Nach der Wahl ist vor der Wahl
MARKETING & MEDIA Redaktion 14.06.2024

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Die Europa-Wahl ist geschlagen – und alle sind so klug als wie zuvor.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

WIRRUNGEN. Was will der Wähler? Ist Protest und Fundamentalkritik die neue Ausdrucksform der Bewegung der Mit-allem-Unzufriedenen? Egal, wohin das führt? „Demokratien sind irgendwie immer in der Krise”, schreibt Felix Butzlaff („Ambivalente Demokratie. Zwischen emanzipatorischer Hoffnung und autoritärem Populismus”, 2021, WU Wien). Demokratie werde „längst nicht mehr nur punktuell und von Randgruppen in ihrer Legitimation angezweifelt, sondern an ganz unterschiedlichen sozialen Orten und aus ganz unterschiedlichen Motiven infrage gestellt”.

Apropos Motive: Fast 100.000 Stimmen hat DNA eingesammelt, eine kürzlich gegründete Partei, die auf die Kampfbegriffe der Coronavirus-Maßnahmen-Kritiker fokussiert. Wärmstens empfohlen wurde sie von den Gesinnungsgenossen in der oberösterreichischen MFG, die seit 2021 im dortigen Landtag ein weitgehend unauffälliges Dasein fristet. Dass sich die Welt seit Corona weitergedreht hat, ist kein Argument im Kreise derer, die sich den Flacherdlern näher fühlen als der Wissenschaftscommunity. (Für Sammler unnützen Wissens: Der Schweizer Melchior Dönni hat sein „Weltall-Erd-Relief”, eine Scheibe, alternativ zum gängigen Globus, schon 1902 erfolgreich als Patent beim Amt für Geistiges Eigentum in Bern angemeldet.)

Zurück zur EU-Wahl: Die neueste Strategie der FPÖ im Umgang mit den „Mainstream-Medien” ließ sich diesmal sehr schön am Beispiel Harald Vilimsky beobachten: Man provoziere so lange und lautstark, bis man, so irgend möglich, den Rauswurf aus jeder seriösen Diskussion erreicht. Dann ziehe man sich in die eigenen finsteren Kanäle zurück und beklage ausgrenzendes Verhalten.

Die „extreme Polarisierung im öffentlichen Diskurs” gilt – neben Delegitimierung etablierter Medien, Aufbau eigener parteinaher Medienkanäle und einschlägiger Parallelgesellschaften – als Hauptzutat im Kochbuch der Rechtspopulisten. Interessant ist, dass, trotz aller kulturellen Differenzen, dieses Rezept weltweit schmeckt.

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