Geschmackvoll gebettet
© Adolf Bereuter
In Schwarzenberg, am Eingang in den Bregenzerwald, ist der seit 1755 bestehende Gasthof Hirschen ein Monument der Tradition und Herzlichkeit.
LUXURY BRANDS&RETAIL Fred Fettner 30.06.2023

Geschmackvoll gebettet

Das Kunsthotel „Hirschen” vereint historisch-ländliche Baukultur mit Innovationen wie „kuratierter Kulinarik”.

Schwarzenberg im Bregenzerwald. Man überwindet einige Stufen zum Gasthof-Eingang, gelangt in einen schmalen Flur, links geht eine steile Treppe nach oben, rechts ragt ein historischer Kamin in den Flur, ehe sich die Rezeption in einen Nebenraum duckt. Nein, barrierefrei wurde Mitte des 18. Jahrhunderts nicht gebaut. Dass Luxus in einem historischen Gebäude, das seit über einem Vierteljahrtausend kontinuierlich Gäste beherbergt, mit einem anderen Maßstab zu messen ist, versteht sich von selbst. Dafür ist einem bewusst: In Zimmer 5 nuschelte sich einst Hans Moser in den Schlaf, in einem anderen, 13, logierte Kaiser Max schon zwei Jahrhunderte davor. Die kunstvolle Suite 7 darunter gewinnt ihre Behaglichkeit durch eine für heutige Zeiten unglaublich bescheidene Raumhöhe. Also unser Basketballer Jakob Pöltl (2,16 m) sollte sich hier nicht einquartieren …

Interieur am Puls der Zeit

Das „Hirschen” gegenüber der Kirche ist eines von mehreren typischen Bregenzerwälder Bürgerhäusern, die den unverwechselbaren Ortskern von Schwarzenberg ausmachen. Wobei das Interieur am Puls der Zeit ist. Das gilt für die unterschiedlich großen Badezimmer gleichermaßen wie für Betten mit Zirbenpolstern oder leistungsstarkem WLAN. Balkon gibts kaum, aber durchgängig den genialen alten Parkettboden. Nicht verheimlicht soll werden, dass zum „Hirschen” noch ein Haus jüngeren Baujahrs zählt. Dort warten einige moderne Zimmer, Seminarräume und ein Saunabereich. Wobei dieser kommenden Winter Geschichte sein wird, wie Peter Fetz, Hirschenwirt in zehnter Generation, durchklingen lässt. Denn zwischen den beiden Hotelteilen wird nach einem Entwurf der Vorarlberger „Nona-Architektinnen” ein modernes Badehaus entstehen. „Wir leben davon, das Alte mit neuem Geist zu beleben, vom Spiel mit Kontrasten”, sagt Fetz.
Besonders bei Tisch fällt das auf. Atemberaubend ist schon das Ambiente des im Jahr 1900 in schwerem Holz elegant ausgestalteten Saals. Begeisternd auch der Kontrast, den die „kuratierte Kulinarik” allabendlich zu bieten hat. Chefkoch Jonathan Burger, Meister des Fermentierens, begeistert mit adaptierter Regionalität, wie „Tagiolini, Bärlauch, Miso, Mandeln” oder „Marinierte Kalbszunge, Safranfenchel, Pitabrot”. Allabendlich sind 15 Gerichte auf der Karte, aus denen frei nach Lust, Laune und Quantität gewählt werden kann.

Kunst und Internationalität

All das begeistert internationale Gäste, deren „Schiffskoffer” selbstverständlich von den helfenden Händen aufs Zimmer gewuchtet werden. Internationalität herrscht besonders im Juli zur „Schubertiade” , wo sich höchste Kulturprominenz bei Tisch austauscht oder Thomas Quasthoff lauscht.
Kunst, konkret zeitgenössische Gemälde, sind ganzjährig in allen Gästezimmern und Räumen zu bewundern. Ein Werk der berühmtesten Tochter von Schwarzenberg, Angelika Kaufmann, ist trotz verwandtschaftlicher Verbindung nicht darunter. Auch wer zur Erholung in der Natur – im Winter zum sanften Skilauf am Bödele, im Sommer zum Wandern oder Biken – in den Bregenzerwald kommt: Insbesondere im Jahr 2023 ist der Besuch im Angelika-Kaufmann-Museum Pflicht. Vermutlich letztmalig kann bis 29. Oktober das von der Malerin für die Kirche Schwarzenberg gestaltete, kaum mehr transportfähige Hochaltarbild diesen Sommer aus wenigen Zentimetern Entfernung in Augenschein genommen werden. 23 Engel sind zu entdecken …

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