••• Von Britta Biron
WIEN. Kohlendioxid kennt man in erster Linie als Klimakiller, doch für Pflanzen ist es essenziell. Und auch Chemie- und Kunststoffindustrie zeigen immer mehr Interesse an diesem Rohstoff
Eigens CO2 aus fossilen Quellen zu produzieren, ist aus Klimaschutzgründen aber kontraproduktiv, deutlich umweltfreundlicher wäre es, es aus Abgasen industrieller Prozesse zu filtern.
„Wenn man Kohlendioxid möglichst selektiv aus Abgasen entfernen möchte, verwendet man normalerweise wässrige Aminlösungen als Waschmittel”, sagt Gerhard Schöny (Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften, TU Wien).
Die Aminwäsche hat allerdings entscheidende Nachteile: Sie benötigt viel Energie und hohe Absorber-Türme, damit das Rauchgas ausreichend lange Zeit hat, mit der Aminlösung in Kontakt zu kommen und die gewünschte CO2-Menge abzugeben.
Im vom Klima- und Energiefonds geförderten Leitprojekt „ViennaGreenCO2” arbeitet die TU Wien mit der Universität für Bodenkultur, Shell und anderen Partner daran, eine neue, billige und energieeffiziente Abscheidetechnik zu entwickeln.
Billiger und kleiner
„Auch wir arbeiten mit Aminen”, erklärt Schöny, „allerdings nicht in flüssiger Form.”
An der TU Wien kommt ein mit Shell entwickeltes Wirbelschichtverfahren zum Einsatz, in dem feste Partikel, auf denen die Amine aufgebracht sind, mit dem Rauchgas in Kontakt gebracht werden.
Entscheidend ist, dass sich das Rauchgas und der Strom aus Amin-funktionalisierten Partikeln in entgegengesetzte Richtungen bewegen.
Schöny geht davon aus, dass die bekannten Nachteile bisheriger Abscheideverfahren mit wässrigen Aminlösungen dadurch weitgehend behoben werden können. Die Verwendung von Wirbelschichtsystemen ermöglicht darüber hinaus eine gegenüber der Aminwäsche wesentlich kompaktere Bauweise des CO2-Abscheidesystems.
Pilotanlage kommt 2018
Die bisherigen Tests mit der kleinen Laboranlage, die eine Kapazität von 50 kg CO2 täglich hat, liefen sehr erfolgreich. Mehr als 90% des in den Abgasen enthaltenen CO2 konnten die Forscher gewinnen.
„Nun wollen wir eine Pilotanlage bauen, mit der man fünf Tonnen CO2 pro Tag abscheiden kann”, erläutert Schöny die weiteren Pläne.
Errichtet wird die Pilotanlage, die voraussichtlich 2018 in Betrieb gehen wird, im Wien Energie-Kraftwerk in Simmering. Ein Teil des dort abgeschiedenen Kohlendioxids wird dann weiter aufbereitet und kommt versuchsweise in einem Testgewächshaus der LGV Frischgemüse als Düngemittel zum Einsatz.
Eines Tages könnten solche CO2-Abscheidereaktoren mit Biomasseverbrennungsanlagen kombinieren, um auf kohlenstoffneutrale Weise elektrischen Strom und CO2 für die Industrie zu produzieren.