Gastkommentar ••• Von Peter G. Kirchschläger
WIEN. Die Daten von Usern sind für das gegenwärtige Marketing die Rohdiamanten, die, kompetent analysiert, zu geschliffenen Diamanten werden. Aus ethischer Perspektive ist es möglich, Daten fürs Marketing zu nützen, um wirtschaftlich erfolgreich und innovativ zu sein, gleichzeitig aber auch nichtdiskriminierend und nicht rassistisch zu arbeiten und so einen Beitrag zur Realisierung der Menschenrechte zu leisten.
Privatsphäre vs. Daten
Im Zuge der digitalen Transformation und des Einsatzes von datenbasierten Systemen werden besonders das Menschenrecht auf Privatsphäre und Datenschutz verletzt. Dabei steht nichts weniger als die Freiheit auf dem Spiel; CMOs und Marketingleiter tragen hier eine Verantwortung für Menschenrechte, die sie für sich selbst ja selbstverständlich in Anspruch nehmen.
Aus für gutes Marketing?
Bedeutet dies das Ende des erfolgreichen und wirtschaftlich profitablen Marketings? Auf keinen Fall! Zweckgebundene Datenverwendung erweist sich hier als Lösung. Der Ansatz geht vom oben genannten Recht als Voraussetzung aus.
Gleichzeitig ermöglicht er die menschenrechtsbasierte intensive Nutzung von Daten. Zur Veranschaulichung dient folgende Analogie: Wenn man zu Ärztinnen und Ärzten geht, gibt man auch persönlichen Daten an, damit diese wissen, wen sie vor sich haben, und teilt ihnen die eigene Krankheit mit, um Heilung zu erfahren, ohne dass die Ärztinnen und Ärzte diese Daten weiterverkaufen dürfen, noch dass man als Patient das Angebot unterbreitet bekommt, diese Daten zu verkaufen, um eine bessere medizinische Behandlung zu erhalten.
Ärzte müssen das Patientendossier mit der Krankengeschichte streng vertraulich aufbewahren – ausschließlich zum Zweck einer besseren Behandlung der Patienten. Auch besteht die Möglichkeit der Weitergabe vollkommen anonymisierter Daten zu Forschungszwecken, sofern die Patientinnen und Patienten dieser Weitergabe informiert zustimmen.
Was in einem unserer Lebensbereiche vollkommen unabdingbar ist, gehört im Marketing (noch) nicht zum Verhaltensstandard. Diejenigen Marketer, die sich aber jetzt bereits um die Einhaltung der Menschenrechte kümmern, werden in Zukunft bei den Konsumenten die Gewinner sein.
Peter G. Kirchschläger ist Professor für Ethik und Leiter des Instituts für Sozialethik an der Universität Luzern.