Innovationsstandort: Förderungen als Hebel
© Springer-Verlag
HEALTH ECONOMY Redaktion 21.06.2024

Innovationsstandort: Förderungen als Hebel

Beim Gesundheitswirtschaftskongress diskutierten Experten über den Zugang zu innovativen Arzneimitteln und stellten Forderungen.

••• Von Katrin Grabner

Der 14. Österreichische Gesundheitswirtschaftskongress fand heuer unter dem Motto „Alles bleibt anders. Prüfen. Überlegen. Gestalten.” in Wien statt und lud Experten und Expertinnen aus Gesundheitswesen, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik dazu ein, aktuelle und zukünftige Herausforderungen und Lösungen für das österreichische Gesundheitssystem zu diskutieren.

Zur Debatte stand dabei unter anderem Österreich als Innovationsstandort: Wie ist der Status quo? Wo hakt es noch und welche Chancen bieten die Reform des europäischen Arzneimittelrechts und das geplante Arzneimittel-Bewertungsboard?

Nutzen vor Kosten

Jan Pazourek, Büroleiter des Dachverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger, gab Österreichs Gesundheitssystem in Bezug auf innovative Arzneimittel ein „gutes Zeugnis”. „80 Prozent der in den vergangenen Jahren in Europa zugelassenen Wirkstoffe sind bei uns verfügbar. Damit liegen wir an drittbester Stelle in Europa”, meinte Pazourek, der hinzufügte, dass Österreich auch bei der Geschwindigkeit der Erstattung (durchschnittlich 136 Tage) unter den Top 5 liegt.

Dass innovative Arzneimittel auch hochpreisig sind und die Kosten in die Höhe treiben, ist das laut Wirtschaftswissenschaftler Leonhard Dobusch von der Universität Innsbruck „nicht unbedingt etwas Schlechtes”. „Wir werden älter, wir leben länger. Das ist positiv und das darf ruhig etwas kosten”, betonte er in diesem Zusammenhang. Auch Susanne Erkens-Reck, Geschäftsführerin von Roche Austria, stimmt hier zu und plädiert dafür, mehr über die Nutzen als über die Kosten zu sprechen. Ihrer Meinung nach weist Österreich ein in der EU überdurchschnittlich hohes Bruttoinlandsprodukt, aber unterdurchschnittliche Arzneimittelpreise auf.

Schneller Zugang als Muss

Die Grundidee des geplanten Arzneimittel-Bewertungsboards, einen in Österreich einheitlichen Zugang zu hochspezialisierten und hochpreisigen Arzneimitteln über Empfehlungen zu erreichen, hielten alle Diskussionsteilnehmenden für eine gute Idee. Wichtig war Erkens-Reck dabei, dass der Zugang zu innovativen Arzneimitteln nicht durch die Fristen bei der Bewertung verlangsamt werde. Auch Otto Rafetseder vom Wiener Gesundheitsfonds sprach sich für ein frühes Horizon Scanning durch das Board aus.

Förderungen als Lockmittel

Als große Krise sahen die Experten und Expertinnen die anhaltenden Lieferkettenprobleme und die Abhängigkeit von Asien. Die Reform des europäischen Arzneimittelrechts möchte laut Standortanwalt Alexander Biach von der Wirtschaftskammer Wien ein „innovationsfreundliches Umfeld” schaffen, was auch Österreich nutzen sollte. „25 Prozent der Produkte, die wir ins Ausland exportieren, sind pharmazeutische Produkte. Das ist ein Wertschöpfungsfaktor, der auf den Wohlstand rückwirkt und den wir im Auge behalten müssen”, betonte Biach, der große Chancen für Firmen in Nischenfeldern wie der Präzisionsmedizin sieht.

Um Unternehmen nach Österreich zu holen und zu halten, braucht es laut Biach mehr Forschungsförderungsprogramme und -prämien. Zustimmung erhielt der Standortanwalt von Dobusch, der sich vor allem für mehr Investitionen in die Grundlagenforschung einsetzte. Innovative Ideen und Produkte von Start-ups seien zwar gut, die Start-ups müssten aber im Endeffekt von großen Pharmafirmen übernommen werden, um den zeitlichen und finanziellen Aufwand des Zulassungsprozesses zu stemmen. Der Wirtschaftswissenschaftler bot abschließend noch einen ungewöhnlichen Lösungsvorschlag: Dort, wo es Versorgungslücken gäbe, könnten seiner Meinung nach „Public Options”, also öffentliche oder staatliche Miteigentümerschaften, helfen, diese Lücken zu schließen.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL