WIEN. Angst vor Shitstorms, Regulatorien und das Risiko, Missverständnisse zu erzeugen: Bei der Kommunikation über digitale Kanäle ist die Pharmaindustrie grundsätzlich noch sehr zurückhaltend. Bei der Digital Innovation Session der Cope Content Performance Group präsentierten Experten von Kwizda Pharmahandel und Schwabe Austria vor 70 Gästen Use Cases, wie die Pharmaindustrie digitale Kanäle als Chance nutzen kann - um sowohl Patient als auch Health Care Professionals (HCP) anzusprechen.
„Pharma- und Gesundheitsmarketing orientiert sich zunehmend an Ansätzen des Konsumgütermarketings“, so Nicola Dietrich, Chief Strategy Officer bei Cope, die durch die Veranstaltung führte: „Die Kommunikation muss dort stattfinden, wo die Zielgruppe erreichbar ist. Und digitale Kanäle haben einen hohen Stellenwert für HCPs und Patient.“ Auffällig bei allen Use Cases ist, dass dabei weder der Unternehmensnamen noch konkrete Produkte im Vordergrund stehen.
Information vor Werbung
„Digitale Kommunikation zu Gesundheitsthemen findet bereits statt“, betont Viktoria Wimmer, Social-Media-Managerin und Produktmanagerin bei Schwabe Austria. Die Frage ist nur wie: Da wird das in Hustensaft gekochte Huhn zum Tik-Tok-Trend, da geben Fitness-Influencer "Tipps", die mehr schaden als nutzen. „Nur dort, wo wir präsent sind, können wir gegensteuern, indem wir qualifizierte Inhalte liefern“, so Viktoria Wimmer. Das Ziel von Schwabe ist, eine vertrauenswürdige Informationsquelle zu Gesundheitsthemen zu schaffen und die Gesundheitskompetenz der User zu steigern. Mit "Phytofluencer" auf Instagram ist es dem Unternehmen gelungen. Im Frühling 2022 wurde der Kanal über moderne Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) gelauncht. Aktuell steht er bei knapp über 3.600 Follower - eine Community, die sehr aktiv ist. „Um Vertrauen aufzubauen. soll der Fokus auf Information liegen, frei von Produktwerbung.“, meint Viktoria Wimmer. Gehostet wird der Kanal von Lilly, einem Avatar, der von Schwabe sogar “zum Leben” erweckt wurde. Lilly ist nun animiert und kann auch sprechen. „Protagonisten, die Leidenschaft für die Themen mitbringen, müssen nicht zwangsweise eine echte Person sein. Es darf auch ein Avatar sein“, betont Nicola Dietrich.
Keine Angst vor der Angst
Angst ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen, nur keiner will darüber sprechen. „Die Hürde ist sehr hoch, um preiszugeben, dass man an Angst leidet“. betont Viktoria Wimmer. Also hat Schwabe mit "Keine Angst vor der Angst" eine Awareness-Kampagne gestartet, um das Tabu-Thema aufzubrechen und Betroffenen zu vermitteln, dass sie nicht allein sind. Der Content wird mittels Multichannel-Strategie veröffentlicht und beworben, Herzstück der Kampagne ist eine eigene Website sowie ein Dossier, das über die Online-Plattform einer renommierten Medienmarke ausgespielt wird. „Native Advertising und Sponsored Content eignen sich für Awareness-Kampagnen perfekt - besonders, wenn Marke oder Produkt nicht im Vordergrund stehen“, erklärt Nicola Dietrich. Der von Schwabe zum Thema Angst gelaunchte Podcast erzielte bereits 110.000 Downloads. „Man sieht: Das Thema wird gebraucht“, so Viktoria Wimmer.
Einzigartige "All-in-One"-Lösung
Vor etwa 15 Monaten waren Lieferengpässe bei Medikamenten das bestimmende Thema nicht nur in der Pharmaindustrie, sondern vor allem auch bei Betroffenen und Patient. Mit APOScout entwickelte Kwizda Pharmahandel eine innovative App, die in nahezu Echtzeit weiß, wo das gesuchte Medikament lagernd ist. „Wir wollten nicht nur eine Lösung für Endverbraucher, sondern auch Partner der Apotheken vor Ort sein“, meint Birgit Weber, Marketing- und Vertriebsleiterin bei Kwizda Pharmahandel. Mit APOScout können Apotheken nicht nur neue Kund gewinnen. Wie das Feedback aus der Praxis zeigt, arbeiten Apotheken durch die App auch verstärkt zusammen, um für die Kund gemeinsam eine Lösung zu finden. APOScout ist die einzige App mit "All-in-One"-Lösung: Man kann nicht nur nach Medikamenten suchen, sondern auch die Verfügbarkeit in den Apotheken abrufen. Sie hat eine Kartenfunktion (wie weit ist die Apotheke entfernt), bietet eine direkte Kontaktmöglichkeit zur Apotheke sowie Informationen über wirkstoffgleiche Präparate. Im Februar 2024 wurde der Rollout in Wien mit einer Pressekonferenz eingeleitet, was zu einer beeindruckenden Medienpräsenz führte. Nur wenige Monate später fand die Ausweitung auf ganz Österreich statt. Aktuell verzeichnet die App bereits über 40.000 Downloads, und das noch ganz ohne zusätzliche Werbung - ein eindrucksvoller Erfolg für diese innovative Lösung.
Win-Win-Situation mit Corporate Influencern
Etwa 17.000 Follower hat Dr. Fritz Gamerith, Geschäftsführer von Schwabe Austria, auf seinem LinkedIn-Kanal. Er ist aber nur einer von fast 20 Corporate Influencern bei Schwabe Austria. Das Projekt wurde 2020 gestartet, um die Bekanntheit des noch relativ neuen Markennamens zu steigern und sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Während bei anderen Unternehmen überwiegend die Firmenthemen im Mittelpunkt auf deren LinkedIn-Kanälen stehen, setzte Schwabe auf Corporate Influencer. „Menschen sollen mit Menschen kommunizieren“, so Dr. Fritz Gamerith. Mitarbeitende aus den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen geben Einblicke in ihren Berufsalltag zu Themen nach eigener Wahl. Die Grafikerin, die über die kunstvolle Illustration von Pflanzen schreibt, HR-Themen, Fachwissen zu Heilpflanzen: So entstand ein bunter Strauß an Content. „Es ist eine Win-Win-Situation“, betont Dr. Fritz Gamerith. Corporate Influencer haben mehr Nähe zu den User und eine höhere Glaubwürdigkeit, von denen das Unternehmen profitieren kann. Sie selbst können aber auch eine eigene Personenmarke aufbauen und ziehen Nutzen von hochwertigen Social-Media-Coachings durch Schwabe. Etwa drei Viertel der Reichweite auf LinkedIn erzielt Schwabe über die Corporate Influencer (organisch), lediglich ein Viertel erzielt die Company Page (organisch und paid). Die Corporate Influencer haben auch eine Wirkung nach innen. „Bei dem Projekt haben alle an einem Strang gezogen, dadurch entsteht ein besonderer Spirit in der Firma“, so Dr. Fritz Gamerith. „Es haben dadurch aber auch viele Mitarbeitende gesehen, dass wir in die digitale Zukunft gehen.“
Die nächste Digital Innovation Session findet am 27. November 2024 statt. Nähere Infos folgen auf Copegroup.com.