Das schwarze Loch der Weltwirtschaft
MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 08.04.2016

Das schwarze Loch der Weltwirtschaft

Einer internationalen Recherche-Gemeinschaft ist mit den Panama ­Papers ein Coup gelungen. Nur: Werden die Daten auch für andere zugänglich?

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli


HALTET DEN DIEB! Wo es so ein globales Ereignis gibt wie den Coup einer internationalen Recherche-Gemeinschaft mit den sogenannten Panama ­Papers, da ist auch eine dazu passende Verschwörungstheorie nicht weit.

In diesem Fall, rund um die Veröffentlichung von Daten, die belegen, dass nicht nur Mafiabosse, sondern auch Sportler, Künstler und auch Poli­tiker ihr Geld gern in sogenanten Steuer­oasen (ich nennen sie lieber Steuerhinterziehungsländer) bunkern, geht die Verschwörungstheorie so: Die bösen westlichen Medien streuen Gerüchte über arme Machthaber im Osten und wollen diesen, bar jeder Grundlage, politisch ans Bein pinkeln. Die ganzen Gerüchte rund um versteckte Millionen seien erfunden und nur dazu da, um das Image dieser Menschen nachhaltig zu beschädigen.
So weit so falsch, denn unter den bisher „geleakten” Namen finden sich nicht nur chinesische bzw. russische Oligarchen oder ein pakistanischer Premierminister, sondern auch ein isländischer Regierungschef und darüber hinaus ein Dutzend weiterer westlicher Minister und weiterer Spitzenpolitiker.

Journalistische Geheimniskrämerei

Und in der Tat – die wirtschaftliche Dimension hinter den Veröffentlichungen ist gigantisch. Diversen Schätzungen zufolge werden rund 18 Billionen Euro, also achzehntausend Milliarden Euro in irgendwelchen Offshore-Gesellschaften vor den Behörden versteckt, wodurch dem Fiskus gut 200 Mrd. Euro jährlich an Steuereinnahmen entgehen. Das ist nichts anders als ein schwarzes Loch der Weltwirtschaft, und jeder, der dort illegal sein Geld versteckt, sollte ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden.

Und hier sind wir dann schon beim Problem in der aktuellen Causa der sogenannten Panama Papers angekommen, denn die Sache solle mehr sein, als „nur” eine Aufdeckerstory.
Das Problem: Außer den am Recherche-Projekt Beteiligten erhält nach aktuellem Stand niemand Einblick in die Unterlagen – keine anderen Medien, kein Fiskus oder irgendwelche Strafverfolgungsbehörden. Damit ist es dann unerheblich, ob es elf Millionen Seiten an Dokumenten gibt, oder nur elf Zeilen in einer Excel-Tabelle. Die Auswirkungen werden marginal bleiben.
Wir erinnern uns: Vor den Panama Papers gab es schon Offshore-Leaks, Lux-Leaks und Swiss-Leaks. Wir erinnern uns aber kaum noch, ob und welche Konsequenzen es danach gab.
Wir hoffen, dass es dieses Mal zu mehr führt, als zu einer öffentlichen Desavouierung eines isländischen Premierministers, der vor laufender Kamera, auf ihm zugerechnete Briefkasten­firmen angespreochen, vor lauter Panik das Interview abbricht und regelrecht davonläuft.

Informations-Hording vs. -Spreading

Was es braucht, ist ein demokratisierter Zugang zu den offensichtlich theoretisch verfügbaren Daten für jedermann – wie etwa bei WikiLeaks.Dort arbeitet man mehr nach dem Prinzip der Informationsverbreitung statt nach jenem des Informationshortens.

Nur so wird gewährleistet, dass jene, die sich in den diversen Steueroasen die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, vor einem behördlichen Sonnenbrand fürchten müssen.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL