Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde …
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INDUSTRIAL TECHNOLOGY PAUL CHRISTIAN JEZEK 02.02.2018

Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde …

Mit der Connectivity for Industry (C4I) ergänzt eine dritte Industriemesse die Smart Automation und die Intertool.

••• Von Paul Christian Jezek

Erstmals findet heuer Mitte Mai eine dritte Industriemesse zeitgleich mit der Smart Automation und der Intertool statt, nämlich die C4I – Connectivity for Industry.

Sie befasst sich vor allem mit der Digitalisierung und ist Anlaufstelle für produzierende Unternehmen, die sich über Neuerungen im Bereich Informationstechnologie und Systemlösungen informieren möchten. „Wir erwarten uns, dadurch ganz neue Besuchergruppen zu erreichen, die eher aus dem IT-Bereich kommen und auf einer ‚Smart' oder ‚Intertool' nicht unbedingt zu finden wären”, sagt Andreas Hinterschweiger von der Westermo Data Communications GmbH, die Netzwerkkomponenten für industrielle Anwendungen herstellt und bei der C4I ausstellt.

Gute „Arbeitsteilung”

Tatsächlich ist das Ziel des neuen Fachmessetrios, Ausstellern wie Besuchern verschiedene Ansprechpartner zugleich zuzuführen. „Wir haben heuer erstmals drei verschiedene Fachmessen, die gebündelt stattfinden und es ermöglichen, auf kurzen Wegen drei Teilaspekte zu verbinden”, sagt Alexander Eigner, projektverantwortlicher Category Manager beim Veranstalter Reed Exhibitions Messe Wien.

Während bei der C4I Digitalisierung und Vernetzung im Mittelpunkt stehen, liegt bei der Smart Automation der Fokus auf Prozess- und Fabrikautomatisierung und bei der Intertool auf dem Bereich Fertigungstechnik.
Die Möglichkeit, Produkte und Neuentwicklungen „hautnah” zu zeigen, wird die Westermo Data Communications GmbH nutzen und zwei Rettungsroboter vorstellen, die für Katastrophengebiete gedacht sind und dort zum Einsatz kommen, wo es für den Menschen gefährlich werden kann. „Die Roboter können zum Beispiel ein einsturzgefährdetes Gebäude untersuchen, mittels Wärmebildkamera, Webcams und Sensoren nach Verletzten suchen oder nach einer Reaktorkatastrophe Proben entnehmen”, schildert Hinterschweiger.

Roboter zum Anfassen

Bedient werden die von der Fachhochschule Wels entwickel­ten Rettungsroboter per Funksteuerung. Diese erfolgt per WLAN-Verbindung und stammt von Westermo. Dabei wird ein besonders robustes Funkmodem verwendet, wie es auch im Eisenbahnverkehr oder im Bergbau eingesetzt wird. „Mithilfe dieser Roboter können wir Anwendungsbeispiele zeigen und auf diese Weise die Robustheit der Funkverbindung vermitteln”, so Hinterschweiger.

Der kleinere der beiden Roboter, die das Unternehmen vorführen wird, ist mit einem Messgerät zur Strahlungsmessung versehen und wurde bereits auf einer internationalen Atomkonferenz in Australien ausgezeichnet.
Für Herbert Jodlbauer, Studiengangsleiter Produktion und Management und Operations Management an der FH OÖ in Steyr, gewinnt Asien gemessen an Europa bei den Themen Digitalisierung, IT und Künstliche Intelligenz (KI) immer stärker an Fahrt.

Globale Unterschiede

„In Europa besteht die Gefahr, dass sich die Industrie auf den Lorbeeren ihrer Erfolge im Maschinen- und Anlagenbau ausruht”, führt Jodlbauer als einen der Hauptgründe an, weshalb die weltweite Digitalisierungsschere derzeit weiter aufgeht. „Europa ist nach wie vor hardwareverankert, es fehlt an Dienstleistungsorientierung.”

Um das zu erkennen, müsse man sich nur die derzeit erfolgreichsten börsenotierten Unternehmen ansehen; hier finden sich keine reinen Hardware-Produzenten. Jodlbauer: „Der Hauptumsatzträger der Zukunft wird die Dienstleistung sein, auch wenn man Maschinen natürlich weiter benötigen wird.”
Um dies zu erreichen, werden z.B. in Asien von staatlicher Seite sehr große Summen in die Digitalisierung investiert. In Europa seien diese Beträge dagegen verschwindend gering.

Geschäftsmodelle entwickeln

Zu beachten seien jedoch auch große kulturelle Unterschiede: „In Europa gelangt nichts auf den Markt, was nicht 100prozentig im Labor ausgetestet wurde. Die Philosophie, am Markt zu lernen und zu entwickeln, ist hier nicht verankert.” Speziell der deutschsprachige Raum sei zu technikverliebt; Jodlbauer: „Produkte werden viel zu oft der Technik wegen entwickelt, dabei ist es manchmal gar nicht nötig, technologischer Innovationsführer zu sein.”

Viel wichtiger sei es, für den Kunden einen echten und greifbaren Mehrwert zu schaffen. Gewinnen werden letztendlich, so der Experte, jene, die Kundenbedürfnisse wecken und diese befriedigen: „Unternehmen sollten sich damit auseinandersetzen, von einer reinen Produktentwicklung auf eine Geschäftsmodellentwicklung überzugehen.”

Digitalisierung weiterdenken

Gerade die Digitalisierung biete neue Möglichkeiten im Hinblick auf die Kundenorientierung. Bisher hätten weder Industriemanagement noch Politik dies in ausreichendem Maße erkannt und die fast ausschließlich auf die Technologie ausgerichtete Förderlandschaft trage das Ihre dazu bei.

Bestätigen kann Jodlbauer auch, dass viele heimische Unternehmen Industrie 4.0 und Digitalisierung „nur” als Mittel zur Kostensenkung einsetzen.
Verbindet man dies mit den oben genannten Überlegungen, wird schnell deutlich, dass dies zwar gut, aber keineswegs zu Ende gedacht ist. „Kostensenkung heute sichert keine Arbeitsplätze in einem Jahrzehnt”, warnt der Experte.

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