Hass im Netz und „Gender matters”
MARKETING & MEDIA Redaktion 04.09.2020

Hass im Netz und „Gender matters”

Zur Debatte um Hass im Netz – und das Kreuz mit der geschlechtergerechten Sprache.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

TEMPO. Das Gesetzespaket gegen „Hass im Netz” wurde am gestrigen Donnerstag präsentiert. Es sieht vor, dass Hasspostings künftig leichter geahndet werden – und Betroffene sich rasch, kostengünstig und niederschwellig wehren können. Die ISPA (Internet Service Providers Austria) kommentieren das Paket allerdings kritisch: Der österreichische Alleingang zeuge von einem „schockierenden Mangel an Vertrauen in die Arbeit der EU-Institutionen”. Damit blockiere beziehungsweise kompliziere man ausgerechnet die Entwicklung jener EU-einheitlichen Meldesysteme, „die zur raschen Entfernung von rechtswidrigen Inhalten führen würden”.

Speed kills oft Vernunft – jedoch könnte der heimische Vorstoß letztlich auch ein wenig Öl ins Getriebe der europäischen Beschlussfassung bringen. Wie das hehre ­heimische Vorhaben sich in der Praxis auswirkt, werden die ersten diesbezüglichen Verfahren zeigen.
Die Genderdebatte, konkret: die Gender-Sprache, bekommt einen neuen Spin: Hatten sich bis dato Vertreter der einschlägigen angewandten Linguistik Gefechte zu Binnen-I und Gender-Sternchen geliefert, schlägt jetzt eine bis dato noch nicht öffentlich tätige Gruppierung zurück: Frauen, die nicht aus dem biedermeierlichen oder sprachästhetischen Eck argumentieren. „Im Grunde gibt es nur ein einzig wirklich gutes Argument gegen das Gendern: Es ist leider sexistisch”, schreibt die Schriftstellerin Nele Pollatschek im Berliner Tagesspiegel; pardon: der deutsche Schriftsteller Nele Pollatschek. Denn: „Schriftstellerin” sei „eine Ableitung” und somit „eine Form, die eine Grundform braucht, um überhaupt existieren zu können”. Damit mache man das Geschlecht (eigentlich: die Genitalien) zur wichtigsten Identitätskategorie. Hätte man, so ihr Beispiel, Angela Merkel in den vergangenen 15 Jahren als Bundeskanzler betitelt, wäre in der Köpfen einer Generation, die außer Merkel keine andere Kanzlerin kannte, „der Bundeskanzler” nicht männlich. Sondern weiblich.

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