••• Von Matin Rümmele und Katrin Grabner
WIEN. Die Inflation, die hohen Energiekosten sowie eine mögliche Corona- und Grippewelle im Herbst führen derzeit zu steigenden Lieferengpässen bei Medikamenten. Aktuell sind rund 400 Arzneimittel nicht oder eingeschränkt verfügbar, sagt Monika Vögele, Generalsekretärin des Großhandelsverbands Phago. „Als Arzneimittelvollgroßhändler beobachten wir schon seit Beginn der Pandemie, dass die Nachfrage bei den verordnungsstärksten Medikamenten sehr volatil geworden ist.”
Generika unter Druck
Eines der Themen sind dabei die Preise. Pharmaunternehmen warnen deshalb, dass Arzneimittel wegen der hohen Inflation und damit verbundenen hohen Produktionskosten aus dem Markt verschwinden könnten. Pharmafirmen hätten mit Kostensteigerungen von mehreren Hundert Prozent zu kämpfen, sagte Bork Bretthauer, Chef des deutschen Lobbyverbands Pro Generika, im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel.
Die Kostensteigerungen könnten nicht einfach weitergegeben werden, weil es Festbeträge und Rabattverträge mit den Krankenkassen gebe. „Ist eine Produktion nicht mehr wirtschaftlich, hat der Hersteller keine Wahl: Entweder macht er Verluste oder er muss sich aus der Versorgung zurückziehen”, sagte Bretthauer. Ähnlich ist die Lage in Österreich. Treiber sind etwa gestiegene Seefrachtkosten. Auch höhere Kosten für Verpackungen machten den Firmen zu schaffen. Zudem explodierten die Kosten für Ausgangsprodukte.
Es gibt zudem Bereiche, in denen es aufgrund der geänderten Nachfrage enger werden könnte. So klagen Eltern zunehmend über Schwierigkeiten, Säfte mit dem Wirkstoff Ibuprofen sowie Zäpfchen und Brausetabletten mit Paracetamol für Kinder zu bekommen.
Mehr Infektionen
Der Bedarf an den betroffenen Arzneimitteln ist überproportional angestiegen, berichtet die Apothekerkammer. Die Gründe für die Probleme ortet die Apothekerkammer in „Transport- und Kapazitätseinschränkungen, der aktuellen geopolitischen Situation und der Situation rund um Shanghai” sowie einem anhaltend hohen Infektionsdruck bei den Kindern „out of season”. Hans Jürgen Dornbusch, Fachgruppenobmann Kinder- und Jugendheilkunde in der Österreichischen Ärztekammer, bestätigt ein verstärktes Infektionsgeschehen bei Kindern: „Durch die Corona-schutzmaßnahmen hatten wir im Winter 2020/21 erstmals keine Influenzafälle und auch 2021/22 nur wenige Fälle. Durch den Wegfall der Maßnahmen kommt es jetzt zu ungewöhnlichen Zeiten zu vermehrten Infekten. Die Viren treffen quasi auf eine naive Immunisierung, weil diese während der Pandemiemaßnahmen nicht stattgefunden hat.”