WIEN. Als Interessenvertretung der europäischen Digitalwirtschaft setzt sich das Internet Advertising Bureau Europe auf EU-Ebene für den Digitalstandort und den fairen Wettbewerb ein. Am 15. März 2019 findet in Wien die erste „Network Next“-Konferenz mit rund 40 Delegierten aus 28 europäischen Ländern statt, bei der unter anderem die Zukunft der programmatischen Werbung, Initiativen zur Qualität und Transparenz von Digitalwerbung und der Umgang mit der drohenden ePrivacy-Verordnung diskutiert wird.
Feehan fordert intensiven Dialog mit der Politik
Am Mittwochabend sprach IAB-Europe-CEO Townsend Feehan über die Gefahren der drohenden ePrivacy-Verordnung und die Folgen des Brexits für den europäischen Digitalstandort. Zu den Erfolgen der österreichischen Bundesregierung im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft meint sie, dass der Dialog der Digitalwirtschaft mit der Politik auf nationaler Ebene unerlässlich sei und Österreich hier ein Vorzeigeland ist. Als europäische Dachorganisation ermutigt das IAB Europe seine nationalen Tochterorganisationen, den politischen Dialog zur ePrivacy-Verordnung auf nationaler Ebene intensiv zu führen. In Sachen ePrivacy-Verordnung verortet sie eine Diskussionsmüdigkeit nach der jahrelangen Diskussion um die Datenschutzgrundverordnung.
ePrivacy-Verordnung spielt US-Digitalgiganten in die Hände
Die unter dem österreichischen EU-Ratsvorsitz gestrichene Gatekeeper-Klausel (Artikel 10) ist noch immer das Kernanliegen bei der Verhandlung über die ePrivacy-Verordnung. Durch den neuen Erwägungsgrund (20a) wurde die Gatekeeper-Idee wiederbelebt. Sie würde weiterhin den Digitalstandort Europa im globalen Wettbewerb benachteiligen. Das Whitelisting durch die Browser würde die überwiegend amerikanischen Hersteller zusätzlich stärken: Durch ihre Marktmacht hätten sie die Möglichkeit, Content-Anbietern strenge Regeln aufzuerlegen und ihre eigenen Spielregeln am Markt zu erstellen, ist man beim iab austria überzeugt.
„Es ist bedauerlich, dass sich die liberalen Parteien auf europäischer Ebene nicht stärker für Informationsvielfalt, Medienpluralismus und freien Zugang zu Inhalten im Internet einsetzen. Medien befinden sich in einem rasanten Transformationsprozess zu Digitalunternehmen. Die ePrivacy-Verordnung kann das Problem der Medienkonzentration weiter fördern. In diesem Zusammenhang wird konsumentenseitiger Datenschutz leider oft über eine demokratische Grundsäule gestellt“, analysiert Feehan die politische Diskussion auf EU-Ebene.
Zwei Währungen für Zugang zu Informationen: Geld oder Daten
Die ePrivacy-Verordnung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass der Zugang zu Inhalten in Netz nicht mehr uneingeschränkt frei ist. Der überwiegende Anteil der Medienanbieter finanziert seine Inhalte und den Journalismus durch Werbung. Künftig werden User vor der Entscheidung stehen, ob sie für werbefreie Inhalte mit Geld bezahlen oder die Ausspielung gezielter Werbung für den kostenfreien Zugang in Kauf nehmen. Ohne finanzielle Grundlage wird die Medienvielfalt in der heutigen Form in Europa nicht mehr zu erhalten sein. Durch das Anbieten einer Bezahl-Alternative würde die Einwilligung zur Ausspielung von datenbasierter Werbung weiterhin eine rechtliche Grundlage haben.
Brexit schadet europäischer Digitalwirtschaft
Die Auswirkungen des Brexits auf die europäische Digitalwirtschaft sind noch nicht in ihrer gesamten Tragweite absehbar. Großbritannien hat zwar die EU-DSGVO umgesetzt, jedoch gibt es kein Abkommen, das den Datenaustausch nach dem Brexit regelt und vergleichbar mit dem „Privacy Shield“ zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union wäre.
Schon jetzt haben zahlreiche international aktive Mediaagenturen ihre europäischen Büros für programmatische Werbung in London angesiedelt. Feehan warnt vor den Problemen, die im Datenaustausch über den Ärmelkanal entstehen können. Das Vereinigte Königreich wird die ePrivacy-Richtlinie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht umsetzen, da sie den nationalen Markt schädigen würde, wodurch es zu Wettbewerbsungleichheit kommen kann. Zusätzlich bietet der Brexit Google, Facebook, Amazon und Co. ein wunderbares Expansions-Umfeld, um größere Einheiten in London außerhalb des regulierten europäischen Marktes zu eröffnen.
Abwanderung von Digitalunternehmen in das Vereinigte Königreich
Die nicht so strengen Regulierungen in Großbritannien werden voraussichtlich expandierende Digitalunternehmen aus der Union abziehen, da sie hier ein besseres Geschäftsumfeld vorfinden und nicht so streng reguliert sind. Insbesondere, wenn ihre Wachstumsmärkte geografisch außerhalb der EU liegen. Dadurch kommt es zu einer weiteren Schwächung der europäischen Digitalwirtschaft.
„Die europäische Digitalwirtschaft muss sich engagieren und geschlossen mit einer Stimme für die Interessen des Digitalstandorts eintreten, um die drohenden Gefahren abzuwehren“, fordert Feehan abschließend.
Über das interactive advertising bureau austria (iab austria)
In der Österreich-Sektion des iab (interactive advertising bureau – Verein zur Förderung der digitalen Wirtschaft) haben sich rund 180 führende Unternehmen der digitalen Wirtschaft organisiert. Sie setzen Maßstäbe für die digitale Kommunikation, unterstützen die werbetreibenden Unternehmen mit Expertise, sorgen für Transparenz und fördern den Nachwuchs. Durch die Vielfalt der Mitglieder aus allen Bereichen der digitalen Wirtschaft, ist der ganzheitliche Blick auf die für die Branche relevanten Themen gewährleistet. Das iab austria ist in ständigem Austausch mit Politik, Öffentlichkeit und anderen Interessensgruppen. (red)
Weitere Informationen auf https://www.iab-austria.at.