Rene Benko als Einzelunternehmer sowie von zahlreichen bekannten Unternehmen wie Fisker GmbH, Windhager Zentralheizung Technik GmbH und Brucha GmbH. Den stärksten Zuwachs verzeichnen Vorarlberg (+74,1%), das Burgenland (+67,0%) und die Steiermark (+33,2%).

Der Osten stärker gefährdet
Die höchste Insolvenzbetroffenheit herrscht in der Bundeshauptstadt mit fast 15 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, die geringste in Tirol mit 5 von 1.000 Unternehmen. Generell sind Unternehmen im Osten stärker insolvenzgefährdet.

Österreichweit müssen rund neun von 1.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen. Am stärksten steigen die Insolvenzen in der Sachgütererzeugung (Industrie) mit +44,6%, im Kredit- und Versicherungswesen (+44,6%) und in der Branche Verkehr und Nachrichten-übermittlung (Transportwesen) mit +44,4%. Trotz des großen prozentuellen Zuwachses ist die Industrie nach wie vor im Branchenvergleich betrachtet krisenresistenter als andere. Sie kämpft aber an mehreren Fronten gleichzeitig: Auftragsrückgänge, hohe Löhne und Energiekosten, Fachkräftemangel und bürokratische Hürden.

Binnenkonsum schrumpft
Die meisten Insolvenzen werden im Handel (625), im Bauwesen (598) und in den Unternehmensbezogenen Dienstleistungen (500) angemeldet. Der Handel leidet durch den rückläufigen Binnenkonsum.

Der Bau kämpft mit hohen Kosten und hohen Zinsen. Die größte relative Insolvenzbetroffenheit herrscht im Transportwesen und im Bau mit jeweils rund 25 Insolvenzen von 1.000 Branchenunternehmen.

„Eine Insolvenzwelle schwappt seit Jahresbeginn über Österreich. Immer mehr Unternehmen verlieren den Kampf gegen die allgemeine Wirtschaftslage mit hohen Preisen und rückläufiger Nachfrage. Das sich in einer Rezession befindliche Deutschland als wichtigster Handelspartner reißt Österreich mit hinunter. Dazu kommen selbstverschuldete Probleme wie zu hohe Lohnabschlüsse, Inflation und ein Reformstau in zahlreichen Politikfeldern“, analysiert Weinhofer die Situation. (rk)

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