Endlich Aufbruchsstimmung in der heimischen Industrie
© voestalpine/Eric Krügl
INDUSTRIAL TECHNOLOGY PAUL CHRISTIAN JEZEK 13.05.2016

Endlich Aufbruchsstimmung in der heimischen Industrie

Im Musterland Oberösterreich ortet man „erfreuliche Perspektiven”, die Steirer sind ebenso optimistisch – und auch die Tiroler.

••• Von Paul Christian Jezek

Die besonders gute Nachricht vorweg: Im Industrie-Bundesland Oberöster­reich sind die Kon­junkturzahlen dank positiver Erwartungshaltung für das nächste halbe Jahr wieder deutlich besser, als noch vor einem Quartal angenommen. Bei den Ergebnissen der jüngsten Konjunkturumfrage der IV OÖ, an der sich mehr als 100 Unternehmen mit insgesamt fast 93.500 Mitarbeitern beteiligten, drehten sämtliche in die Zukunft gerichteten Indikatoren wieder in den Positivbereich.

Vor allem bei der Geschäftslage in sechs Monaten wird der wiedergewonnene Optimismus spürbar, der Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen verbesserte sich von –22% im Vorquartal auf nunmehr +23%. „Die wieder ins Positive zurückgekehrte Erwartungshaltung ist auch verantwortlich für den Anstieg des Konjunkturbarometers”, erklärt dazu IV OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch. Alles in allem liefere die Konjunktur­umfrage eine durchaus erfreuliche Perspektive, allerdings relativiert Haindl-Grutsch: „Seit vier Jahren geht es auf und ab in einer relativ schmalen Bandbreite, jetzt sind wir wieder im oberen Bereich angelangt. Ein kräftiger Aufschwung ist aber weiterhin nicht in Sicht!”
So meldeten – gewichtet nach den Mitarbeiterzahlen – 36% der an der Konjunkturerhebung teilnehmenden Unternehmen eine gute und nur 4% (!) eine schlechte Geschäftslage. Der Saldo aus Positiv- und Negativmeldungen liegt damit (aufgrund von Rundungsdifferenzen) bei +33% und um sechs Prozentpunkte unter dem Vorquartal (+39%). Bei der derzeitigen Ertragssituation reduzierte sich der Saldo von zuvor +12 auf +9%, beim Auftragsbestand und bei den Auslandsaufträgen stieg dieser hingegen von jeweils +28% im 4. Quartal 2015 auf nunmehr +40 bzw. +37%.

Gute Zukunftswerte

Bei den Zukunftsindikatoren drehten sämtliche Minuswerte wieder ins Positive. So schätzen nun 26% der Firmen ihre Geschäftslage in einem halben Jahr gut ein, nur 3% glauben an eine Verschlechterung; der Saldo erholte sich damit von –22 auf nun +23%.

Bei der Ertragssituation in sechs Monaten drehte er von –27 auf +18%, bei der Produktionstätigkeit in drei Monaten kehrte der Saldo von –13 auf +25%, bei der Auslastung der Produktionskapazitäten in drei Monaten von –11 auf +8% und bei den Verkaufspreisen in drei Monaten von –29 auf nun ebenfalls +8% und damit über die Nulllinie zurück. „Der zarte Optimismus findet sich besonders in Unternehmen, die den oberösterreichischen Stärkefeldern Maschinenbau/­Metallwaren und Fahrzeugindustrie angehören”, analysiert Haindl-Grutsch. „Wenn sich in den Kernbranchen die Einschätzung verbessert, wirkt sich das auf das gesamte Land aus.”

Druck am Arbeitsmarkt

Einzig beim Beschäftigtenstand in drei Monaten bleibt der Saldo gegenüber dem Vorquartal mit +7% unverändert. Weder der längerfristige Trend, noch die jüngeren Umfrageergebnisse lassen darauf schließen, dass es zu einer spürbaren Erhöhung der Industrie­beschäftigung und damit in weiterer Folge zu einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen kommen wird. Haindl-Grutsch: „Der nun vorhandene Optimismus und die erwartete Steigerung der Produktionstätigkeit reichen nicht aus, um den Mitarbeiterstand in den Betrieben zu erhöhen und damit zu einer Entspannung am Arbeitsmarkt beizutragen.”

Oberösterreichs Arbeitsmarkt werde noch stärker unter Druck kommen. „Mit einem Rückgang der Arbeitslosenrate um satte 40% war Oberösterreich 1993 bis 2008 der Musterschüler in Österreich. In der letzten Legislaturperiode konnte diese Dynamik nicht aufrechterhalten werden”, erklärt der IV OÖ-Geschäftsführer. Oberösterreich fällt seither in der Arbeitslosenstatistik zurück, neue Benchmark ist Vorarlberg, wo die Arbeitslosenquote trotz Krise um 16% gesunken ist. „In unserem Bundesland gibt es mittlerweile rund 43.000 Arbeitslose, aber auch mehr als 10.000 offene Stellen – beide müssen besser zueinander gebracht werden.”

Optimistische Grüne Mark

In der Steiermark hat die aktuelle Konjunkturumfrage mit 58 teilnehmenden Betrieben mit 37.400 Mitarbeitern einen optimistischeren Trend als zuletzt gezeigt; in den kommenden Wochen rechnen die Unternehmen mit einer Aufhellung des Geschäftsklimas.

Aktuell wird in einer stark zunehmenden Zahl von Unternehmen von einer Tätigkeitssteigerung ausgegangen, die Indizes der geplanten Produktionstätigkeit und des Beschäftigtenstandes in den Monaten April bis Juni legen spürbar zu: Produktion um 14 Punkte von +3 auf +17, Beschäftigung um 19 Punkte von 0 auf +19 (24% der Unternehmen geben an, Mitarbeiter einzustellen, 5% rechnen mit sinkenden Personalzahlen).
„Der positive Trend bei der Industriebeschäftigung war bereits im letzten Quartal spürbar”, sagt der Präsident der IV Steiermark, Jochen Pildner-Steinburg. „Im Herbst lag der Index noch bei –20, im Winter bei Null, nun sind wir bei +19 angekommen.” In der Grünen Mark vermerkt auch das AMS eine steigende Zahl offener Stellen aus dem Bereich der Produktion.
Einen weiteren Hintergrund der positiveren Prognose liefert die Entwicklung der Ertragssituation; die Ursachen dafür liegen im niedrigen und damit exportfördernden Euro-Kurs und den günstigen Energiekosten – und natürlich spielen hier die enormen Anstrengungen der Betriebe eine wichtige Rolle, ihre Kostensituation zu verbessern.
Gerade die Energiekosten zeigen aber auch, dass der Optimismus hinsichtlich der Ertragssituation nicht für alle Branchen gilt, meint Pildner-Steinburg: „In der Steiermark gibt es einige Unternehmungen, die im Ausrüstungsgeschäft rund um das Thema Öl und Energie tätig sind. Sie leiden unter dem einbrechenden Markt entsprechend und stehen vor massiven Herausforderungen.” Weiters wird seitens der IV darauf hingewiesen, dass bereits bei vielen steirischen Unternehmen die Auslandstöchter den Großteil zu einer positiven Konjunktur-Erwartung beitragen.

Kritik an der Politik

„Aufgabe der Politik wäre es, die Unternehmen bestmöglich zu unterstützen”, meint Pildner-Steinburg. „Mit der aktuellen Flut an Auflagen, Berichtspflichten und Hürden – verbunden mit einem Generalverdacht, unter den Unternehmer und Unternehmen gestellt werden (Stichwort Lohn- und Sozialdumping) –, tut man aber genau das Gegenteil. Es muss klar festgehalten werden: Die Zuversicht der Unternehmen kommt nicht aufgrund, sondern trotz der aktuellen, politisch zu verantwortenden Standort-Rahmenbedingungen.”

Etwas weiter nördlich sieht man das genau so: „Die Politik nimmt sich um die Themen zur Verbesserung des Standorts und der Wettbewerbsfähigkeit nicht an und so sehen auch die Unternehmen keine Verbesserungen bei ihrer derzeitigen Situation”, kommentiert IVNÖ-Präsident Thomas Salzer die jüngsten Ergebnisse „seiner” Konjunkturumfrage. 29 Unternehmer mit insgesamt 10.368 Beschäftigten aus Niederösterreich haben daran teilgenommen.

NÖ kann nicht mithalten

Auf Österreich-Ebene ist das Konjunkturbarometer aktuell von 21,9 auf 25,7 Punkte gestiegen, was in erster Linie auf sich aufhellende Geschäftserwartungen zurückzuführen ist. In Niederösterreich fallen die Prognosen durchaus verhaltener aus – dort ist der Mittelwert aus der Beurteilung der gegenwärtigen und zukünftigen Geschäftsentwicklung seit dem vierten Quartal 2015 von 17,7 auf 17,5 Prozentpunkte gesunken.

Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage weist in NÖ einen Saldo von 25 Prozentpunkten aus – das bedeutet zwar, dass es „auf dem weiten Land” unterm Strich mehr Unternehmen gibt, die ihre aktuelle Geschäftslage positiv beurteilen. Im vierten Quartal 2015 ist dieser Saldo mit 35 Prozentpunkten jedoch noch deutlich besser ausgefallen.
Gestiegen ist im Vergleich dazu die Einschätzung der derzeitigen Ertragssituation – und zwar von vier auf 15 Prozentpunkte beim Saldo. „Der Großteil der Unternehmen, nämlich 75%, geht jedoch von gleichbleibenden Erträgen aus”, erklärt dazu IVNÖ-Geschäftsführerin Michaela Roither. „Und hier befinden wir uns seit Längerem auf einem bescheidenen Niveau.”
Der Saldo des Kriteriums Beschäftigtenstand in drei Monaten stieg von –36 im vierten Quartal 2015 auf +1 im ersten Quartal 2016 und ist damit wieder im leicht posi­tiven Bereich. „Dieser Ausblick ist zwar nicht mehr ganz so düster wie im Quartal davor, aber von einem Lichtblick sind wir trotzdem noch weit entfernt”, erklärt Roither. „Während 19% der befragten Unternehmen mit einem steigenden Beschäftigtenstand rechnen, gaben auch 18% an, dass Jobs abgebaut werden müssen. 63% rechnen mit einem gleichbleibenden Beschäftigtenstand – und das ist in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit auch kein gutes Zeichen.”

Impulse für Arbeitsplätze

Für heuer rechnet das AMS Niederösterreich mit einer landesweiten Arbeitslosenquote von 9,2% – und bis 2020 soll dieser Wert laut jüngsten Studien der Synthesis Forschung GmbH in Niederösterreich auf 10,9% steigen, bundesweit sogar auf 11,9%. IVNÖ-Präsident Thomas Salzer sieht daher dringenden Handlungsbedarf: „Angesichts dieses schwierigen konjunkturellen Umfelds und der negativen Prognosen brauchen die Betriebe Impulse, um Arbeitsplätze auch in Zukunft schaffen und absichern zu können – etwa durch flexiblere Arbeitszeitgestaltungsmöglichkeiten und eine längst überfällige Lohnnebenkostensenkung.”

Wenigstens habe sich der Saldo beim aktuellen Auftragsstand im Vergleich zum vierten Quartal 2015 von 42 auf 43 Prozentpunkte leicht verbessert. Gleiches gilt für die aktuellen Auslandsaufträge; hier stieg der Saldo von 31 auf 40 Prozentpunkte und liegt damit etwas über dem Bundesschnitt von 38. Roither: „Das ist auf die hohe Exporttätigkeit unserer Industriebetriebe zurückzuführen – immerhin beträgt die durchschnittliche Exportquote in der niederösterreichischen Industrie 40,8%.”
Geringfügige Verbesserungen gibt es in Niederösterreich auch beim Ausblick. So stieg der Saldo bei der Geschäftslage in sechs Monaten von null auf zehn Prozentpunkte (siehe Grafik links!). Einen weiteren Lichtblick gibt es bei der Einschätzung der Produktionstätigkeit in drei Monaten; diese stieg von einem Negativsaldo von –15 am Ende des Vorjahres auf einen Saldo von 10 Prozentpunkten. Roither: „Damit überwiegt nun wieder die Anzahl jener Unternehmen, die mit einer Steigerung in den nächsten drei Monaten rechnen.”

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