„Langfristig und nachhaltig helfen”
© SOS-Kinderdorf
UkraineSOS-Kinderdorf ist seit 20 Jahren in der Ukraine aktiv. Mit Kriegsausbruch wurde ein langfristig ausgerichtetes Nothilfeprogramm gestartet. Bild: Nora Deinhammer (m.) beim Besuch eines Nothilfe-Projekts in der Ukraine.
MARKETING & MEDIA Redaktion 10.05.2024

„Langfristig und nachhaltig helfen”

SOS-Kinderdorf-Geschäftsführerin Nora Deinhammer über gesellschaftliche Krisen und neue Anforderungen.

••• Von Oliver Jonke

WIEN. SOS-Kinderdorf schafft für Kinder in Not ein liebevolles Zuhause und unterstützt deren Familien in schwierigen Lebenslagen. Auch anlässlich des Muttertags führte medianet ein Gespräch mit SOS-Kinderdorf-Geschäftsführerin Nora Deinhammer.

medianet:
Offenbar braucht es SOS-Kinderdorf auch nach 75 Jahren noch immer: Worin bestehen heute die größten Herausforderungen für Kinder, Jugendliche und Familien in Österreich?
Nora Deinhammer: Wir leben in einer Zeit voller Krisen, und die treffen Kinder am stärksten. Immer mehr Kinder und Jugendliche sind psychisch sehr belastet. Parallel werden die Anforderungen an Familien immer größer – Teuerung, die Nachwirkungen der Pandemie, täglich negative Schlagzeilen. Viele Familien stehen unter enormem Druck. Unsere Gesellschaft muss als Ganzes kinder- und familienfreundlicher werden.

medianet:
Warum ging die Idee von SOS-Kinderdorf um die Welt, was ist das Erfolgsrezept?
Deinhammer: SOS-Kinderdorf hilft so, wie es gebraucht wird. Vor 75 Jahren war die Idee von SOS-Kinderdorf eine soziale Innovation. Ein völlig neues Betreuungskonzept für Kinder, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen können.

Wie vor 75 Jahren eine höchst innovative Lösung für ein damals aktuelles gesellschaftliches Problem gefunden wurde, ist es auch heute unser Ziel, genau dort anzusetzen, wo sich neue Problemlagen für Kinder und ihre Familien auftun.

medianet: Wo überall ist SOS-Kinderdorf noch aktiv, mit welchen Schwerpunkten?
Deinhammer: Die Gesellschaft hat sich verändert. Und damit die Anforderungen an SOS-Kinderdorf. Prinzipiell ist immer das Ziel, dass Kinder in ihrer Familie aufwachsen können. Darum unterstützen wir Familien, die ins Wanken geraten, oder betreuen sie im Eltern-Kind-Wohnen. Wenn es nicht möglich ist, dass Eltern gut für ihre Kinder sorgen, gibt es bei SOS-Kinderdorf viele individuelle Möglichkeiten für ein neues Zuhause – etwa Wohngruppen, Krisenplätze oder SOS-Kinderdorf-Familien. Darüber hinaus haben wir viele Angebote, um eine positive Kindheit zu unterstützen – etwa Therapieplätze, Elternberatung, Bildungsprojekte, Sozialmärkte, den Kinder- und Jugendnotruf Rat auf Draht oder die SOS-Herzkiste, die soziales Lernen in der Schule fördert.

medianet:
Wie entwickelt sich im Allgemeinen das Spendenverhalten in Österreich?
Deinhammer: Die Spendenbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher ist trotz Teuerungen auf Rekordniveau: Fast drei Viertel der Menschen im Land gaben an, im Vorjahr gespendet zu haben – der zweithöchste Wert nach 2019. Wir sind sehr dankbar für diese immense Solidarität und die Bereitschaft, sich zivilgesellschaftlich zu engagieren. Kinder und Jugendliche benötigen dieses Engagement in krisenhaften Zeiten mehr denn je.

medianet:
Wie differenziert sich SOS-Kinderdorf von anderen Organisationen?
Deinhammer: Unser USP ist langfristige, nachhaltig wirksame Hilfe. Bei humanitären Krisen im Ausland etwa geht unsere Soforthilfe oft in langfristige Wiederaufbau- und Entwicklungsprojekte über. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben vor Ort aktiv, auch wenn die mediale Aufmerksamkeit abklingt. Etwa in der Ukraine: Bei einem Besuch in der West-Ukraine vor zwei Monaten war ich extrem beeindruckt und bewegt davon, was unsere Kolleginnen und Kollegen dort leisten – seit zwei Jahren sind sie unermüdlich für Kinder in dieser schrecklichen Ausnahmesituation da.

medianet:
Wie können Unternehmen, die zu einer kindgerechten Gesellschaft etwas beitragen wollen, SOS-Kinderdorf konkret unterstützen und wie profitieren die Zielgruppen davon?
Deinhammer: Die Unterstützung durch Unternehmen ist ein wichtiges Standbein für das Engagement von SOS-Kinderdorf und gibt benachteiligten Kindern eine nachhaltige Chance auf ein positive Zukunft.

Rund 1.800 Kinder und Jugendliche leben in Einrichtungen von SOS-Kinderdorf in Österreich. Sie wachsen in einem familiennahen Umfeld geborgen und gefördert auf. Wir gehen auf ihre individuellen Bedürfnisse ein und begleiten sie – wenn erforderlich – bis sie selbstständig sind und ihr eigenes, unabhängiges Leben führen können.
SOS-Kinderdorf kommt aber nicht erst ins Spiel, wenn Kinder einen neuen Platz zum Aufwachsen brauchen. SOS-Kinderdorf stärkt Familien auch präventiv, um ihr Zerbrechen zu verhindern. Mit beratenden und begleitenden Angeboten erreichen wir rund 3.800 Kinder, Jugendliche und ihre Eltern in Österreich. Auch unsere Notrufnummer 147 Rat auf Draht ist in Österreich eine wichtige Anlaufstelle bei Problemen, Fragen und in Krisensituationen für Kinder und Jugendliche.

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