Newshunger und Nachrichtendurst
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MARKETING & MEDIA Redaktion 10.10.2025

Newshunger und Nachrichtendurst

Marketagent-Studie beleuchtet Spannungsfeld zwischen Informationsinteresse, Frustration und KI-Skepsis.

Nachrichten bleiben ein fixer Bestandteil des Alltags, doch das Verhältnis der Rezipienten zur täglichen Newsflut ist zwiespältig. Einerseits besteht ein hohes Interesse an aktuellen Ereignissen, andererseits dominieren negative Emotionen, Überforderung und Misstrauen gegenüber Künstlicher Intelligenz. Das zeigt eine aktuelle, repräsentative Studie des Online Research Instituts Marketagent, das 3.000 Personen in Österreich, Deutschland und der Schweiz befragt hat.
Mit 86% zeigt sich die überwiegende Mehrheit der Befragten zumindest eher an aktuellen Nachrichten interessiert. Nur 2,7% bekunden völliges Desinteresse. Die größte Gruppe (36%) zählt sich zu den „Pragmatikern“, die Nachrichten konsumieren, um informiert zu bleiben, ohne sich in Details zu verlieren. Ein Viertel bezeichnet sich als „Nachrichten-Junkies“, während 12% offen sagen, sie seien „Nachrichten-Muffel“. Auffällig ist der Trend zum flüchtigen Konsum: Ein Drittel liest häufig nur Schlagzeilen, ohne sich mit den vollständigen Inhalten zu beschäftigen. Besonders ausgeprägt ist dieses Verhalten in der Schweiz mit 39%, gefolgt von Österreich mit 34% und Deutschland mit 28%.

Mediennutzung im Wandel
Trotz wachsender digitaler Alternativen bleibt das Fernsehen mit 49% der wichtigste Nachrichtenkanal, gefolgt von Radio (41%) und Social Media (34%). In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen hat sich das Kräfteverhältnis jedoch bereits verschoben: Hier liegt Social Media mit 52% deutlich voran und verdrängt klassische Medien zunehmend aus der Leitposition. Auch bei den 30- bis 39-Jährigen dominieren Plattformen wie Instagram, X oder TikTok den Nachrichtenkonsum.
Das Fernsehen behauptet seine Stellung vor allem dank der älteren Zielgruppen. Die bevorzugten Themenbereiche sind Chronik und Innenpolitik, die in allen Altersgruppen hohe Relevanz behalten.

Kriterien der Quellenwahl
Glaubwürdigkeit vor allem Objektivität (46%) und Kostenfreiheit (45%) sind die entscheidenden Faktoren bei der Wahl einer Nachrichtenquelle. Dahinter folgen die Qualität der Berichterstattung (37%) und eine verständliche, kompakte Aufbereitung (36%). Diese Kriterien zeigen deutlich, dass Rezipienten auf Glaubwürdigkeit und Zugänglichkeit setzen, gleichzeitig aber Kostenbarrieren scheuen.

Emotionen und Überforderung
Die Befragung offenbart ein klares Spannungsfeld zwischen Interesse und Frustration. Nachrichten lösen vor allem Sorge (46%), Ärger (45%) und Frustration (34%) aus, während positive Gefühle wie Freude (14%) oder Inspiration (18%) deutlich seltener genannt werden. Zwei Drittel (67%) ärgern sich zumindest gelegentlich über die Berichterstattung – am häufigsten in Österreich mit 73%, in der Schweiz mit 64% und in Deutschland mit 63%. Mehr als die Hälfte (53%) fühlt sich durch die tägliche Informationsflut überfordert, insbesondere bei den Themenfeldern Innenpolitik, Krieg und Klimakrise. Diese Überlastung führt laut Studie zu einem selektiven Nachrichtenverhalten: Viele Menschen schränken ihren Konsum bewusst ein, um sich emotional zu entlasten.

Konstruktiver Journalismus
Als zentrale Aufgabe von Medien sehen 74% der Befragten die Bereitstellung verlässlicher Informationen, 68% das Informieren über aktuelle Ereignisse und 58% die Wissensvermittlung. Besonders konstruktiv werden TV (44%) und Radio (28%) wahrgenommen, Social Media hingegen nur von 16%. Bei den 18- bis 29-Jährigen zeigt sich ein Generationenwechsel: Sie bewerten TV und Social Media nahezu gleichwertig. Die Erwartungen an einen konstruktiven Journalismus sind deutlich formuliert: 59% wünschen sich mehr Perspektivenvielfalt, 48% mehr Kontext zur Einordnung komplexer Themen, 47% fordern weniger Zynismus und 37% erwarten mehr Lösungsorientierung. Diese Ergebnisse deuten auf ein wachsendes Bedürfnis nach Einordnung, Hoffnung und journalistischer Verantwortung hin.

„Das Informationsbedürfnis ist ungebrochen, gleichzeitig wächst der Wunsch nach mehr Einordnung und weniger Schlagzeilengetöse. Zwischen Frustration über die Berichterstattung und Überforderung durch die Newsflut steigt die Sehnsucht nach einem Journalismus, der nicht nur Probleme benennt, sondern auch Lösungen und Perspektiven aufzeigt“, fasst Marketagent-Gründer Thomas Schwabl die Ergebnisse zusammen.

KI: Misstrauen bleibt groß
Mehr als ein Drittel der Befragten (37%) geht davon aus, dass KI bereits bei etwa der Hälfte aller journalistischen Beiträge eingesetzt wird, während 18% sogar annehmen, dass Nachrichten schon nahezu flächendeckend KI-generiert sind. Die Skepsis bleibt hoch: 73% haben weniger Vertrauen in KI-basierte Inhalte, und 64% halten diese für wenig konstruktiv.
Ein eindeutiges Signal setzen die 81%, die eine Kennzeichnung von KI-generierten Beiträgen fordern. Für sie ist Transparenz der zentrale Faktor, um Vertrauen zu schaffen. „Künstliche Intelligenz ist längst Teil des Journalismus – das spüren die Menschen. Vertrauen entsteht aber erst, wenn offengelegt wird, wo KI im Spiel ist“, betont Andrea Berger, Research & Communications Manager bei Marketagent. (red)

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