Was nach Industrie 4.0 kommt
© Johannes Kepler Universität (2)
Top-F&E-Quoten OÖ und Stmk. halten zusammen 42% der österreichischen indus­triellen Produktion und beschäftigen 170.000 (45%) aller in Österreich tätigen Industriearbeitskräfte – bei F&E-Quoten von 3,17% (OÖ) und 4,81% (Stmk), verglichen mit der Österreichquote von 2,97% (2013).
INDUSTRIAL TECHNOLOGY PAUL CHRISTIAN JEZEK 08.07.2016

Was nach Industrie 4.0 kommt

Industrieunternehmen aus Oberösterreich und der Steiermark kooperieren mit führenden technischen ­Universitäten und internationalen Forschungseinrichtungen für das weltweit erste Pro²Future-Zentrum.

••• Von Paul Christian Jezek

LINZ. „Products and Production Systems of the Future” > „Pro-Pro-Future” > „Pro²Future” ist die auf ein Wort reduzierte, entscheidende Herausforderung der Industriesysteme der Zukunft.

Die Forschungsförderungsgesell­schaft FFG sowie bmwfw und bmvit haben vor wenigen Tagen den von Alois Ferscha, Institut für Pervasive Computing der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz, koordinierten Projektantrag für das Indus­trie-Forschungszentrum Pro²Future als COMET K1-Zentrum genehmigt: Annähernd ein halbes Hundert Forscher sollen ab 2017 mit einer genehmigten Finanzierung von 19 Mio. € in der ersten vierjährigen Phase arbeiten.
Die Miniaturisierung der Mikro­elektronik, zusammen mit einer globalen Vernetzung im Internet und WWW, hat in der letzten Dekade zu völlig neuen industrie- und wirtschaftsrelevanten Einsatzszenarien eingebetteter Informations- und Kommunikationstechnologien geführt.
Digitalisierung und Virtualisierung eröffnen ein nie dagewesenes Spektrum an Möglichkeiten für zukünftige Produkte (Smarte Produkte, Digitale Produkte, Online-Produkte) und deren Herstellungsprozesse (Intelligente Fabriken, „Digitale” Produktion, Virtuelle Fabriken). Erstmals können und müssen Produkte und Produktionssysteme als eng verwoben verstanden, gestaltet, entwickelt und betrieben werden.
„Pro2Future setzt an Forschungsfragen und Anwendungspotenzialen auf, die aus der Verschränkung aus Produktgestaltung und den dazugehörigen Produktionssystemen entstehen, und vereinigt erstmals weltweit diese beiden Aspekte zu einem holistischen Innovationsansatz”, erklärt Ferscha. „Im Projektkonsortium haben wir uns die letzten beiden Jahre während der Antragstellung gefragt: was kommt eigentlich nach Industrie 4.0? Die Pro²Future-Antwort sind „kognitive” Produkte und Industriesysteme, mithilfe derer Produkte und Produktionssysteme mit menschenähnlichen kognitiven Fähigkeiten wie Wahrnehmen, Interpretieren, Verstehen, Memorieren und Lernen, Vorhersagen, Schlussfolgern und entsprechendem kognitionsgesteuertem Handlen ausgestattet werden.

Global führende Forschung

Ein Konsortium aus 22 der größten und wichtigsten heimischen Industrieunternehmen aus den Bereichen Prozessindustrie (Stahl: AMAG, Leistritz, Primetals, SFL, voestalpine Stahl; Kunststoff: Poloplast), Automatisierung und Steuerungstechnik (AVL, Azo, KEBA, Knapp, Siemens), Werkzeuge und Komponenten (AMS, Andritz, Epcos, GAW, Magna, TCM, Trumpf, Wacker Neuson) sowie Endprodukte (Fischer, Fronius, Tiger) hat sich zum Forschungs- und Innovationsverbund Pro²Future zusammengeschlossen.

Auf der Forschungsseite wird Pro²Future als Kooperation der bedeutendsten technischen Forschungseinrichtungen in Oberösterreich (Technisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der JKU) und der Steiermark (Technische Universität Graz, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Fakultät für Informatik und Biomedizinische Technik, Fakultät für Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften) sowie herausragenden Institutionen der europäischen Produktionsforschung (TU München, DFKI Kaiserslautern, und den Universitäten Stuttgart, Uppsala und Lorraine), dem österreichischen Spitzeninstitut für industrielle Innovation, Profactor, und Österreichs führenden Forschungseinrichtungen für Künstliche Intelligenz (ÖFAI) und innovative IKT (evolaris) implementiert. Darüber hinaus wird Pro²Future von einer mehr als 50 assoziierte Partner umfassenden, internationalen strategischen Allianz der weltbesten Technischen Universitäten (darunter ETH Zürich, KTH Stockholm, EPFL Lausanne, MIT Media Lab, Georgia Tech, Carnegie Mellon University, Politecnico Milano, Chalmers, Universität Ottawa, TU München, DFKI Kaiserslautern, KIT Karlsruhe, DFKI Saarbrücken, Universität Stuttgart, Nanyang Universität und Universität Osaka) begleitet. Die auf diesem internationalem Niveau erreichten Forschungsergebnisse fließen direkt als Industrie-Innovationen in die oberösterreichichen und steirischen Partnerunternehmen.
Pro²Future ist mit etablierten österreichischen COMET K1 (SCCH, WOOD, KNOW, RCPE) und K2 (LCM, ViF)-Zentren abgestimmt, ist Teil der nationalen Plattform Industrie 4.0 und bildet eine operative Forschungseinheit am Linz Institute of Technology (LIT) sowie der Smart Factories Initiative der TU Graz.
„Wir greifen hier nicht ,nur' die äußerst schwierige Forschungsfrage kognitiver Systeme und ihren Einsatz in der Produktgestaltung und der industriellen Produktion auf”, betont Ferscha. „Sondern wir möchten eine neue Industrietechnik mit ‚eingebetteter Intelligenz' demonstrieren, die aus dem Hintergrund heraus beobachtet, analysiert, schlussfolgert und autonom entscheidet und handelt – eine Technik, die mitdenkt.”
Die erwarteten Ergebnisse sind von grundlegender Bedeutung für die Gestaltung von Produkten und Industriesystemen der Zukunft per se, da erst damit Begriffe wie „Intelligente Fabrik”, „Intelligente Roboter”, „Smart Product”, „Smart Car”, ihrem Namen gerecht werden.

Das Forschungsprogramm

Pro²Future konsolidiert Zentrumsforschungsergebnisse in den zwei Kernbereichen Kognitive Produkte und Kognitive Produktionssysteme.

Darüber hinaus erarbeiten drei Grundlagenbereiche maschinelles Wahrnehmen und Bewusstsein, Kognitive Robotik und Shop Floors sowie Kognitive Entscheidungs­systeme.

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