Über die Grenzen hinaus
© Marketagent.com
Geschäfts­leitung Thomas Schwabl ist der Geschäftsführer von Marketagent.com.
MARKETING & MEDIA Gianna schöneich 16.03.2018

Über die Grenzen hinaus

Das Panel von Marketagent.com hat die 1. Mio.-Grenze geknackt – damit ist das Marktforschungsunternehmen nun in 40 Ländern vertreten.

••• Von Gianna Schöneich

WIEN. Das Full-Service Online Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent.com zählt als Herzstück des Instrumentariums den über 1 Mio. Konsumenten umfassenden Online-Pool an befragungswilligen Konsumenten. Erst in den vergangenen Wochen wurde die 1 Mio.-Grenze überschritten, ein Meilenstein, so Geschäftsführer Thomas Schwabl. Allein in den letzten Wochen konnte man täglich 1.000 Personen für das Panel gewinnen.

medianet:
Herr Schwabl, herzlichen Glückwunsch zur geknackten 1 Mio.-Grenze! Weshalb erklären sich so viele Menschen bereit, Teil Ihres Online-Pools zu werden?
Thomas Schwabl: Das Panel hat eine Entwicklung und Dynamik in den letzten Wochen erhalten, an die wir vor fünf Jahren nicht geglaubt hätten. Portugal, Norwegen oder Guatemala – das Panel reicht mittlerweile viel weiter, als wir selbst erwartet hätten. Es wird immer schwieriger, Menschen für die Marktforschung zu begeistern. Aufgrund der Schnelllebigkeit unserer Zeit und einer stärkeren Sensibilisierung bezüglich Datenbekanntgabe müssen wir ungleich viel mehr Aufwand betreiben, als noch vor fünf Jahren. Wir arbeiten mit einem sehr breiten Mix an Aktivitäten und präsentieren uns auf verschiedensten Kanälen beispielsweise mit Print-Schaltungen, TV-Kampagnen, Radiospots, Online, Newsletter oder MobileAds. Ein großer Teil geschieht auch über Weiterempfehlungen. Für die Teilnehmer des Panels gibt es ein Incentive-System.

medianet:
Bringt das nicht den Anschein mit sich, man würde für seine Meinung bezahlt werden?
Schwabl: Das stimmt, deswegen versuchen wir, dieses Incentive-System nicht in den Vordergrund unserer Teilnehmer-Rekrutierung zu stellen. Das heißt, Personen, die nur aufgrund der Aufwandsentschädigung Teil unseres Panels sind, müssen wir herausfiltern und versuchen auszugrenzen. Man erkennt diese Personen an der Antwortqualität, sie durchlaufen den Fragebogen zu schnell, überspringen offene Fragen, oder es ergeben sich Widersprüche im Fragebogen – es gibt ein sehr enges Qualitätsmanagementprogramm. Bei uns machen die Menschen mit, weil sie an der Meinungsbildung teilnehmen wollen, nicht weil sie einen Nebenverdienst generieren möchten. Wir haben außerdem Zeit- und Themensperren, um Profitester zu verhindern.

medianet:
Das bedeutet?
Schwabl: Wenn ich eine Person heute zum Thema Mobilfunk befrage, ist diese zum Beispiel für ein halbes Jahr für das Thema gesperrt. So verhindern wir auch, dass bei den Befragten Lernprozesse entstehen. Aufgrund dieses Vorgehens ist es aber eben auch so wichtig, immer wieder neue Menschen für unser Panel zu begeistern.

medianet:
Ihr Panel umfasst mittlerweile Menschen aus fast der ganzen Welt; was macht das österreichische Unternehmen Marketagent.com eigentlich in Ländern wie Guatemala?
Schwabl: Durch die fortschreitende Digitalisierung haben sich Ländergrenzen in der Marktforschung zunehmend aufgelöst. Wenn ein Unternehmen heute eine Befragung in zehn Ländern durchführen möchte, wird das zentral an einen Anbieter vergeben. Wir wollen ein Stück von diesem Kuchen, hierfür müssen wir viele Länder aus einer Hand anbieten können. Viele andere Marktforscher brauchen auch unsere Unterstützung. Ich denke, wir selbst werden niemals eine Studie in beispielsweise Ecuador durchführen, aber wenn es jemand anderer tun möchte, haben wir das zugehörige Panel.

medianet:
Ist der österreichische Markt nicht profitabel genug?
Schwabl: Nein, der österreichische Markt reicht vollkommen aus, und wir sind sehr dankbar über die gute Entwicklung am Heimmarkt. Wir bedienen im Wesentlichen die Top 100-Werbetreibenden im Konsumgüterbereich. Das Geschäft mit dem Panel funktioniert ganz anders. Unser Herz schlägt aber für und in Österreich.

medianet:
Marketagent.com führt ausschließlich Online-Befragungen durch?
Schwabl: Richtig, allerdings ist Online nicht mehr das richtige Wort, da eine Vielzahl von Fragebögen bereits mobile beantwortet wird. Wir sprechen gern über digitale Marktforschung. Bei uns wird nicht telefoniert, bei uns wird kein Fax versendet und es wird auch niemand in einem Einkaufszentrum Menschen für uns ansprechen – unser Ansatz ist digital und das wird auch so bleiben.

medianet:
Sie benötigen also kein Callcenter, und so wie es sich anhört, eher wenig Man-Power.
Schwabl: Ja, dennoch sind bei Marketagent.com inzwischen 30 Personen beschäftigt. Im Jahr führen wir 1.200 Studien durch, Fragebögen müssen entwickelt, ausgewertet und analysiert werden, jemand muss Berichte schreiben, Präsentationen konzipieren und so weiter. Trotz der Digitalisierung und der damit verbundenen Automatisierung ist die Marktforschung am Ende ein People-Business. Eines unserer großen Ausrichtungen ist es, so effizient und effektiv wie nur möglich zu arbeiten und alles zu automatisieren, was möglich ist, doch am Ende braucht es Menschen, die Studien konzipieren und managen.

medianet:
Sie forschen rein quantitativ; führt diese einseitige Art der Forschung nicht auch zu Grenzen?
Schwabl: Alles steht und fällt mir der Qualität des Fragebogens. Wenn dieser ordentlich entwickelt wurde, sollten keine Themen offen bleiben. Gern kombinieren wir auch qualitative und quantitative Fragestellungen im Rahmen einer Studie, um das Informationsbedürfnis unserer Auftraggeber bestmöglich abzudecken. Natürlich kann es passieren, dass bei der Auswertung neue Themen aufpoppen. Dann arbeiten wir auch mit nachgeschalteten Online-Fokusgruppen, diese sind ähnlich einem Online-Chatforum und stellen eine interessante Alternative zu klassischen Gruppendiskussionen dar.

medianet:
Welche Themen beschäftigen Sie derzeit?
Schwabl: Natürlich das optimierte Ausliefern von Fragebögen auf mobile Endgeräte – schließlich werden bereits rund 40 Prozent aller Umfragen per Smartphone beantwortet. Wir haben auch eine Reihe neuer Befragungsformen eingeführt wie beispielsweise Brand-Swipe: Dieses funktioniert nach dem Tinderprinzip und bewertet Marken. Ein großes Thema ist Location Based Research, also das automatisierte Ausliefern von Befragungen aufgrund einer bestimmten geografischen Position (zum Beispiel in einem vorab definierten Bekleidungsgeschäft). Immer beliebter wird auch die Verknüpfung von Befragung und Fotodokumentation; zum Beispiel haben wir schon Personen gebeten, ihr Frühstück zu fotografieren.

medianet:
Wie bereitet man sich bei Marketagent.com auf die Datenschutz-Grundverordnung vor?
Schwabl: Wir sind schon sehr gut vorbereitet. Wir haben einen zertifizierten Datenschutzbeauftragten und die technischen und juristischen To-do’s zu einem großen Teil erfüllt. Es steckt ein beträchtlicher organisatorischer Aufwand dahinter – aber wir sind bestens gewappnet.

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