In der Poleposition
© RMS
Joachim Feher
MARKETING & MEDIA Redaktion 11.02.2022

In der Poleposition

Wenn auch nicht signifikant, liegt laut aktuellem Radiotest die RMS Top Kombi als Buchungseinheit erstmals vor Ö3.

••• Von Dinko Fejzuli und Martina Berger

WIEN. Für die heimischen Privatsender ist es sicherlich ein Meilenstein, denn – wenn auch nicht signifikant und damit innerhalb der Schwankungsbreite – die RMS Top Kombi liegt als Buchungseinheit bei der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen bei der Tagesreichweite vor Ö3.

Welche Bedeutung und auch Auswirkung diese haben könnte, dazu bat medianet den Geschäftsführer des Werbezeitenvermarkters RMS, Joachim Feher, zum Interview.

medianet: Die RMS hat mit ihrer RMS Top Kombi bei den Tagesreichweiten bei 14–49 erstmals Ö3 überholt, zwar nicht signifikant, aber doch. Welche Bedeutung hat dieser Swift aus Ihrer Sicht und auch aus der Sicht eines ehemaligen GF der größten Mediaagentur des Landes, sprich, welche Symbolkraft könnte das aktuelle Radiotestergebnis hin zu etwa den Mediaagenturen und den Auftraggebern haben?
Joachim Feher: Es hat zugegeben sehr lange gedauert, bis wir diesen Punkt erreicht haben. Jedoch fast 24 Jahre nach Beginn des flächendeckenden Privatradios gibt es immer mehr Österreicher, die mit einer bunten Radiovielfalt sozialisiert sind; deshalb halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass das Reichweitenwachstum weitergeht. Hinzu kommt, dass gerade durch den Start von DAB+ in 2019 die Sendervielfalt nochmal massiv gestiegen ist, 15 Sender aus der RMS-Top-Kombi sind aktuell über DAB+ empfangbar. Bereits seit 2016 empfehlen wir den Agenturen und Auftraggebern einen Budgetsplit von 50% für Ö3 und 50% für RMS; zwar ist unser Anteil kontinuierlich gestiegen, aber laut offiziellen Focus-Zahlen haben wir selbst in 2021 noch „Luft nach oben”. Aber nun belegt der Radiotest eindeutig, dass eine gefühlte „Marktdominanz” von Ö3 überhaupt nicht mehr der Realität entspricht. Die wirkungsstärksten Kampagnen entstehen immer, wenn man Medien auf Reichweitenaugenhöhe auch im Budgetsplit auf Augenhöhe bucht.

medianet: In der RMS Top Kombi sind 46 Sender bzw. Kanäle vereint, Ö3 ist ein einzelner Sender, denn zusammengerechnet dominiert die ORF-Flotte bei den Tagesreichweiten 14–49 und vor allem bei 10+ deutlich. Wie lässt sich das Überholen trotzdem einsortieren?
Feher: Trotz jahrzehntelanger Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Zielgruppe 14–49 ist es noch immer die Benchmark im Werbemarkt und damit für die Vermarktung entscheidend. Den ORF bei 10+ zu überholen, ist kein Ziel von uns. Wir bieten Österreichs Werbewirtschaft mit der Vielfalt der österreichischen Privatsender über die Top-Kombi maximale Reichweiten und sind zunehmend in der Lage, immer besser auch zielgruppenspezifische Angebot zu platzieren, da wir neben Radio auch das größte Online Audio-Portfolio Österreichs vermarkten.

Mit 1. Jänner 2022 haben wir unsere neuen Music-Selections gelauncht, damit können sich Werbetreibende unmittelbar in Stimmungs-Communities platzieren – da gibt’s Go Easy, Schlager/Oldies und Rock. Das zweite besondere Merkmal unserer Music Selections ist, dass wir damit alle Übertragungswege von UKW über DAB+ und Online bündeln und so die volle Ausschöpfung der Zielgruppen gewährleisten.


medianet:
Das Plus der Privatsender kam im Wesentlichen von Kronehit. Wird es künftig auch ein Wachstum der anderen RMS-Sender benötigen, um die Kurve nach oben zu halten?
Feher: Die RMS-Familie lebt von der Kraft aller Sender und dem starken Miteinander. Kronehit ist ein ganz wichtiger Partner im RMS-Verbund, aber auch zahlreiche weitere Sender nehmen seit Jahren in ihren Bundesländern eine Spitzenposition ein, z.B. Antenne Steiermark oder Antenne Vorarlberg, und sehr viele Sender zeigen über die letzten Jahre kontinuierliches Wachstum, etwa 88.6. Nimmt man beispielsweise alle Sender, die über DAB+ ausstrahlen, zusammen, sorgen diese mittlerweile für rund 15% der RMS-Gesamtleistung. Heute vereinen wir 46 Sender in der RMS; unser Erfolg beruht darauf, dass jeder einzelne Sender in seinem Sendegebiet und für seine Zielgruppe stets nach dem besten Hörerlebnis für seine Hörerinnen und Hörer strebt.

medianet:
Der Kampf um Platz eins hat gut 20 Jahre gedauert. Wie weit ist dieser Umstand auch der sehr späten Einführung des dualen Rundfunksystems in Österreich geschuldet?
Feher: Auf der einen Seite ändern die Konsumenten ihr Verhalten nicht von heute auf morgen – das sehen wir nicht nur im Radiosektor, sondern beispielsweise auch in der Digitalnutzung oder im Einkaufsverhalten. Daher können wir eigentlich auch von Privatradio-Natives und -Immigrants sprechen, ein Terminus, den wir vom Digitalen kennen. Das, was sich Immigrants erst erarbeiten müssen, ist für die Natives selbstverständlich. Damit haben wir quasi einen natürlichen Antrieb für das Reichweitenwachstum der Privatradios. Auch die ursprüngliche Struktur nur mit Lizenzen für Regional- und Lokalsender ist per se eher wenig als Reichweiten-Revolutions-Turbo geeignet. Heute haben wir mit UKW, DAB+ und Online Audio die größte Privatradiovielfalt ever, und die Anzahl jener, die mit Privatradio sozialisiert sind, steigt täglich. Das ist eine hervorragende Ausgangslage für ein weiteres Reichweitenwachstum.

medianet:
In einem Interview vergangene Woche beklagte der VÖP-Präsident Christian Stögmüller die aus seiner Sicht ausufernde Rabattpolitik des ORF. Teilen Sie die Kritik?
Feher: Ich werde es auch weiterhin so halten, dass ich mich auf die Vermarktung der österreichischen Privatradios konzentriere und für die medienpolitischen Themen der VÖP zuständig ist.

medianet: Frage zum Schluss: Der kommende Radiotest wird das Nutzungsverhalten auch erstmals online abfragen. Erwarten Sie hier eine signifikante Veränderung bei den Ergebnissen?
Feher: Der Methodenmix Telefon- und Onlineinterviews war ein fälliger Schritt. Entscheidend für diese Weiterentwicklung ist, dass die Erreichbarkeit der Österreicherinnen und Österreicher per Telefon und die Bereitschaft, Telefoninterviews zu geben, immer geringer wird. Dies zieht sich quer durch Österreich, aber der Effekt ist bei jüngeren und mobileren Zielgruppen deutlich ausgeprägter. Der erste Schritt in 2022 mit zehn Prozent Online-Interviews wird uns helfen, die Radionutzung repräsentativ über alle Zielgruppen leichter zu erfassen. Ob und welche Auswirkungen das hat, werden wir in einem halben Jahr mit dem Radiotest 2022_2 (Juli 2021 bis Juni 2022) sehen, wenn erstmals bei 50% der Interviews der Online-Anteil miteinfließt, aber es ist zu erwarten, dass es vor allem bei Sendern, die jüngere und mobilere Gruppen im Fokus haben, zu stärkeren Veränderungen kommt.

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