Industrieplattform als treibende eHealth-Kraft
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HEALTH ECONOMY Redaktion 01.03.2024

Industrieplattform als treibende eHealth-Kraft

Eltern-Kind-Pass, ELGA, eRezept oder eImpfpass – eine Plattform beim FEEI leistet wertvolle „Geburtshilfe”.

••• Von Evelyn Holley-Spiess

Es ist das sprichwörtlich jüngste Baby, das die „Plattform für Digitale Gesundheit”, ein Netzwerkpartner des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie, mit auf die Welt gebracht hat: Dieses Jahr startet die Digitalisierung des Eltern-Kind-Passes nach 50-jährigem analogen Bestehen – eine Weiterentwicklung, die nur mit entsprechend fortschrittlicher Medizin-Software und Infrastruktur möglich wird. Und eines von vielen Projekten, bei denen die Plattform hinter den Kulissen maßgeblich mitgewirkt hat.

Bereits vor neun Jahren haben sich Hersteller von ärztlicher und Apothekensoftware sowie große Infrastrukturprovider zu diesem Cluster von Spezialisten zusammengeschlossen. „Die Mitglieder umfassen mittlerweile rund 75 Prozent jener Akteure, die digitale Gesundheit in Österreich anbieten”, formuliert es Eduard Schebesta, Sprecher der Plattform. Das Ziel: „Bei großen Projekten technische, organisatorische und vor allem auch planerische Unterstützung für alle Beteiligten anzubieten.” Denn: „Im Hintergrund sind hier eine Menge Dinge zu regeln, damit Patientinnen und Patienten letztendlich auch wirklich von neuen Entwicklungen profitieren können.”

Steter Tropfen höhlt den Stein

Vor dem Hintergrund eines bekanntermaßen stark zersplitterten Gesundheitssystems samt ebenso breit verteilter Zuständigkeiten und Kompetenzen fehlt es der Plattform daher nicht an einer umfassenden Agenda. Gerhard Stimac, Managementberater und eHealth-Experte: „Wir sehen uns oft als Vermittler, als Schnittstelle zwischen den Akteuren.” Konkretes Beispiel: „Als das Privatrezept kürzlich elektronisch freigeschaltet wurde, war die Software für Ärzte und Apotheken längst fertig. Dann kam von da und dort die Interessenspolitik dazwischen.” Schließlich habe man alle Beteiligten, inklusive Sozialversicherung, an einen Tisch geholt und mitgeholfen, dass die Ausrollung funktioniert. „Für die Patientinnen und Patienten ist dieser Service ein Riesengewinn, genauso wie für Ordinationen, Apotheken und Industrie”, resümiert Stimac.

Aktuell in der Pipeline zur weiteren Digitalisierung des Gesundheitssystems befindet sich das Projekt der Diagnose-Codierung, von dem erstmals auch Wahlärzte umfasst sind, die eCard-Anbindung für Wahlärzte sowie die Idee eines Terminbuchungssystems, das den Patientinnen und Patienten eine rasche und wohnortnahe Versorgung ermöglichen soll. Zudem sehen die Experten Potenzial, bereits bestehende Produkte wie ELGA weiter auszubauen – etwa in der Form, dass Röntgenbilder elektronisch verfügbar werden.

Nationale Roadmap

Generell einfacher könnte die Umsetzung laufen, „würde es eine nationale Roadmap zur Digitalisierung im Gesundheitswesen geben”, ist Schebesta überzeugt. „Ministerium, Sozialversicherung, Länder – alle haben unterschiedliche Vorstellungen, Ideen und Zeithorizonte. Hier braucht es eine Konsolidierung.” Ein belastbarer Fahrplan könnte für alle Seiten eine bessere Planbarkeit ermöglichen. Und das ist nur ein Wunsch, den die Vertreter der Plattform der nächsten Regierung gerne in das Kapitel Gesundheit schreiben würden. Schebesta: „Es reicht nicht, ein Gesetz zu verabschieden oder eine Applikation zu entwickeln. Wesentlich ist, dass alle Stakeholder bei neuen Initiativen mitgenommen werden – sprich: möglichst früh bei der Umsetzung dabei sind.” Zudem müssten Projekte künftig besser priorisiert und deren Finanzierung ganzheitlich abgebildet werden – bis hin zum einzelnen Anwender oder Nutzer und damit auch dem Arzt oder Patienten. Für Letztere spürbar werden die Fortschritte freilich erst dann, wenn auch die wesentlichen Player des Systems mitspielen. Bei der jüngsten Gesundheitsreform wurde nach Einschätzung von Berater Stimac in diesem Punkt eine wesentliche Chance vertan: „Es gibt viele Vorhaben in der Reform – aber keine Anschubfinanzierung für die Arztpraxen und auch keine Sanktionen, wenn die Pläne nicht umgesetzt werden.”

In anderen Ländern wie Deutschland werde das anders gehandhabt. „Wenn man dort etwa als Kassenarzt nicht bei der elektronischen Patientenakte mitmacht, gibt es eine bis 2,5-prozentige Honorarkürzung.” Auch hierzulande brauche es einen gewissen Sanktionsmechanismus, „sonst werden wir als Patientinnen und Patienten viele Dinge einfach nicht bekommen”, befürchtet Stimac.

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