„Impfstoff kommt nicht aus der Wasserleitung”
© maupi/Chris Saupper
HEALTH ECONOMY Redaktion 05.03.2021

„Impfstoff kommt nicht aus der Wasserleitung”

Kanzler Kurz will in Österreich Corona-Impfstoffe herstellen. "medianet" sprach mit Pfizer-Manager Robin Rumler.

••• Von Chris Radda und Martin Rümmele

WIEN. Zusammen mit Biontech hat der Pharmariese mit Jahresende den ersten Corona-Impfstoff in der EU auf den Markt gebracht. medianet sprach mit Robin Rumler, Geschäftsführer der Pfizer Corporation Austria, über die Entwicklung und Produktion von Impfstoffen, aber auch darüber was Pfizer abseits des Impfgeschäfts plant.

medianet: Zum Beginn ein Rückblick – wie lief die Entwicklung des Corona-Impfstoffs?
Robin Rumler: Die Pandemie hat gezeigt, dass wir transparent agieren. Wir haben ja eine Business Unit ‚Impfstoffe' und haben sofort alle Informationen zur Verfügung gestellt, damit rasch eine Lösung gefunden werden kann. Die Position war, dass wir – wenn irgendwo ein Impfstoff entwickelt wird – die Produktion unterstützen wollen, wenn dies möglich ist. Wir haben uns mit Biontech, mit denen wir schon lange kooperieren, zusammengetan, um den Impfstoff voranzutreiben und auch schon mindestens zwei Mrd. Dollar in die Entwicklung gesteckt. Wir haben zudem die Strategie umgestellt um nicht einen Schritt nach dem anderen zu tun – das hätte zu lange gedauert. So haben wir parallel Forschung betrieben und Ressourcen aufgebaut und und haben auf eine sehr große Zulassungsstudie mit knapp 44.000 Probanden gesetzt. Das ist offenbar gut gelungen.

medianet: Dennoch ist der Impfstoff knapp …
Rumler: Unser Commitment ist von 1,3 auf 2 Mrd. Dosen weltweit gestiegen. Im Herbst gab es über die EU für Österreich die Bestellung von 3,5 Mio. Dosen, heute sind wir auf 11,1 Mio. Da stellt sich die Frage, wie man das produzieren kann. Wir sind weltweit so gut aufgestellt, dass wir das schaffen.

medianet: Wie kann man die Produktion erhöhen?
Rumler: Es ist der geschickteste Weg, die bestehende Produktion auszubauen. Das passierte für Europa im Werk in Puurs in Belgien. Parallel hat unser Partner Biontech eine Produktion in Marburg gestartet mit einer Jahresleistung von 750 Mio. Dosen. Die Frage nach einem neuem Werk ist leicht zu beantworten: Man braucht die Anlagen, geschultes Personal und behördliche Genehmigungen. Und damit ist es auch schon geklärt – das dauert viel zu lange. Impfstoff kommt nicht aus der Wasserleitung – er hat eine komplexe Herstellungstechnologie.

medianet: Profitiert Pfizer Österreich vom Impfstoff?
Rumler: Das ist noch Teil der Diskussion. Derzeit beschäftigen wir uns vor allem mit der Lieferung und Verteilung. Wie es künftig aussehen wird: Der Konzern erwartet eine Umsatzsteigerung von zuletzt 42 auf 60 Mrd. Dollar. Damit festigt Pfizer klar seine Position unter den größten Pharmaunternehmen weltweit.

medianet:
Die ganze Branche rechnet für 2020 mit einem Nullwachstum – was erwarten Sie?
Rumler: In Österreich gab es im Vorjahr mit 190 Mio. Euro Umsatz ein Wachstum von zehn Prozent. Insgesamt war die Pharmabranche weder ein Gewinner oder Verlierer im Vorjahr. Wir wissen, dass in Österreich etwa 1,5 Mio. Menschen auf unsere Medikamente vertrauen – viele davon sind Menschen mit chronischen Erkrankungen. Vieles, was in der Medizin zu Beginn aufgrund von Corona verschoben worden ist, wurde inzwischen aufgeholt.

medianet: Wo sind Sie außer dem Impfbereich noch tätig?
Rumler: Pfizer hat sich in den vergangenen Jahren zu einem biopharmazeutischen Unternehmen entwickelt mit sechs Business Units – Interne Medizin, Impfstoffe, Seltene Erkrankungen, Hospitalbusiness, Rheumatologie und Onkologie. Das war erklärtes Ziel der Reorganisation und wir stehen so auf breiten Beinen. Dazu passt eine sehr starke Pipeline mit aktuell 95 Projekten mit 64 neuen Wirkstoffen in 31 Indikationen. Das zeigt, wie stark wir in der Forschung sind.

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