„Politik hat Potenzial der Branche schon erkannt“
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HEALTH ECONOMY Redaktion 12.12.2025

„Politik hat Potenzial der Branche schon erkannt“

Rainer Thomas ist neuer Head of Public Affairs and Market Access beim Pharmaverband Pharmig. medianet sprach mit ihm über Entwicklungen.

Die Pharmaindustrie steht vor enormen Herausforderungen. Sie gilt einersaeits als Wachstumsmotor, ist aber im Umbruch. Auch das Gesundheitswesen verändert sich. medianet sprach darüber und Auswege mit Rainer Thomas, dem neuen „Head of Public Affairs and Market Access“ beim Pharmaverband Pharmig.

medianet: Geopolitisch ist die Pharmaindustrie vor allem in den USA unter Druck. Gleichzeitig erhöht US-Präsident Donald Trump die Kritik an der Wissenschaft. Kann Österreich hier profitieren?
Rainer Thomas: Österreich ist ein interessanter Standort für Forschung und auch für Personal. Allerdings geht die klinische Forschung generell geht in Europa zurück und verschiebt sich Richtung Asien. Andere Länder, die das Thema explizierter adressieren, haben nicht so starke Rückgänge. Wir wollen deshalb Maßnahmen, wie eine erleichterte Arbeitserlaubnis für Forscherende und einen leichteren Marktzugang für Innovationen. Hier geht es als ersten Schritt um weniger Bürokratie und einen niederschwelligen Zugang. Wir sollten nicht vergessen, dass klinische Forschung dem System auch bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr erspart.

medianet: Was muss Österreich konkret tun?
Thomas: Zentral ist eine eigene Life-Science-Strategie in Österreich zu entwickeln. Wir hinken im europäischen Vergleich deutlich hinten nach. Man muss überlegen, was unsere Wachstumsfelder sind. Unsere Branche bietet tolle Voraussetzungen. Hierauf sollte die Regierun einen Fokus legen. Die Signale, die wir bekommen, sind, dass wir Teil der Industrie-Strategie sind. Man versteht, dass die Pharmaindustrie eine Schlüsselstrategie sein kann und soll. Für mich ist das ein Schwerpunkt, dafür Werbung zu machen und Stärken herauszuarbeiten. Allerdings sollte die Pharmaindustrie nicht nur Teil einer größeren Strategie sein. Es braucht eine eigene Life-Science-Strategie. Damit hat die Regierung noch nicht begonnen.

medianet: Was bremst?
Thomas: Deutschland ist uns hier voraus, die Ergebnisse dort sind sensationell. Sie haben dadurch Milliardeninvestitionen an Land gezogen. In Deutschland ist sogar die Rede vom neuen deutschen „Pharmawunder“. Die Hürde für die Politik in Österreich ist möglicherweise, dass Life-Science politikfeldübergreifend ist – Forschung, Gesundheit, Wirtschaft greifen ineinander. Das zusammenzuführen ist herausfordernd und auch eine Frage, wo die Politik ihre Schwerpunkte setzt. Es braucht eigene Life-Science-Strategie mit drei Schwerpunkten – Forschung, Produktion und Marktzugang.

medianet: Hat die Politik Berührungsängste mit der Pharmaindustrie?
Thomas: Das nehme ich so nicht wahr. Die Politik hat das Potenzial schon erkannt. Man muss eher überzeugen, wie man den Prozess gestaltet. Die jüngste Verlängerung der Preisregeln für Generika und Biosimilars sehe ich deshalb positiv. Planungssicherheit ist extrem wichtig. Es wäre schön, wenn das ins Dauerrecht kommt. Wir wollen die nächsten Jahre nutzen, um das zu diskutieren und zu verbessern. Es ist Zeit, Innovationen als Investition zu sehen. Das Gesundheitswesen kann sich nur mit und über Innovation weiterentwickeln. Wir müssen uns die Frage stellen, wie man es schafft Innovation in Gesundheit umzuwandeln. Dazu braucht es einen Ruck im Gesundheitssystem, um das umfassender zu betrachten. Es geht darum, den Wert von Innovation anzuerkennen. Darauf sollten wir uns verständigen: wir wollen moderne Therapien den Menschen zur Verfügung stellen. Wir können es uns nicht leisten, Innovation nicht zur Verfügung zu stellen.

medianet: Wie sehen Sie generell die Entwicklungen im Gesundheitssystem?
Thomas: Es gibt derzeit gute Chancen auf echte Reformen. Wir müssen sicherstellen, dass Patienten den idealen Pfad im System haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aktuell so groß wie noch nie. Ich habe den Eindruck, dass es eine hohe Übereinstimmung im Gesundheitswesen gibt, dass Patientensteuerung und auch Digitalisierung wichtig sind. Dafür muss die Politik klare Ziele definieren, wie das System aussehen soll.

medianet: Was braucht es da?
Thomas: Die Politik sollte die Versorgung optimal gestalten und nicht diskutiern, wo schiebe ich was hin. Das nimmt dann auch die Patienten mit. Diesen Zugang muss man in operationalisierbare Schritte herunterbrechen. Ich weiß, wir diskutieren das schon lang, wir sollten aber den Optimismus nicht verlieren. Wir müssen das Gesundheitssystem in eine gute Zukunft führen. Und es dabei nicht nur als Kostenfaktor zu sehen, ­sondern auch als Investition – in die Gesundheit der Menschen und auch in den Wirtschaftsstandort.

medianet: Sie waren vor dem Wechsel stellvertretender Generaldirektor bei der ÖGK. Ist das kein Bruch?
Thomas: Die Möglichkeit in der Pharmig ist für mich hochspannend. Ich wollte weiterhin im gesundheitspolitischen Umfeld bleiben und dort gestaltend meine Expertise einbringen. Ich empfinde das nicht als Seitenwechsel. Es gibt eine starke einende Komponente – alle wollen die beste Versorgung für die Patienten. Ich möchte die Pharmaindustrie gut positionieren bei Entscheidungsträgern und Themen erklären. Zentral ist, der Zugang von Menschen zu innovativen Produkten.

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