Ein One-to-many-Medium
© Thomas Peintinger
Wolfgang Pernkopf
MARKETING & MEDIA Redaktion 19.04.2024

Ein One-to-many-Medium

Wolfgang Pernkopf, Sales Director TV & Advanced TV bei Goldbach, über aktuelle Studienergebnisse zur Nutzung von Connected TV (CTV).

••• Von Dinko Fejzuli

Die Werbevermarkterin Goldbach Group führte im Jänner 2024 ihre D-A-CH-Studie zur Nutzung und Verbreitung von Advanced TV – der internetbasierten Ausspielung von TV-Inhalten – durch (media­net berichtete). Aus gegebenem Anlass fragten wir bei Wolfgang Pernkopf, Sales Director TV & Advanced TV und stv. Managing Director Sales bei Goldbach, um einige Insights nach.


medianet:
Herr Pernkopf, aus Ihrer Sicht – was sind die interessantesten Insights der Studie?
Wolfgang Pernkopf: Was die Studie zum Beispiel klar belegt, ist, dass es sich bei Connected TV (CTV) um ein One-to-many-Medium handelt, bei dem durchschnittlich 2,2 Personen gemeinsam CTV/Smart TV-Geräte nutzen. Die Verankerung von CTV in der Medienlandschaft ist deutlich: 50 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer schalten wöchentlich ein, während 25 Prozent es sogar täglich nutzen. Die Verweildauer auf dem CTV/Smart TV ist de facto gleichauf mit dem linearen Fernsehen, was seine feste Etablierung in der Mediennutzung bestätigt. Zudem bevorzugen die Nutzer kostenlose Inhalte, wobei zwei Drittel bereit wären, dafür Werbung zu akzeptieren. Dies unterstreicht das große Potenzial für Werbetreibende, da Werbung auf CTV zunehmend effektiver wird.

medianet:
Interessant sind nicht nur die Ergebnisse in Richtung bei den Nutzerinnen und Nutzern. Was sind denn die wesentlichen Erkenntnis in Richtung potenzielle Werbekundschaft?
Pernkopf: Dass Digital TV zu einem Marketingmix dazugehört bzw. dazugehören muss. Die Relevanz für Werbekunden sollte demnach so hoch sein, wie es für die Nutzerinnen und Nutzer bereits ist. Leider ist das noch nicht so, wir haben noch massiven Aufholbedarf hier in Österreich.

Aktuell wird noch unverhältnismäßig viel Budget in klassischen Medien ausgegeben, obwohl diese nicht mehr in dem Ausmaß genutzt werden. Ich spreche hier nicht von ein paar Prozent auf oder ab, der Unterschied ist eklatant. Laut unseren Schätzungen machen die Bruttospendings auf Streaming Angeboten am Big Screen in Österreich derzeit nur ca. ein Prozent der Spendings im linearen TV-Bereich aus. Die Verteilung der Werbeausgaben müsste sich nach dem Motto ‚Advertising follows the Customer' eigentlich viel schneller der Nutzungsverteilung angleichen. Mit dem Start von Werbung auf Amazon Prime werden die Ausgaben im CTV gesamt gesehen bestimmt steigen. Wichtig ist aber für die Werbewirtschaft, zu erkennen, dass Plattformen wie Pluto TV, Samsung TV Plus, Dazn usw. ein mindestens genauso großes Potenzial bieten, inkrementelle Reichweiten von TV-Kampagnen deutlich zu steigern.


medianet:
Welche Österreich-spezifischen Ergebnisse gibt es?
Pernkopf: Generell hält sich Österreich gut im Mittelfeld, das heißt die durchschnittlichen Werte für die gesamte D-A-CH-Region spiegeln weitgehend auch die Antworten der österreichischen Befragten wider. Bei einem genaueren Blick auf die Ländervergleiche fallen jedoch einige kleinere Unterschiede auf.

So wird in Österreich der Smart TV selbst als Internet-Zugang häufiger als im D-A-CH-Durchschnitt genutzt, Streaming Sticks und Spielkonsolen sind etwas beliebter als Streaming Boxes. Dabei ist Magenta TV mit 39 Prozent die am häufigsten genutzte Streaming-Box, gefolgt von Apple TV Box, Amazon Fire Cube, A1 Xplore TV und Sky Q.
Die Verweildauer ist sowohl bei der Nutzung der Zusatzfunktionen am TV-Gerät als auch der linearen TV-Nutzung in Österreich mit zwei Stunden und sieben Minuten bzw. zwei Stunden und 33 Minuten leicht geringer als im D-A-CH-Durchschnitt. Deutschland weist hier eine höhere Zeitspanne auf als die beiden anderen Länder.


medianet:
Wo gibt es Unterschiede?
Pernkopf: Ein deutlicher Unterschied zeigt sich in der Art des TV-Empfangs: In Österreich erfolgt der Empfang zu 42 Prozent über Satellit, was über dem D-A-CH-Durchschnitt von 31 Prozent liegt, während Kabel mit 39 Prozent weniger verbreitet ist als im D-A-CH-Gesamtdurchschnitt von 41 Prozent. Trotzdem steht der TV-Empfang über Internet in allen drei Ländern an erster Stelle, mit 50 Prozent in Österreich und 52 Prozent in der gesamten D-A-CH-Region.

medianet: Was fällt noch auf?
Pernkopf: Auffällig ist auch, dass 45 Prozent der österreichischen CTV-Nutzerinnen und -Nutzer mit dem laufenden TV-Programm auf dem Startbildschirm beginnen, wenn sie ihr TV-Gerät einschalten – ein Wert, der den D-A-CH-Durchschnitt von 41 Prozent übersteigt. Darauf folgt die Benutzeroberfläche des Smart TVs mit 28 Prozent gegenüber 29 Prozent im D-A-CH-Raum. Diesem Bedarf wird das Angebot von Goldbach auf den Start-Screens aller Samsung-Geräte gerecht.

Was die tägliche Nutzung von Zusatzfunktionen angeht, so liegt Österreich ebenfalls vorne: 42 Prozent der Befragten nutzen täglich Apps und VOD-Dienste, verglichen mit 40 Prozent in der D-A-CH-Region. Auch die Nutzung von Apps unterscheidet sich leicht. So wird hierzulande zwar wie auch im gesamten D-A-CH-Raum Net-flix von den meisten Befragten genutzt – nämlich 59 Prozent in Österreich versus 63 Prozent D-A-CH –, jedoch dicht gefolgt von Amazon Prime Video mit 56 Prozent (im Vergleich zu 47 Prozent D-A-CH) und YouTube an dritter Stelle (54 Prozent Österreich vs. 56 Prozent D-A-CH). Es folgen in Österreich die ORF TVthek und Disney Plus.


medianet:
Und wie sieht es mit kostenpflichtigen Apps aus?
Pernkopf: In der Nutzung von kostenpflichtigen Apps gibt es generell einen Unterschied. Hier liegt Österreich mit 2,2 Apps pro Nutzerin und Nutzer hinter dem Durchschnitt von 2,5 Prozent. Auch die monatlichen Ausgaben für Apps sind in Österreich mit durchschnittlich 29 Euro pro Nutzer geringer im Vergleich zu 36,20 Euro/CHF in der D-A-CH-Region.

Die Werbewahrnehmung im CTV-Umfeld liegt in Österreich aktuell bei 48 Prozent und ist damit um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Wir sehen also, dass Advanced-TV-Werbung immer effektiver wird.


medianet:
Ein Ergebnis zeigt, das vor allem Smart TV als Zugang mit 75 Prozent bei der Zielgruppe hohe Beliebtheit genießt – in Wahrheit für TV-Content-Anbieter ein optimales Ergebnis.
Pernkopf: Auf jeden Fall. Man sieht das klar an Partnern wie Warner Bros. Discovery, die ihre Inhalte von HBO, einem der größten und erfolgreichsten Content-Anbieter weltweit, schon erfolgreich über ihre App direkt an die Zuseherinnen und Zuseher liefern und nicht mehr nur ausschließlich über Broadcaster.

Auch unser anderer internationaler Portfoliopartner Paramount hat erkannt, dass sein Content auf unterschiedlichen Kanälen ohne Umweg an die Nutzerinnen und Nutzer gebracht werden und es dafür unterschiedliche Modelle geben kann. So holt Paramount mit Pluto TV (Gratis-Angebot) und Paramount+ (Abo-Modell) gleich zwei unterschiedliche Nutzungs-Zielgruppen direkt ab.
Wir als Vermarkterin des gesamten buchbaren Portfolios von linearem TV, über Lösungen wie Addressable TV und DAI bis hin zu Streaming-Plattformen und schließlich klassischen Websites profitieren von einer höheren Gesamtreichweite unserer Partner.


medianet:
Auffallend ist auch die hohe Nutzung von CTV in Haushalten mit Kindern. Im Hinblick auf die immer schwieriger zu beantwortende Frage, wie man junge Zielgruppen erreicht – welches Potenzial sehen Sie hier aus Vermarktersicht?
Pernkopf: Insgesamt 51 Prozent der Connected TV-Zuschauer nehmen Werbung im Connected TV-Umfeld wahr. Damit ist die Werbewahrnehmung im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent erneut gestiegen. Bei Haushalten mit Kindern liegt die Werbewahrnehmung sogar bei 56 Prozent.

Ich glaube, dass hier auch das kostenlose und vor allem brandsafe Umfeld den Ausschlag gibt. Eltern können ihre Kinder mit ruhigem Gewissen diese Inhalte schauen lassen, ohne Angst haben zu müssen, dass sie in zwei bis drei Klicks auf ungeeigneten Inhalten landen. Werbung in diesem Umfeld hat definitiv bereits einen Vertrauensvorschuss im Vergleich zu Plattformen wie z.B. YouTube.
Auch hier gilt: Gewohntes Programm, beliebte Sendungen können heute über unterschiedliche Wege konsumiert werden, es bleiben trotzdem immer dieselben Sendungen und Lieblings­charaktere. SpongeBob etwa kann über sowohl linear auf Nickelodeon angeschaut werden als auch eins zu eins auf der Plattform Pluto TV. Die gewohnte Umgebung des klassischen TV Umfelds wird einfach zeitlich versetzt und individuell genutzt. Das vertrauenswürdige (Werbe-)Umfeld ändert sich damit nicht.


medianet: Noch eine Frage zur Kombi Smart TV und Werbung. Manche sagen, dass durch neue Vermarktungsmöglichkeiten via CTV & Co. Onlinewerbung quasi eine Rückkehr auf den großen Bildschirm erlebe. Lässt sich das so überhaupt sagen?
Pernkopf: Connected TV schließt als gemeinsam genutztes ‚Lager­feuer'-Medium auf das lineare Fernsehen stetig auf – wie erwähnt handelt es sich um ein klassisches One-to-many-Medium. Je mehr Menschen in einem Haushalt leben, desto größer ist natürlich auch die durchschnittliche Nutzungsfrequenz des an das Internet angeschlossenen TV-Geräts und die Wahrscheinlichkeit, dass der Content am CTV nicht von einzelnen Personen, sondern gemeinsam konsumiert wird. Damit lässt sich Reichweite erzielen.

Die Digitalisierung hat nun auch final den beliebtesten Bildschirm im eigenen Zuhause erreicht. Große Anbieter sind nun auch in Österreich eingestiegen und bieten Werbung an. Das hat schlichtweg noch gefehlt, um dem Thema Werbung am digitalen TV nun hoffentlich den großen Anschub zu geben. Wie bereits erwähnt, sind wir hier am Anfang im Vergleich zur Nutzungsintensität.
Hinzu kommt, dass auch junge Zielgruppen sich ab einer gewissen Lebensphase, z.B. nach dem Studium, bei Jobeintritt usw. ein TV-Gerät in ihrer Wohnung leisten möchten, um Content in optimaler Atmosphäre konsumieren zu können.
Der TV-Bildschirm ist nun einmal der größte Screen im privaten Bereich und generiert die größte Werbewahrnehmung. Und er ist zu einem eindeutigen Teil an das Internet angeschlossen und wird auch so genutzt. Das belegt unsere Studie eindeutig. Das alles zusammen macht den Big Screen und Advanced TV-Werbung so relevant und unverzichtbar.


medianet:
Zum Schluss – welche Rolle spielt CTV als Erlösquelle bei der Goldbach und welches Potenzial sehen Sie hier noch?
Pernkopf: Wir sprechen in Zusammenhang mit CTV-Produkten von Advanced TV-Werbung – diese umfasst standardisierte Angebote wie CTV Spots, Addressable TV, DAI-Spots, die Premium Sport-Plattform Dazn sowie Samsung Ads Masthead, die als Erlösquelle immer stärker in den Fokus rücken. Wir waren hierzulande Pioniere im Bereich Advanced TV und entwickeln uns ständig weiter, lernen aus den vielen Erfahrungen, die wir bisher in diesem Vermarktungssegment bereits gemacht haben und sehen uns auf dem richtigen Weg, hier weiterhin erfolgreich reüssieren zu können.

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