Employer Branding de luxe
© Graft Brandlab
Die Leidenschaft für Handwerkskunst und hochwertige Produkte sowie Teamgeist stehen im Fokus der neuen Kampagne, mit der Montblanc um Mitarbeiter wirbt.
LUXURY BRANDS&RETAIL britta biron 16.06.2023

Employer Branding de luxe

Montblanc setzt angesichts des wachsenden Fachkräfte- und Lehrlingsmangels auf eine brandneue Arbeitgebermarke.

Hamburg/Berlin. Da im War for Talents ein bekannter Name und das edle Image längst nicht mehr reichen, sind viele Luxusunternehmen seit einiger Zeit dabei, ihr Recruiting zu optimieren. So auch Montblanc. Vor rund einem Jahr hat man die Berliner Agentur Graft Brandlab mit der Entwicklung einer Arbeitgebermarke beauftragt. Kürzlich wurde das Projekt fertiggestellt, und dieser Tage starten die ersten Kampagnen. Darüber hat medianet mit Sascha Schneider, Chief People Officer von Montblanc, und Rico Zocher, Managing Partner von Graft Brandlab, gesprochen.

medianet:
Gut ein Jahr hat das Projekt benötigt. Ist die Entwicklung einer Employer Brand aufwendiger als jene einer klassischen Kampagne, die sich an Endverbraucher richtet?
Rico Zocher: Natürlich benötigt die Erarbeitung einer solchen Strategie Zeit. Der Projektauftakt liegt tatsächlich ein Jahr zurück, doch haben wir mit den konkreten Arbeiten erst im Spätsommer 2022 begonnen. Unser Anliegen war es, das Employer Branding aus dem Unternehmen heraus zu entwickeln.
Sascha Schneider: Ich denke nicht, dass es mehr Zeit in Anspruch nimmt, aber eben auch nicht weniger. Es ist von zentraler Bedeutung, für den Erfolg die gebührende Zeit zu investieren, das Kernarbeitgeberversprechen des Unternehmens durch Gespräche, Umfragen und Analysen sauber herauszuarbeiten. Nur wer bereit ist, Zeit und Budget in diese Analysephase zu investieren, gelangt zu einer Employer Brand, die frei von generischen Aussagen ist, die sich auf jeden zweiten Arbeitgeber anwenden ließen. Wir haben uns also bewusst für eine Arbeitgebermarkenentwicklung entschieden, die stark aus dem Inneren getrieben ist und aus diesem Grund auch sehr authentisch ist.

 

medianet: Was ist außer Zeit und Geld für die Entwicklung einer Arbeitgebermarke wichtig?
Schneider: Employer Branding ist Teamwork. Wir haben frühzeitig den Schulterschluss mit unserer Marketingabteilung gesucht und gemeinsam das Projekt immer vor dem Hintergrund unserer Client Brand weiterentwickelt. Dabei ging es uns um eine sinnvolle Weiterentwicklung gewisser Aspekte dieser Marke für die Zielgruppe der – potenziellen – Mitarbeitenden, mit eigenen Spielregeln und eigenem Look & Feel. Ganz wesentlich ist sie natürlich für das Recruiting.

medianet:
Unterscheidet sich Employer Branding für Luxusmarken von dem für andere Unternehmen bzw. was waren die Spezifika des Projekts mit Montblanc?
Zocher: Die meisten etablierten Marken haben bereits ein Markenimage und eine Reichweite aufgebaut, die wir natürlich mit einbeziehen. Doch für uns relevanter ist, mit was für einem Unternehmen wir es zu tun haben, was die Kultur und das Miteinander prägt – die Dinge, die nicht unbedingt an der Oberfläche liegen. Hier suchen wir nach spezifischen Stärken und Ankern, die in der Arbeitgebermarke ihre Entsprechung finden und Distinktionskraft verleihen. Montblanc ist ein traditionsreiches Luxuslabel, das sehr handwerklich geprägt ist, verschiedenste Arbeitsbereiche vereint und seine Produkte weltweit vermarktet. Von den IT-Experten und den Auszubildenden in der Produktion in Hamburg über die Marketeers in Paris bis hin zum Retail-Mitarbeitenden in Hongkong – es galt, die Spezifika aller Arbeitsbereiche einzufangen und sie mit der Arbeitgebermarke direkt anzusprechen; alle gemeinsam und zugleich individuell.

medianet:
Wie sieht das aus?
Schneider: Es sind für die Ansprache neuer Mitarbeiter ganz unterschiedliche Kampagnenmotive entstanden, die unter einer inhaltlichen Klammer stehen. Recruiting ist aber nicht alles. Uns geht es um eine holistische Implementierung der Arbeitgebermarke über alle Touchpoints der Employee Journey. So wurden auch alle HR-Textdokumente auf den Duktus der Kampagne überprüft, die visuellen Elemente der Employer Brand in Eventformate und in das Workplace Design integriert.

medianet:
Es fand ja eine Mitarbeiterbefragung statt. Mit welchem Ergebnis?
Zocher: Interessant war, dass Kollegialität und der gemeinsame Erfolg mehr im Vordergrund stehen als die Möglichkeiten und der Wunsch nach Individualität und persönlichem Erfolg. Es war beeindruckend zu sehen, wie stark Gemeinsamkeit, Teamorientierung und die Leidenschaft für Produkt- und Handwerkskunst von allen durchweg gleichermaßen geschätzt und gelebt wurden. Es war schnell klar, dass entsprechende Attribute in der Employer Value Proposition eine zentrale Rolle spielen mussten.

Darauf aufbauend, entwickelten wir die Tonalität, die Kampagnenidee und den Kampagnen-Claim ‚What moves you, makes us'.

Schneider: Im Grunde genommen zeigt das Ergebnis der Analyse und dann wiederum auch unser Arbeitgeberversprechen genau das, was wir als Gefühl schon immer hatten, aber nie so wirklich in Worte oder in explizite USPs formulieren konnten. Es ist schön, zu sehen, dass wir dieses subjektive Gefühl eines sehr familiären Arbeitsumfelds mit Mitarbeitenden, die einen sehr hohen Anspruch an die Qualität unserer Produkte haben und die der Stolz auf unsere Markengeschichte eint, nun auch analytisch validiert haben.

medianet:
Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen HR-Trends und wie reagieren Sie darauf?
Schneider: Es gibt unterschiedliche Trends, die aber alle auf eine individuellere Ansprache von künftigen Talenten setzen. Wir entwickeln uns zusehends weg von einer breit angelegten Talentsuche hin zu einer fokussierteren Direktansprache. Zum Beispiel der Aufbau von Communities und Pipelines, um im Recruitment aus einem Pool an relevanten Profilen schöpfen zu können. Eintrittskanäle wie Praktika oder Traineeships oder die Zusammenarbeit mit Hochschulen sind hierbei sehr wertvoll für uns, um Talente darüber schon frühzeitig an das Unternehmen zu binden.

Im Herzen von Montblanc steht aber die Handwerkskunst – allein am Hamburger Hauptsitz arbeiten ca. zwei Drittel der Belegschaft in der Schreibgeräte-Manufaktur; Ausbildung wird daher großgeschrieben.
Doch der Ausbildungsmarkt hat sich gewandelt. Heutzutage streben viele Jugendliche eher ein Studium als eine Berufsausbildung an. Es ist unser aller Aufgabe, zu vermitteln, dass nicht allein ein Bachelor-Studiengang das Tor zur Welt ist, sondern auch eine Ausbildung gute Karrieremöglichkeiten bietet. Wir haben frühzeitig gemerkt, dass wir die Ansprache unserer Azubis verändern müssen, um erfolgreich zu bleiben.
Unser Ausbildungsleiter und unsere Ausbildungsbetreuerin aus der HR sind offen dafür, beim Recruiting neue Wege zu gehen, anstatt einzig auf altbewährte Formate wie Jobmessen zu setzen. In den vergangenen Jahren haben wir viel unseres Recruitings dorthin verlegt, wo sich die jungen Leute heute bewegen – ins Internet und in die Sozialen Medien. Online-Azubiplattformen, Instagram, aber auch TikTok sind Kanäle, die für unser Recruiting immer wichtiger werden. Man muss agil bleiben und neue Wege ausprobieren. Zu guter Letzt spricht auch unsere Employer Brand-Positionierung mit einem Motiv explizit die Zielgruppe der Auszubildenden im Produktionsbereich an.

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