••• Von Helga Krémer
WIEN. Am Gelände der Müllverbrennungsanlage Simmeringer Haide wurde eine ganz besondere Forschungsanlage in Betrieb genommen: „Waste2Value” – die weltweit erste Anlage für die Produktion von grünen Treibstoffen dieser Art, bei der aus Abfällen und Reststoffen Synthesegas hergestellt wird. Dieses Gas wird direkt vor Ort weiterverwertet, unter anderem zur Produktion von erneuerbarem und CO2-neutralem Diesel.
Wertvolles Endprodukt
Mit einem Megawatt Leistung ist die Pilotanlage bereits in einem industrienahen Maßstab gebaut – also im letzten Stadium vor einer Anlage im Realbetrieb. Die Forschungsaktivitäten wurden bereits gestartet.
„Diese Anlage ist ein Meilenstein für die Kreislaufwirtschaft”, betont Wien Energie-Geschäftsführer Karl Gruber und führt aus: „Die hier eingesetzte Technologie ist vielversprechend: Künftig könnte eine solche Anlage im Industriemaßstab bis zu zehn Mio. Liter grünen Treibstoff pro Jahr erzeugen und damit bis zu 30.000 Tonnen fossiles CO2 einsparen.” Mit dieser Menge an Treibstoff wäre es vorstellbar, umgerechnet die ganze Öffi-Busflotte Wiens klimaneutral zu betanken. Und so sei auch ein Bus-Testbetrieb mit dem grünen Treibstoff geplant.
Neben der Erzeugung von grünem Treibstoff ist mittelfristig auch die Produktion von grünem Gas oder grünem Wasserstoff Teil des Forschungsprojekts Waste2Value.
Wertvolles Endprodukt
Für die Umwandlung eines Brennstoffs – z.B. Holz – in ein brennbares Gasgemisch gibt es mehrere technische Verfahren. Die „Zweibett-Wirbelschicht-Vergasung”, kurz DFB-Verfahren (Dual Fluidised Bed), wird dabei als die am meisten ausgereifte Technologie betrachtet.
Walter Haslinger, Geschäftsführer vom Projektleiter BEST Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH, erklärt: „Die Pilotanlage der DFB-Gaserzeugung, die im Rahmen des Waste2Value-Projekts erfolgreich in Betrieb genommen wurde, ist das Herzstück der Syngas-Plattform Wien. Sie ermöglicht uns ambitionierte, angewandte Forschung in Kernbereichen der biobasierten Ökonomie und Kreislaufwirtschaft und stellt eine Forschungsinfrastruktur von internationaler Sichtbarkeit dar.”
Komplexes Verfahren
Das Außergewöhnliche an der Anlage ist die Verbindung mehrerer technischer Verfahren, um den Treibstoff herzustellen: Reststoffe, wie etwa Holzabfälle, Klärschlamm oder Rückstände der Papierindustrie, werden in Synthesegas umgewandelt. Dieses Gas wird gereinigt, und in einem weiteren Schritt wird daraus Rohöl erzeugt. Aus diesem Rohöl kann in weiterer Folge der grüne Treibstoff hergestellt werden. Sind die eingesetzten Ausgangsstoffe erneuerbaren Ursprungs (Holz, Holzabfälle, Klärschlamm, sonstige biogene Abfälle), so sind auch die Endprodukte gänzlich erneuerbar.
Aber auch andere, nicht erneuerbare Reststoffe wie etwa nicht recyclebare Plastikreste wären verwertbar. So können auch fossile Ausgangsstoffe mehrfach genutzt werden, wie das etwa auch beim Papierrecycling der Fall ist.
Vielseitige Technologie
Die möglichen Endprodukte klingen vielversprechend: Einerseits können nachhaltige Treibstoffe für Bereiche bereitgestellt werden, in denen Batterien nur schwer zum Einsatz kommen können, etwa in der Landwirtschaft, im Flug- oder Schwerverkehr oder für Busse – überall dort, wo Wasserstoff als Treibstoff nicht optimal ist.
Andererseits kann im Zuge von zukünftigen Forschungsarbeiten auch grünes Gas für das Erdgasnetz oder grüner Wasserstoff für Mobilitätslösungen oder industrielle Anwendungen erzeugt werden.