Prävention fehlt: Leben in Krankheit nimmt zu
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HEALTH ECONOMY ulli moschen 19.06.2015

Prävention fehlt: Leben in Krankheit nimmt zu

Lebenserwartung Statistiker warnen: Wir werden zwar immer älter, doch die Zahl der in Gesundheit verbrachten Jahre wird immer weniger. Chronische Krankheiten nehmen zu und belasten Menschen und das Gesundheitssystem.

Wien/Krems. Zwei Studien erfassen die aktuellen Sterblichkeits- und Krankheitstendenzen der Österreicher und sorgen für Aufsehen. Die Statistik Austria verzeichnete im vergangenen Jahr 78.252 Sterbefälle, 52% davon waren Frauen, 48% Männer. Mit einem Anteil von 42,3% waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache, Krebsleiden mit 26,2% die zweithäufigste. 84,5% der an Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs Verstorbenen waren 60 Jahre oder älter.

Zahl der Krebstoten sinkt

Durchaus positiv: In den vergangenen zehn Jahren hat die altersstandardisierte Krebssterblichkeit um 11,9% abgenommen. Veränderungen lassen sich auch in der geschlechtsspezifischen Verteilung feststellen: Die Sterblichkeit bei Dickdarm- und Magenkarzinomen ging sowohl bei Männern als auch bei Frauen zurück. Aufgrund der steigenden Anzahl an Raucherinnen ist allerdings die Lungenkrebssterblichkeit bei Frauen um 19,1% gestiegen, obwohl diese bei Männern nach wie vor zweimal so hoch ist als bei Frauen. Bei den Männern traten tödliche Tumore neben der Lunge häufig an den Bronchien, der Pros-tata, der Bauchspeicheldrüse und dem Dickdarm auf, Frauen waren hauptsächlich von Brust-, Lungen, Bauchspeichel- und Dickdarmkrebs betroffen.
Sieben von zehn Sterbefällen waren im vergangenen Jahr auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zurückzuführen, die übrigen Sterbefälle verteilten sich auf Krankheiten der Atmungsorgane mit knapp 5%, der Verdauungsorgane und auf sonstige Krankheiten; etwas mehr als 5% wurden durch Verletzungen und Vergiftungen verursacht. Knapp zwei Drittel der Betroffenen war 60 Jahre und älter.

Beeinträchtigungen

Die Global Burden of Disease Study (GBD), eine große und detaillierte globale Studie zu Gesundheitsbeschwerden zwischen 1990 und 2013, die vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME), einer unabhängigen Gesundheitsforschungseinrichtung an der University of Washington, durchgeführt wurde, nahm das Auftreten von 301 akuten und chronischen Erkrankungen in 188 Ländern, darunter auch Österreich, unter die Lupe und analysierte im Jahr 2013 die durch nicht tödliche Erkrankungen verursachten sogenannten Jahre mit Beeinträchtigung (Years with disability – YLD).
Aufgrund des starken Anstiegs nicht tödlicher Krankheiten leben Österreicher zwar länger, sind aber vermehrt krank. 2013 waren Rückenschmerzen, Depression und Angsterkrankung, Migräne, Stürze, Schwerhörigkeit, Diabetes und chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) die häufigsten Ursachen für Krankenstände.
Bemerkenswert sind die signifikanten Veränderungen im vergangenen Jahrzehnt. Bei Frauen stieg die Beeinträchtigung durch COPD um 71%, durch Alzheimer-Demenz um 37%, die durch Stürze nahm um 18% ab. Bei Männern war der Anstieg bei Diabetes mit 129% am stärksten, gefolgt von Schmerzen der Lendenwirbelsäule mit 80%.
„Die Bedeutung nicht tödlicher Erkrankungen und Verletzungen wird gern übersehen”, sagt Michael Brainin, Co-Autor der Studie und Leiter des Departements für Klinische Neurologie und Präventionsmedizin an der Donau-Universität Krems. „Österreich hat gute Fortschritte in Bezug auf die Auswirkung tödlicher Krankheiten wie Krebs oder Herzkreislauferkrankungen zu verzeichnen, hat aber zugleich großen Nachholbedarf in Bezug auf diese ‚harmloseren', aber in hohem Maße beeinträchtigenden Erkrankungen.”

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