••• Interview: Dinko Fejzuli Text: Martina Berger
WIEN. Es muss die Aufgabe der Media-Analyse sein, der Werbewirtschaft darüber Auskunft zu geben, wie viele Kontakte sie mit welcher Zielgruppe erreichen kann, also einen Leistungsbeweis für eingesetztes Werbegeld”, sagt Thomas Kralinger, Geschäftsführer Kurier Medienhaus. „Durch die Medienkonvergenz sprechen wir alle unsere Leserinnen und Leser sowie Userinnen und User nicht nur in einem Printprodukt, sondern auch in digitalen Erscheinungsformen in allen Medienkanälen und auch im öffentlichen Raum an. Wir bilden also eine für die Werbewirtschaft interessante und vielfältig ansprechbare Community. Ziel einer neuen Media-Analyse muss es daher sein, hier klare und transparente Daten für Zielgruppensegmentierungen für die Werbewirtschaft zu liefern.”
Seine Kritik am aktuellen Zustand der Erhebungsmethode für die Media-Analyse, die aus seiner Sicht einen „dringenden Reformbedarf” hat, fasst der Medienmanager folgendermaßen zusammen: „Unser aller wesentlicher Kritikpunkt ist, dass wir in vielen Bereichen nicht mehr die Repräsentanz in der Bevölkerung erreichen, der Fragebogen zu lang ist, die entsprechende Altersgruppen nicht erreicht werden und wir somit keine relevanten Ergebnisse mehr bekommen. Hinzu kommt, dass wir, je nachdem, wie die einzelne Medienhäuser ihre Print- beziehungsweise Digitalprodukte aufstellen, ganz unterschiedliche Resultate einer in Wahrheit Marken-Reichweite erhalten.”
Print oder online gelesen?
Kralinger ortet hier vor allem das Problem, dass zum einen die Befragten, trotz konkreter Fragen im MA-Fragebogen, nicht mehr unterscheiden, ob sie einen Artikel in Print, online oder auf einem der vielen Social Media-Kanäle konsumiert haben.Deshalb fordert er auch, die Frage, was erhoben wird, anzupassen: „Wir verkaufen immer mehr Kombiprodukte und da ist es für mich völlig selbstverständlich, dass sich diese Art des Medienkonsums in der Erhebung und den Ergebnissen wiederfinden muss.”
Kritik am Fragebogen übt auch tele-Geschäftsführer Hans Metzger: „Dieser Fragebogen ist schlicht und einfach viel zu lang und über die Zeit viel zu überfrachtet ausgebaut worden.” Metzger empfiehlt die Kürzung „auf ein Drittel”, und zwar auf jenen Bereich, bei dem es tatsächlich um die Print-Nutzung gehe.„Kunden investieren ihr Budget in verschiedene Gattungen und wenn sie bei uns inserieren, dann wollen sie auch wissen, welchen Effekt das eben genau im Print-Produkt hat. Das sind oft unterschiedliche Mittel und auf diese Unterscheidung muss auch in der Erhebung Rücksicht nehmen.” Metzger: „Relevant sind in Wirklichkeit die Fragen ‚Haben Sie diese Zeitung gelesen und wann haben Sie sie zuletzt gelesen?'” Ganz viele Details könne man extra abfragen, genau wie Informationen zur Konsumanalyse anderer Medien.
Problem: Fülle an Fragen
Anders als Kralinger glaubt Metzger nicht, dass die Befragten die einzelnen Medien nicht unterscheiden könnten – also wo sie Inhalte konsumiert haben: „Das Problem ist diese unglaubliche Fülle an Fragen, die auf die Menschen einprasseln. Ich glaube nicht, dass ein Abonnent des Standard nicht weiß, ob er die Zeitung in der Hand hat oder sie am Bildschirm liest.”
Mit dem aktuellen Fragebogen geht Metzger dennoch hart ins Gericht: „Ich behaupte, dass kein einziger dieser 15.000 Fragebögen ernsthaft ausgefüllt wird. Sie werden schon ausgefüllt sein, damit die Marktforscher sagen können, es sei alles valide und technisch in Ordnung. Aber es geht um die Inhalte und so viel Zeit nimmt sich kein Mensch.”
Wie auch Kralinger kritisiert Metzger den Umstand, dass vor allem bei den Jungen und der älteren Zielgruppe nicht genug Menschen mit der aktuellen Erhebungsmethode erreicht würden. Der tele-Geschäftsführer zweifelt nicht an, dass wissenschaftlich sauber gearbeitet werde, aber er ist aufgrund der Art, was und wie abgefragt würde sicher, dass „ein falsches Ergebnis herauskommt”.
Wie man es lösen könnte? Metger verweist auf Deutschland: Dort würden Kunden dazu übergehen, vom TKP auf den TAP überzugehen, also den Tausender-Auflage-Preis als Parameter für die eigene Mediaplanung zu verwenden. Ob die Auflage bezahlt oder gratis unters Lesevolk gebracht wurde, ist für Metzger dabei weniger relevant: „Das müssen die Exemplare sein, die im Markt sind. Ob unentgeltlich oder bezahlt, ist für eine Media-Analyse letztlich egal. Diese Unterscheidung ist heutzutage irrelevant und eine tradierte Sichtweise.”
Arbeitsgruppe tagt
In der Tatsache, dass aktuell eine Arbeitsgruppe in der MA damit beschäftigt sei, Reformvorschläge zu erarbeiten, sieht Kralinger eine Möglichkeit, dass jene MA, die kommendes Jahr ins Feld geht, schon mit reformierten Fragebögen starten könnte.
Hans Metzger sieht es ähnlich und meint zusammenfassend: „Ich glaube, dass der Druck zunimmt. Wir haben bei der ÖWA gesehen, dass irgendwann die Fliehkräfte größer sind. Es wird notwendig sein, hier etwas Substanzielles zu verändern. Wenn man sich sehr beeilt, schafft man es vielleicht, für das Jahr 2023 eine deutliche Veränderung vorzunehmen”, so seine Prognose.