Agenturarbeit im Wandel
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Tina Kasperer
MARKETING & MEDIA Redaktion 30.11.2018

Agenturarbeit im Wandel

Die rasanten Veränderungen am Medien- und Werbemarkt bringen heimischen Agenturen viele Herausforderungen – aber auch neue Chancen.

Gastbeitrag ••• Von Tina Kasperer

WIEN. Die Digitalisierung verändert den Medien- und Werbemarkt radikal. Digitale und Online Medien verändern nicht nur das Mediennutzerverhalten, sondern geben auch Kunden ganz andere Möglichkeiten, erfolgreich zu werben und mit ihrer Zielgruppe in Kontakt zu treten. Für weniger Budget als bei klassischen Kampagnen und – ja, das muss man auch sagen – für potenziell mehr Arbeitsaufwand bei der Mediaagentur. Aber wir können wie sonst fast nirgends den direkten Erfolg unserer Strategien nachvollziehen, tagesaktuell optimieren und nach Leistung abrechnen. Ich denke, selten kann der Kunde so klar nachvollziehen, welche Leistung die Mediaagentur für ihn bringt.

Zudem stellen Global Player wie Google, Facebook und Co eine ernstzunehmende Bedrohung für die klassische Mediaagentur dar, da sie sich wie eine Kombination aus Medien und Mediaagenturen verhalten.
Vor allem im digitalen Bereich entwickelt sich alles sehr rasch weiter und wird kaum jemals unkomplizierter. Es gibt wenige Kunden, die bereit sind, ausreichend Ressourcen intern dafür aufzuwenden, damit hier taugliche Strategien geplant und umgesetzt werden können. Dazu zählen internationale Konzerne mit globaler Koordination der Werbeeinsätze. Aber der mittelständische Kunde schätzt die Agenturen als ausgelagerte Marketingabteilungen mit klar überschaubaren Kosten. So ist etwa die TV- oder Hörfunkplanung mit Verschiebungen, Optimierungen, Zählungen das Basishandwerk der Mediaagenturen und wird kaum jemals vom Kunden direkt abgewickelt.

Fließende Grenzen

Früher war die Aufteilung klar: Kreativagenturen produzierten die schönen, bunten Bilder, die Mediaagenturen haben dafür gesorgt, dass diese Bilder bei den richtigen Leuten ankamen. Diese Raumaufteilung hat sich grundlegend geändert. Die Grenzen verschwimmen, und beide bzw. mehrere Disziplinen arbeiten im Idealfall heute so eng verzahnt zusammen wie nie zuvor.

Ja, stimmt – und auch die Medien geben starken Support bei kreativen Umsetzungen und bieten sogar manchmal interne Kreativabteilungen, die Werbemittel entwickeln und produzieren. Wir von Allmediabizz haben ein enges Netzwerk mit Kreativ­agenturen und Onlineexperten, die wir jederzeit in Projekte einbinden können. Damit erst wird wirklich „maßgeschneidertes” Service für Kunden möglich.

Big Data is watching you

Always on, always connected. Agenturen verändern sich in Richtung Technologieunternehmen. Technologie und Daten werden zu bestimmenden Determinanten und erfordern erhebliche Investitionen für alle Media- und Werbeagenturen. Durch zielführende Datenanalyse wird durch Programmatic Buying und Advertising der hypervernetzte Kunde erreicht.

Die Möglichkeiten sind riesig – die Nachfrage nach Big Data seitens der Kunden aber eher bescheiden. Kaum ein Kunde hat intern die Möglichkeit, Daten im großen Stil zu erfassen und zu verwalten. In vielen Fällen ist die Nachvollziehbarkeit der Klicks („woher kommen sie – wo bleiben sie hängen – wohin gehen sie”) oder eine sehr exakte Definition der Zielgruppe schon das Ende der Fahnenstange. Programmatic wird meist deutlich unter den maximalen Möglichkeiten angefragt und umgesetzt.
Anders bei reinen Social Media-Kampagnen mit klarer Zielsetzung oder Fundraising im Web. Hier muss seitens der Agentur intensive Vorarbeit und Datenexploration geleistet werden, bevor umgesetzt wird. Aber auch in so einem Fall geht das nur gemeinsam mit dem Kunden und mit den Datenbeständen des Kunden.

Neue Realität

Radikaler Perspektivwechsel im Marketing: von produkt- und markenzentrierter Kommunikation hin zum Konsumenten mit seinen Bedürfnissen und Themen. In Kürze wird Content Marketing eine vollkommen etablierte und integrierte Disziplin sein.

Content Marketing ist für manche Ziele ideal – Stichwort Vertrauensaufbau, Kundennähe, Produktdetails und Info-Update. Für andere Zielsetzungen kann es nur eine Begleitmaßnahme sein – Stichwort Branding. Es ist Teil der vielen digitalen Möglichkeiten und sollte zumindest immer mitgedacht werden.

Internationale Pitches

Media- und Werbeagenturen müssen sich zukünftig mehr um internationale Pitches kümmern. Sonst werden die kleinen von den großen und schnellen Fischen gefressen werden.

Klares Nein! Wir bieten regionalen Kunden regionales Service. Für viele mittelständische Kunden ist die Vorstellung, von einer der riesigen Mediaagenturen betreut zu werden, nicht besonders attraktiv. Daher sehen wir diese Kunden als unsere Klientel an – und sind seit Jahren damit erfolgreich.

Orientierung ist gefragt

Viele Werbekunden sind heute mit dem granulierten Medienangebot und dem komplexen Verhalten ihrer Konsumenten extrem gefordert. Von den Agenturen verlangen sie deshalb in erster Line Orientierung. Der Beratungsaufwand ist deutlich angestiegen, und Mediaagenturen reagieren darauf mit einem noch stärkeren Personalausbau in den Beratungs- und Planungs-Units.

Vertrauen des Kunden in die Leistung der Agenturen ist die Basis. Natürlich bilden wir uns ständig weiter, bleiben am Ball und geben unseren Kunden Orientierung. Dazu gehört auch die Durchführung von Workshops für unsere Kunden zur intensiven Informationsvermittlung. Kurzfristig mag damit mehr Arbeitsaufwand verbunden sein. Mittelfristig profitieren alle Seiten von einem Kunden, der sowohl seine Konsumenten als auch deren Medienverhalten gut kennt.


Tina Kasperer ist Eigentümerin der Mediaagentur Allmediabizz GmbH, und auch Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der FH St. Pölten und seit 2013 auch Veranstalterin des Media Award.

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