Salzburger Festspiele ziehen positive Bilanz
© Salzburger Festspiele/Luigi Caputo
MARKETING & MEDIA Redaktion 08.09.2023

Salzburger Festspiele ziehen positive Bilanz

Mit einer Auslastung von 98,5 Prozent wurde ein Rekordergebnis erzielt. Der kaufmännische Direktor Lukas Crepaz im Interview.

••• Von Alexander Haide

Zum 103. Mal gingen heuer die Salzburger Festspiele über die Bühne. Nach 178 Aufführungen an 43 Tagen in 15 Spielstätten kann das Direktoriumsdreigestirn Kristina Hammer, Markus Hinterhäuser und Lukas Crepaz eine positive Bilanz ziehen: Mehr als 241.000 Besucher aus 79 Nationen sahen das diesjährige Programm. Zudem klatschten 40.000 Gäste bei 49 Übertragungen der „Siemens Fest>Spiel>Nächte” auf dem ­Kapitelplatz.

Seit 2017 ist Lukas Crepaz kaufmännischer Direktor der Salzburger Festspiele. Er lässt medianet hinter die Kulissen blicken.

 

medianet: Wie sehr haben die vergangenen Jahre der Krisen Spuren bei den Salzburger Festspielen hinterlassen?
Lukas Crepaz: Die Salzburger Festspiele waren im Jahr 2020 weltweit das einzige große Festival, das stattgefunden hat; es hat damit eine Vorreiterrolle für den gesamten Kulturbetrieb eingenommen. Unser Konzept war Vorbild für die europäische Kulturszene und wurde von vielen Kulturbetrieben übernommen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass uns gerade in diesen Zeiten sehr großer Unsicherheiten die DNA der Salzburger Festspiele hilft, Kunst zu ermöglichen. Dieser Wille treibt jeden einzelnen unserer Mitarbeiter an – jeden der über 250 Ganzjahresmitarbeiter und jeden einzelnen der in den Sommermonaten bis zu 4.500 Mitwirkenden. Und mit dieser Einstellung konnten wir den Kraftakt bewältigen, inmitten der größten Gesundheitskrise in Europa seit der Spanischen Grippe unser 100-jähriges Bestehen mit einem vierwöchigen Festspielprogramm zu begehen, das künstlerisch sinnvoll und wirtschaftlich machbar war und das unter Anwendung eines strengen und präzisen Präventionskonzepts gesundheitlich sicher war.


medianet:
Wie schätzen Sie die wirtschaftliche Bedeutung der Festspiele ein?
Crepaz: Die Festspiele waren immer eine sich gegenseitig befruchtende Einheit aus Kunst und Wirtschaft, sie haben ein eigenes Eco-System gebildet. Es besteht aus Effekten, die tatsächlich messbar sind und die man modellhaft berechnen kann, und aus solchen, die man nicht messen kann.

Die bisher letzte Wertschöpfungsstudie der Wirtschaftskammer hat alleine in Salzburg eine Wertschöpfung von 183 Mio. Euro und in ganz Österreich 215 Mio. pro Jahr ergeben. Zusätzlich schaffen bzw. sichern die Festspiele 2.800 ganzjährige Vollzeitarbeitsplätze in Salzburg, in Österreich sind es 3.400. Mir erzählen viele Unternehmer, insbesondere im Einzelhandel und in der Gastronomie, dass sie in den sechs Wochen der Festspiele rund ein Drittel ihres Ganzjahresumsatzes erzielen.


medianet:
Ist der Spagat zwischen ‚künstlerischen Wünschen' und der Budgetrealität schwierig?
Crepaz: Die Festspiele haben einen Eigendeckungsgrad von 75 Prozent. Wir sind gleichzeitig Kunstbetrieb und eine Unternehmung. Dies ist auch das Selbstverständnis unserer Programmierung. Man geht oft davon aus, dass die künstlerische und die kaufmännische Denkweise komplett gegensätzlich sind. Wir haben das große Glück, dass wir mit Markus Hinterhäuser einen Intendanten haben, der ein großes Verständnis für die kaufmännischen Notwendigkeiten hat.

Die hohe Inflation stellt natürlich eine sehr große Herausforderung für uns dar. Während sich Energie- und Materialpreise schon wieder halbwegs normalisiert haben, liegt die Herausforderung jetzt in den Langzeiteffekten. Aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten ist der Druck bei den Kollektivvertragsverhandlungen wesentlich größer, wodurch sich die Personalkosten deutlich erhöhen. Das belastet die Budgets der nächsten Jahre sehr. Wir werden in den beiden Jahren 2023 und 2024 eine Steigerung der Personalkosten haben, die so hoch ist wie die kumulierten Kostensteigerungen der vorangehenden sechs Jahre. Da Kunst und Kultur sehr personalintensiv sind, sprechen wir hier auch über den größten Anteil unseres Budgets.


medianet:
Machen die großen Stars bei den Gagen – im Vergleich etwa zu großen Solo-Konzerten – Abstriche, weil ein Auftritt bei den Salzburger Festspielen auch einen großen Image-Wert hat?
Crepaz: Wir können nicht die Honorare großer kommerzieller Veranstalter zahlen. Bei uns gibt es Höchstgagen, die stabil gehalten und von allen akzeptiert werden. Die langjährige Verbindung zu unseren Künstlern ist von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Und natürlich wird die Aura der Salzburger Festspiele von allen Mitwirkenden sehr geschätzt.

medianet:
Wären die Salzburger Festspiele ohne die derzeit 18 Mio. Euro öffentliche Förderungen möglich?
Crepaz: Ich spreche hier lieber von Investitionen. Eine Erkenntnis der Wertschöpfungsstudie war, dass jedes Jahr an direkten und indirekte Steuern und Abgaben an den Bund, das Land und die Stadt 77 Mio. Euro zurückfließen. Das heißt, jeder investierte Euro kommt mehrfach zurück.

medianet:
Spüren Sie die Sanktionen gegen Russland, beim Ausfall russischer Künstler und auch bei ausbleibenden Gästen?
Crepaz: Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg auf die ­Ukraine und haben hier eine ­klare Haltung. Wer sich mit diesem Krieg, seinen Protagonisten oder seinen Zielen identifiziert, kann nicht bei Festspielen auftreten oder Partner der Festspiele sein.

Die Salzburger Festspiele sind ein internationales Festival mit Besucherinnen und Besuchern sowie Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt. Russland war vor dem Krieg ein wichtiger Quellenmarkt. Dies ist nun nicht mehr der Fall. Weiterhin kommen Gäste aus über 80 Nationen zu den Salzburger Festspielen, seit diesem Jahr sind unter den Top-10 Quellenmärkten neben europäischen Ländern, wieder die USA, Japan und Südkorea.


medianet:
Bei den Festspielen in Bayreuth blieben 2023 viele Plätze leer, Medien sprachen von einem Abgesang. Wie sehen Sie diese Entwicklung in Zusammenhang mit den Salzburger Festspielen?
Crepaz: Die Kartennachfrage bei den Salzburger Festspiele ist weiterhin sensationell, wir steuern wieder auf eine hervorragende Auslastung von 97 Prozent zu. Jeder hat die Möglichkeit, zu Karten zu kommen – egal ob das längerfristig planende internationale Publikum, Sponsoren, Freunde und Förderer oder Kurzentschlossene. Die kurzfristige Nachfrage ist gerade in einem so starken Sommer wie diesem sehr groß. Das Interesse nach einzelnen Produktionen steigt besonders, wenn die jeweilige Produktion sehr gut aufgenommen und besprochen wird oder wenn sie polarisiert. Wir verkaufen seit Jahren im Sommer zwischen fünf und zehn Prozent der Karten.

medianet:
Ihr Vertrag wurde im Jahr 2021 um weitere fünf Jahre verlängert und läuft bis zum März 2027. Können Sie schon eine Halbzeitbilanz ziehen?
Crepaz: Wir haben uns in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Infrastruktur viel vorgenommen und sind hierbei auf einem sehr guten Weg. Mit dem Jahrhundertprojekt ‚Festspielbezirk 2030', das ich verantworte, wird die Zukunft der drei Festspielhäuser, also die zentrale kulturelle Infrastruktur des Landes, gesichert. Das Projekt geht bis in das Jahr 2032. Wir befinden uns aktuell in der intensiven Planungsphase und werden im Herbst 2025 mit der Umsetzung starten.

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