Die Coronakrise als Beziehungstest
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MARKETING & MEDIA Redaktion 15.05.2020

Die Coronakrise als Beziehungstest

Sebastian Bayer, VMLY&R Vienna: Warum Marken nach der Coronakrise mindestens genauso wichtig sein werden wie davor.

Gastkommentar ••• Von Sebastian Bayer

Kaum ein Mensch, der sich nicht aktuell fragt, was die Krise mit uns als Menschen, uns als Gesellschaft – und für uns alle aus fachlicher Sicht natürlich besonders interessant – mit unseren Marken tun wird. Gehen bei den generellen Prophezeiungen die Meinungen doch sehr deutlich auseinander – von „es wird sich am Ende fast nichts ändern” zu „alles wird anders” –, ist es im Falle der Marken sehr angenehm, auf gesichertes Wissen zurückgreifen zu können.

Die aktuellen Zahlen des Brand­Asset Valuators (BAV) erlauben mir, Ihnen einen Einblick in die grundlegenden Entwicklungen zu ermöglichen. Es zeigt sich deutlich, dass Marken, die es geschafft haben, eine echte Verbindung zu den Menschen aufzubauen, krisenresistenter sind als andere. Wenn ich als Marke zum Leben der Menschen dazugehöre und eine Beziehung mit ihnen aufgebaut habe, dann nehme ich auch in schwierigen Zeiten einen besonderen Platz ein.
Man kann sich das fast so vorstellen, wie den Kreis der guten Freunde, die man hat – im Gegensatz zum erweiterten Bekanntenkreis, den man in normalen Zeiten pflegt. Wenn Sie an sich selbst denken, wird Ihnen auch auffallen, dass Sie während der letzten Wochen vermehrt Kontakt zu Menschen hatten, die Ihnen wirklich wichtig sind und mit denen Sie besondere Erlebnisse teilen, wohingegen andere vielleicht ganz aus Ihrem Bewusstsein verschwunden sind. Genauso verhält es sich mit Marken. Wir sehen, dass Marken, die den Menschen Halt geben, an Stärke zulegen konnten. Eigenschaften wie vertrauenerweckend, liebenswürdig, sympathisch und ehrlich sind ganz hoch im Kurs. Und Beziehungen entstehen und festigen sich durch bleibende Erlebnisse. Im Rahmen einer durchdachten Brand Experience-Strategie – die die wichtigsten Berührungspunkte umfasst – in diese Beziehung zwischen Ihren Kunden und Ihrer Marke zu investieren, ist also auch eine langfristige Investition in Ihre Unternehmensstärke.
Doch was gilt es jetzt unmittelbar zu tun? Im Folgenden finden Sie vier grundsätzliche Gedanken zu einem Erfolg versprechenden Agieren in der ­Krise.

Ruhe und Souveränität

Lassen Sie sich von den aktuellen Unsicherheiten nicht zu sehr beherrschen. Erhöhte Aufmerksamkeit ist gut – Panik ist schlecht. Verfolgen Sie weiter Ihre langfristigen Strategien, vertrauen Sie auf das, was Sie stark gemacht hat, und adaptieren Sie wo nötig Ihre Strategie. Im Geschäftsleben und insbesondere beim Markenaufbau geht es um die große Perspektive – lassen Sie sich nicht von einem vorübergehenden Unwetter vom Kurs abbringen. Strahlen Sie mit Ihrer Marke gerade jetzt Sicherheit und positive Aussichten aus.

Keine Kurzschlussreaktionen

Preissenkungen und sonstige hauruck Kurzfrist-Strategien schwächen Ihre Marke und Ihr Unternehmen mittel- und langfristig. Unzählige Studien – darunter auch eine 10-Jahres-Betrachtung des VMLY&R BrandAsset Valuator vor und nach der Finanzkrise 2008 – zeigen, dass Unternehmen, die in der Krise die Hose runterlassen, sehr lange brauchen – wenn sie es überhaupt schaffen –, ihre (Preis-)Glaubwürdigkeit je wiederherzustellen. Ihre Position und Wahrnehmung haben Sie sich hart erarbeitet – setzen Sie diese nicht leichtfertig aufs Spiel, wenn Sie nicht unbedingt müssen! Das Gesagte gilt übrigens auch außerhalb von Krisenzeiten, denn die Marke ist es, die Sie insgesamt stark macht und die der wichtige Anker für Ihre Mitarbeiter und Kunden ist.

Bleiben Sie Ihrer Marke treu

Behaupten Sie jetzt nicht Dinge, die Sie vorher nicht behauptet haben, sondern orientieren Sie sich an Ihrer Markenstory und Haltung. Wenn Sie diese nicht fassen können, dann sollten Sie sich sowieso darum kümmern – Krise hin oder her.

Fragen Sie sich ehrlich: Könnten Sie Ihre Markengeschichte in einem Satz erzählen? Was macht Sie einzigartig und ist gleichzeitig für die Menschen wichtig?
Die aktuelle Situation ist außerordentlich gut dafür geeignet, diese Geschichte zu stärken und sie den Menschen in der richtigen Art und Weise begreiflich zu machen. Fragen Sie sich, wie Sie jetzt – zu Ihrer Marke passend – helfen könnten.

Es geht weiter um Emotionen

Schon in „normalen” Zeiten sind wir viel zu sehr bemüht, über Angebote, Produkte, Benefits und so weiter und so fort zu sprechen. Nähern Sie sich jetzt und in nächster Zukunft (und wann immer Sie können) den Menschen auf menschlicher Ebene. Eine Marke aufzubauen, ist mehr, als rationale Angebote zu machen, die für Ihre Kunden vermeintlich attraktiv sind – es geht darum, bei den Menschen ein Gefühl der Verbindung, ja der Beziehung zur Marke aufzubauen.

Wenn Sie echte Emotionen auslösen, haben Sie die Chance, etwas viel Wertvolleres aufzubauen: Wertschätzung der Menschen für das, was Sie tun und für das, was Sie sind – und dafür steht im Optimalfall dann Ihre Marke als Ganzes.

Es gibt ein Leben nach Corona

Also – cutten Sie nicht Ihre Budgets, sondern investieren Sie weiter! Erzählen Sie Ihre Geschichte gerade jetzt und beeindrucken Sie die Menschen mit dem, was Sie ausmacht. Sie werden lange davon profi­tieren!

Sollten Sie mehr über Ihre Marke und wie Sie gerade dasteht, wissen wollen, dann könnten wir dafür gemeinsam in die größte Marken-Studie der Welt, den BAV, schauen.
Die aktuellen Zahlen – inklusive Corona-Implikationen – gibt es ab der kommenden Woche.

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