Generation Corona chillt bevorzugt analog
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MARKETING & MEDIA Redaktion 25.06.2021

Generation Corona chillt bevorzugt analog

Österreichische Teens und Twens haben (vorläufig) von digitaler Kommunikation die Nase voll.

••• Von Britta Biron

WIEN. Jugendliche und junge Erwachsene haben in ihrer Freizeitgestaltung Nachholbedarf, vor allem, was Kontakte im „Präsenz-Modus” betrifft: 69% der Teilnehmer an der Leisure is Pleasure-Umfrage des Instituts für Jugendkulturforschung genießen es, mit Freunden und Freundinnen einfach nur gemütlich zusammensitzen und sich unterhalten zu können. 68% wollen in der Freizeit mit den Freunden und Freundinnen gemeinsam etwas unternehmen. Von digitaler Kommunikation, die in den Lockdowns die nahezu einzige Möglichkeit war, Kontakte zu halten, haben die Teens und Twens mittlerweile genug: Für lediglich 24% gehören Video­chats zu ihren bevorzugten Freizeitaktivitäten.

Wenig Bock auf Events

Auch nichts tun und relaxen, hinaus in die Natur gehen oder sich ganz auf die eigenen Hobbies und Interessen konzentrieren liegen im Ranking der nicht-medienbezogenen Freizeitgestaltung bei 16- bis 29-Jährigen weit oben.

Aktivitäten, die in den vergangenen Monaten die öffentliche Debatte rund um eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten dominierten, wie Fitnesstraining, Eventbesuche oder Shopping-Touren, sind hingegen nur für rund ein Drittel Befragten attraktiv und belegen im Beliebtheitsranking damit bemerkenswerterweise lediglich das untere Mittelfeld.
Ein Jahr Pandemieerfahrung hinterlässt, wie die Studie zeigt, auch in den Selbstkonzepten junger Menschen Spuren: Der Anteil derer, die sich als gesellig-extrovertiert beschreiben, ist rückläufig: Im Herbst 2019, also vor der Pandemie, lag er bei 47%, im Frühjahr 2021 kommt der Typus der Gesellig-Extrovertierten hingegen nur mehr auf 40%. Die Gruppe derer, die sich als intro­vertiert und zurückgezogen, aber nicht einsam bezeichnet, ist anteilsmäßig hingegen stabil geblieben.
„Was aber auffällt, ist, dass sich ein Gutteil der Introvertierten nach einem Jahr Corona-Pandemie mit erstaunlich hoher emotionaler Distanz gegenüber der Gesellschaft der Altersgleichen positioniert”, erklärt Beate Großegger, wissenschaftliche Leiterin und stv. Vorsitzende des Instituts für Jugendkulturforschung. Immerhin rund zehn Prozent der Befragten aus den unteren Bildungsschichten fühlen sich nach einem Jahr unfreiwilliger Distanzierung zunehmend sozial entkoppelt und sagen: „Ich kann mit den Leuten, die rund um mich sind, nichts anfangen und fühle mich manchmal ein bisschen einsam.”

Musik on Top

Der Medienkonsum spielt in der Freizeit weiterhin eine wichtige Rolle. Musik hören (65%), Streamingdienste (60%) und YouTube (57%) wurden von den Studienteilnehmern am häufigsten genannt. Lineares Fernsehen, Lesen und der Kinobesuch rangieren im Ranking der Freizeitaktivitäten im Mittelfeld. Überraschend schlecht schneidet Social Media ab. Facebook, Twitter & Co rangieren auf der Beliebtheitsskala nur knapp vor Religion und Politik an drittletzter Stelle.

Gesunder Egoismus

Die Studie zeigt, dass Covid-19 nicht nur Auswirkungen auf die Freizeitbedürfnisse und Freizeitkulturen junger Menschen hat, sondern auch die sozialen Orientierungsmuster verschoben hat. Bei der Umfrage vor einem Jahr war ein deutlicher Schub an Gemeinsinn, verbunden mit einer Abkehr von ausgeprägt individualistischen Lebensphilosophien, zu beobachten. Davon ist wenig geblieben.

„Bei den meisten ist nach einem Jahr Pandemie die Luft draußen. Sie sind um ihre Lebenschancen besorgt, fühlen sich erschöpft und konzentrieren ihre Energien auf sich selbst. Selbstbehauptung, Eigenverantwortung und Rückzug ins Private markieren Leitwerte, mit denen Jugendliche und junge Erwachsene den Weg aus der Krise suchen. Dabei verbinden sie durchaus Widersprüchliches: Sie positionieren sich selbstbewusst als erfolgsorientierte Neustarter, pflegen fernab von Ausbildung und Beruf aber die Lebensphilosophie rückzugsorientierter Privatiers”, so Groß­egger abschließend.

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