MOUNTAIN VIEW/BERLIN. Der Streit zwischen Google und deutschen Verlagen über die Veröffentlichung von Pressetexten im Internet steuert auf einen Showdown zu. Das Landgericht Berlin hat für morgen, Dienstag, ein Urteil angekündigt; die Juristen müssen entscheiden, ob der US-Konzern Online-Inhalte der Medienhäuser nach dem umstrittenen Leistungsschutzrecht verwertet und, wie von den Verlagen gefordert, Geld dafür zahlen sollte.
Wenn die Richter dies verneinen, könnte das viel kritisierte Gesetz faktisch gescheitert sein. Gibt das Gericht der Klage von Axel Springer, Handelsblatt & Co, jedoch statt, würden die Pressehäuser Auskunft über Google-Umsätze in Deutschland und dann Schadenersatz fordern. So oder so - Experten erwarten einen jahrelangen Rechtsstreit.
Im Kern dreht sich der Konflikt um das seit August 2013 geltende Leistungsschutzrecht: Auf der einen Seite steht die Verwertungsgesellschaft VG Media mit einigen Verlagen wie dem "Bild"- und "Welt"-Herausgeber Springer, die für die Verwertung ihrer Pressetexte im Internet Geld sehen wollen. Suchmaschinen wie Marktführer Google wollen aber nicht zahlen; sie argumentieren, dass sie Nutzer auf die Webseiten der Verlage leiten und diesen damit zu Werbeeinnahmen verhelfen.
Der zuständige Richter Peter Scholz hat sich im Februar kritisch zu dem Gesetz geäußert. "In meinen Augen ist das ein sehr schlecht gemachtes Gesetz, das viele Frage aufwirft." Scholz könnte dem Vorhaben vorerst die Luft rauslassen - wenn er entscheidet, dass das Gesetz noch vor dem In-Kraft-Treten der EU-Kommission hätte vorgelegt werden müssen. Dann wäre die Regelung null und nichtig und müsste durch ein neues Gesetz ersetzt werden. Die Berliner Justiz könnte ihre Entscheidung allerdings auch an den Europäischen Gerichtshof weiterreichen und würde das Verfahren damit weiter verlängern.
Einer der Knackpunkte ist die Ausnahme, bei der Suchmaschinen wie Google die Texte ohne Zustimmung der Verlage veröffentlichen können. Hier spricht das Gesetz schwammig nur von "kleinsten Textausschnitten". Unklar ist, um wie viele Wörter es sich dabei handelt. Eine dem Gericht vorgelagerte Schiedsstelle hatte ein Limit von sieben Wörtern ins Gespräch gebracht. Scholz bezeichnete eine Wort- oder Zeichengrenze als sinnvoll und könnte hier einen Vorschlag machen. Ein Erfolg für die Verlage wäre es, wenn das Gericht das Gesetz für anwendbar hält und einen Tarif vorgibt. Derzeit fordern die Verlage eine Beteiligung von rund sechs Prozent am Google-Umsatz, den sie allein in Deutschland auf jährlich rund fünf Mrd. € bezifferten.
Wie auch immer das Gericht entscheidet, Google und die Verlage dürften den Kampf fortsetzen. Beide Seiten haben signalisiert, bis zur letzten Instanz zu gehen. Während der US-Konzern einen Präzedenzfall vermeiden möchte, heißt es aus dem Kreis der Verlage: "Es ist klar, dass wir weiterklagen würden." Die deutsche Regierung hält sich unterdessen zurück, sie wollte das Gesetz ursprünglich überprüfen, lässt den Zeitpunkt aber offen. (APA/Reuters)
RETAIL
Zukunft des Wiener Modehandels
WIEN. Der Modehandel durchläuft einen tiefgreifenden Strukturwandel. „...
mehr erfahrenarrow_forward 04.11.2024