Lückenhafte Reform
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Die Kassenfusion der Regierung löst selbst in ÖVP-geführten Ländern Kritik aus. Auch Verfassungsjuristen haben Bedenken.
HEALTH ECONOMY Karina Schriebl 25.10.2018

Lückenhafte Reform

Die Begutachtung der Kassenreform ist zu Ende, und die Kritik nimmt zu. Selbst das Justizministerium ortet Mängel.

••• Von Karina Schriebl

WIEN. Nicht nur die Sozialversicherungen orten in der von der Bundesregierung geplanten Sozialversicherungsreform verfassungswidrige Passagen, auch der Verfassungsdienst im Justizministerium tut dies. Es geht dabei um das Weisungsrecht der Sozialministerin. Probleme könnten auch die Zusammenlegungen abseits der Gebietskrankenkassen bringen.

Probleme mit Verfassung

Mögliche verfassungsrechtliche Turbulenzen befürchtet der Verfassungsdienst auch bei der Zusammenlegung der Bauern- mit der gewerblichen Sozialversicherung beziehungsweise der Eisenbahn/Bergbau-Versicherung mit jener für den öffentlichen Dienst. Weil dies ohne Änderung des Beitrags- und Leistungsrechts erfolgen soll, könnte es hier Probleme mit der Bundesverfassung geben. Bei Schaffung eines Selbstverwaltungskörpers müsse demnach ein gemeinsames Interesse bestehen, so die Verfassungsexperten. Es müsse daher eine zeitnahe Angleichung des Beitrags- und Leistungsrechts folgen, und dies sollte auch normativ zum Ausdruck kommen.

Auch die beiden schwarz-geführten Gebietskrankenkassen von Tirol und Vorarlberg üben massive Kritik an der geplanten Sozialversicherungsreform. Einige kritische Anmerkungen kommen in der Begutachtung auch von den ÖVP-regierten Ländern Salzburg und Niederösterreich. „Die angedachte Großfusion zu einer neu zu gründenden Österreichischen Gesundheitskasse wird offenkundig keine Vorteile für die Versicherten, Vertragspartner, Dienstgeber beziehungsweise all unsere Kunden ergeben können”, heißt es in der Stellungnahme. Die Vorsitzende der Trägerkonferenz, Ingrid Reischl, sieht Chancen für echte Reformen vertan. Es werde keines der Probleme im Gesundheitswesen gelindert oder gelöst.

Belastung für Wirtschaft

In Oberösterreich wurde zudem berechnet, dass die Fusion am Ende nicht nur die Versicherten, sondern auch die Unternehmen Geld kosten dürfte. 386 bis 764 Mio. € an Wertschöpfung und zwischen 7.000 und 13.900 Jobs könnten in Oberösterreich durch die Fusion jährlich verloren gehen, zeigt eine Studie der Linzer Volkswirtschafter Friedrich Schneider und Stefan Jenewein.

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