Selbstregulierung zum Wohle der Kids
© Michael Gruber
JugendschutzAlice Krieger-Schromm ist Geschäftsstellenleiterin des Jugendmedienschutzvereines.
MARKETING & MEDIA Redaktion 10.03.2023

Selbstregulierung zum Wohle der Kids

Von ORF, WKO und dem VÖP gegründet, sorgt ein Jugendmedienschutzverein für Regeln in TV und Streaming.

••• Von Petra Stückler

Die Vielfalt moderner Medienangebote macht es Eltern schwer, auf das Wohl ihrer Kinder zu schauen, wenn es um deren Mediennutzung geht.

Genau hier setzt der im Jahr 2021 gegründete „Verein zur Selbstkontrolle audiovisueller Medienangebote zum Schutz von Minderjährigen” , kurz „Jugendmedienschutzverein”, an. Die Gründungsmitglieder sind der ORF, der Verband österreichischer Privatsender (VÖP) und der Fachverband der Telekommunikations- und Rundfunkunternehmen in der Wirtschaftskammer Österreich.
Der dreiköpfige Vorstand setzt sich aus Helga Tieben (WKO), Corinna Drumm (VÖP) und Klaus Kassai (ORF) zusammen. Vereins-Geschäftsstellenleiterin Alice Krieger-Schromm erzählt im Gespräch mit medianet, wie es zur Gründung kam, was bisher erreicht wurde, und wie die Pläne für 2023 aussehen.
„Seit 2021 gibt es neue Jugendschutzregeln für österreichische Fernsehsender und Video-Abrufdienste. Schon bisher mussten Fernsehsender darauf achten, dass ihre Programme die Entwicklung von Minderjährigen nicht beeinträchtigen. Die Regeln wurden nun verschärft und außerdem auf Abrufdienste ausgedehnt”, erklärt Krieger-Schromm die Beweggründe für die Gründung des Vereins.
Diese Mediendienste, so der juristische Ausdruck für Fernsehveranstalter und Abrufdienste, müssen Zuseherinnen und Zuseher jetzt ausreichende Informationen bereitstellen, damit diese einschätzen können, ob Sendungen potenziell schädlich für Minderjährige sind – etwa durch Alterskennzeichnungen und eine für den Zuseher leicht verständliche Beschreibung der Art des Inhalts.
Diese Vorgaben wurden vom ORF, dem VÖP und der WKÖ umgesetzt und es wurde der Verein Jugendmedienschutz gegründet, der als Selbstregulierung konzipiert ist.
Eine der wichtigsten Aufgaben bestand zunächst darin, eigene Verhaltensrichtlinien zu erstellen. Die Einhaltung der Verhaltensrichtlinien wird vom Verein überwacht. Sie sind über die Website des Vereins abrufbar.

Branche ins Boot holen

Eine weitere Voraussetzung für ein Selbstregulierungssystem ist hohe Akzeptanz der Verhaltensrichtlinien durch die Branchenteilnehmer”, stellt Krieger-Schromm klar.

Deshalb wurde insbesondere bei der Vereinsgründung darauf geachtet, die Vertreter der Branche möglichst eng in den Entstehungsprozess der Richtlinien einzubinden. Auch eine eigene Verfahrensordnung wurde erstellt.
Was genau die Verhaltensrichtlinien beinhalten, erklärt sie so: „Sie regeln zum Beispiel, dass Inhalte, die die Entwicklung von Minderjährigen potenziell beeinträchtigen können, von Anbietern nur so bereitgestellt werden, dass sie von jenen nicht wahrgenommen werden können.” Weiters regeln sie, welche Sendung für welche Altersklasse wann gezeigt werden kann. Werden Sendungen hingegen in bestimmten Ausnahmefällen außerhalb dieser empfohlenen Sendezeiten gezeigt, bestünde eine Pflicht zur Anführung eines Altershinweises; weiters auch eine Kennzeichnungspflicht, und zusätzlich müssen ausreichende Informationen zur Beurteilung der potenziellen Schädlichkeit von Inhalten für Minderjährige zur Verfügung gestellt werden (Beschreibung des Inhalts: Gewalt, Angst, Desorientierung, Sex), wie Schromm weiter ausführt.
Seit 2021 habe man sehr viele österreichische Medienanbieter an Bord geholt, die sich der Selbstregulierung verpflichten und den Verein anerkennen.Denn es seien alle Mediendienste sind verpflichtet, selbst eigene Verhaltensrichtlinien zu erstellen.
Es gäbe aber auch wenige große Medienunternehmen, die noch nicht dabei seien, um die man sich aber weiter bemühen werde, wie Krieger-Schromm weiter anführt.
Erst kürzlich wurde der Tätigkeitsbericht des Jahres 2022 vorgelegt, und der Verein hatte sehr viel zu tun, wie daraus öffentlich einsehbar hervorgeht.
Krieger-Schromm über den Bericht: „2022 lag der Hauptschwerpunkt auf der Zusammenarbeit mit allen Mediendiensten, auf der Steigerung der Akzeptanz- und der Bekanntheit der Verhaltensrichtlinien.”
Zudem gab es seitens des Vereins stichprobenartige Prüfungen, ob die Sender und Programme sich auch wirklich an die Verhaltensrichtlinien halten.
„Mit Ende Dezember 2022 waren es 75 Abrufdienste und 63 Fernsehveranstalter, die den Verein anerkannt haben”, freut sich Krieger-Schromm über die Entwicklung und Früchte ihres Tuns.
Zudem merkt sie an: „Der Verein besteht aus einer Geschäftsstelle, deren Leitungsfunktion ich übernommen habe, einem Expertinnen- und Expertenrat und dem Vorstand. Bei uns kann man eine Beschwerde einbringen, wenn ein Verstoß gegen die Verhaltensrichtlinien vermutet wird.” Und dies sei auch mehrmals passiert, wie man detailliert dem Tätigkeitsbericht entnehmen kann. Künftig wolle man auch Blogger und Influencer, die von Österreich aus tätig sind, dazuholen.

Etablierte Institution

Krieger-Schromm betont: „Ich bin sehr guter Dinge, dass wir in diesem Jahr eine große Veranstaltung auf die Beine stellen können zum Thema Influencer und Blogger, denn auch hier ist der Einfluss auf unsere Kinder und Jugendlichen mitunter immens.” Für das Jahr 2023 weiters geplant ist eine Öffentlichkeitsoffensive – man wolle die Sichtbarkeit vergrößern, Vernetzung vorantreiben.

Bleibt am Ende die Frage: „Was ist mit den beliebten Plattformen wie beispielsweise YouTube, sind sie auch dabei?”
Krieger-Schromm dazu: „Hier legen Sie den Finger in meine Wunde. Leider nein. Diese großen internationalen Plattformen wie YouTube und Co entziehen sich leider unserem Regelungsbereich. Und hier ist die größte Gefahr für unsere Kinder und Jugendlichen zu finden.”

Dieses Thema müsse man auf EU-Ebene dringend behandeln.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL