••• Von Petra Stückler
WIEN. So sperrig das Thema ist, so sehr betrifft es uns alle. Das terrestrische Fernsehsignal wird über das UHF-Spektrum im Bereich 470-694 Megaherz gesendet. Auch Radiowellen verbreiten sich über diesen Frequenzbereich, rund 500.000 Personen in Österreich empfangen so ihre täglichen Programme in Hörfunk und TV.
Veranstalter im Kulturbereich können nur durch Nutzung des UHF-Spektrums dem Publikum beste Klangqualität bieten und hinter den Kulissen entsprechend professionell arbeiten. Dies ist laut Othmar Stoss, Präsident der österreichischen Theatertechnischen Gesellschaft (OETHG), derzeit alternativlos.
Seit 60 Jahren nutzen Rundfunk und Kultur das UHF-Spektrum in technologischer Symbiose effizient und störungsfrei.
Michael Wagenhofer, Geschäftsführer der Österreichischen Rundfunksender (ORS) und Sprecher der Allianz, sieht die Politik in der Pflicht; das zuständige Ministerium ist das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus unter Bundesministerin Elisabeth Köstinger. Hier werde bereits auf Beamtenebene an der Positionierung gearbeitet, während sich auch auf der anderen Seite die Lobbyisten der Mobilfunkbetreiber formieren.
Neuaufteilung von UHF
Auf der Weltfunkkonferenz (WRC), die 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden wird, hat man sich die Neuordnung der Frequenzbereiche in die Agenda geschrieben. Europa teilt sich als Region 1 die Frequenzen mit Afrika und dem Nahen Osten.
Die Europäische Union muss nun zu einer einheitlichen Position finden.
Doch welche Probleme ergeben sich aus einer möglichen Neuordnung?
Die Co-primäre Widmung, also gemeinsame Nutzung von Mobilfunkbetreibern, Rundfunk und Kulturbetrieb, würde aussehen wie das von Wagenhofer geschilderte „Ham & Eggs-Beispiel: Wenn sich ein Huhn und ein Schwein Ham and Eggs machen, geht es immer schlecht für das Schwein aus.”
Derzeit herrsche ein „Gerangel um Frequenzen und ein Gerangel darum, welche Position eingenommen werden soll”.
Der Mobilfunk kann Frequenzen aus physikalischen Gründen nur alleine nutzen, sodass sie Rundfunk und Kultur nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Es gäbe für die betroffenen Branchen ohnehin keinen Frequenzspielraum mehr, was die langfristig abgesicherte Nutzung über 2030 hinaus alternativlos macht.
Harald Kräuter, Direktor für Technik und Digitalisierung des ORF, macht es deutlich: Ohne diesen Frequenzbereich gäbe es keine Liveübertragungen im Sport, keine großen Vorabendshows wie „Dancing Stars” und „Starmania”.
„Klassisches Broadcasting ist noch lange nicht obsolet”, erklärt er, denn nach wie vor sind Radio und Fernsehen die am stärksten genutzten Medien.„Der Öffentlich-rechtliche Rundfunk im Speziellen muss seiner medienpolitischen Verpflichtung zur Versorgung der Bevölkerung, insbesondere in Zeiten von zunehmenden Umweltkatastrophen, Gesundheitskrisen und geopolitischen Konflikten, nachkommen können.”
Es geht um die Kosten
Für die Geschäftsführerin des Verbandes österreichischer Privatsender (VÖP), Corinna Drumm, ist „die Meinungsvielfalt und Demokratie in Gefahr. Will man die Bevölkerung erreichen, ist das Senden über UHF im Sinne von ‚one to many' enorm effizient und kostengünstig”.
Die Branche gehe von einer spürbaren Verteuerung der Bandbreitentarife aus.
Deshalb solle die niederschwellige Verbreitung dem Rundfunk unbedingt weiter zur Verfügung stehen. „Dieses Angebot garantiert auch für die Zukunft regionalen Österreich-Content, den man nicht auf den Streamingdiensten Netflix und Spotify finden kann”, so Drumm.
„Bei einer Reduzierung des zur Verfügung stehenden Frequenzbandes droht nicht nur der Verlust von Angebotsvielfalt und Medienqualität, sondern auch die Gefahr der gegenseitigen Störung”, erklärt Othmar Stoss.
Mehr Einsatz gefordert
„Die Allianz der TV-, Radio- und Kulturveranstalter fordert daher die Bundesregierung auf, sich bei der Europäischen Kommission im Hinblick auf die WRC23 dafür einzusetzen, dass das UHF-Spektrum langfristig und exklusiv dem terrestrischen Rundfunk und der Kultur vorbehalten bleibt. Eine gemeinsame Nutzung des UHF-Bandes durch Mobilfunk, Rundfunk und Kulturbetrieb ist physikalisch nicht realisierbar. Der wirtschaftliche, demokratiepolitische und kulturpolitische Schaden wäre enorm”, fasst der Sprecher der Allianz, Michael Wagenhofer, zusammen.