Die vorletzten Tage der Menschheit
MARKETING & MEDIA Redaktion 03.05.2019

Die vorletzten Tage der Menschheit

Jedem Tierchen sein Pläsierchen: Der Umgang des Menschen mit drohenden Katastrophen.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

HALBFINALE. Dass, weil die letzten zehn prognostizierten Weltuntergänge nicht eingetroffen sind, auch der nächste nicht stattfindet, ist mit den Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht belegbar. Im Februar 2029 jedenfalls, so berichten Nachrichtenagenturen, wird der Asteroid Apophis der Erde so nahe kommen, dass man ihn mit freiem Auge sehen wird können. Er nähert sich der Erde auf bis zu 31.000 Kilometer. Zum Vergleich: Der handelsübliche Wettersatellit ist in 36.000 Kilometern Höhe unterwegs. Was der Berichterstattung derzeit fehlt, ist eine halbwegs angemessene Hysterie. So neu ist das Szenario „Weltuntergang” natürlich nicht. Aber wir hatten wirklich schon spannendere Prologe zu ähnlich gearteten Ereignissen.

Manchmal sind es, das wäre ein Erklärungsmodell, die Fakten, die den Emotionen im Wege stehen. Hier eine Liste von durchaus als bedrohlich wahrgenommenen Weltuntergangsdaten, die, sagen wir, eher esoterischen Ursprungs waren: Mormonen-Gründer Joseph Smith verkündete den Weltuntergang für 1891. Der Halleysche Komet leitete ihn für 1910 ein. Auf 1914, dann auf 1925 legten sich die Zeugen Jehovas einst fest. Zum Jahreswechsel 1999/2000 führte „Y2K” , der „Millennium Bug”, weltweit zu Hamsterkäufen, und am 21. Dezember 2012 verbreitete der abgelaufene Maya-Kalender Angst und Schrecken …

Dass der Mensch eher bereit ist, sich von mythischen Unschärfeprognosen einschüchtern zu lassen als von tatsächlichen Bedrohungen, belegt unser Umgang mit dem Klimawandel. Kaum ein Mensch mit einigermaßen funktionstüchtigem Gehirn zweifelt noch an der ­Katastrophe, an der wir basteln. Dennoch löst ein individuell diagnostizierter Vitamin-D-Mangel im Regelfall ernsthaftere Gegenmaßnahmen aus.

„Der Klimawandel ist ein Marktversagen; Kohlenstoff wird nicht mit den ­notwendigen wirtschaftlichen Kosten belastet”, sagt ­Ryan Smith von Kames Capital. Mit diesem ­rationalen Lösungsansatz, das steht schon einmal fest, werden wir nicht weiterkommen.

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