Unaufmerksame Wählerschaft
MARKETING & MEDIA Redaktion 31.05.2024

Unaufmerksame Wählerschaft

In Wahlzeiten versprechen und kritisieren alle alles – gut, dass das Wahlvolk vergesslich ist.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli

 

WAHLVERSPRECHER. Der ehemalige Wiener Bürgermeister Michael Häupl brachte es auf den Punkt, als er die Periode des Wahlkampfs als „Zeit fokussierter Unintelligenz” bezeichnete. Und sieht man sich an, was gerade auf Wahlplakaten alles versprochen wird, was in Facebook-Postings alles kritisiert wird, so gilt diese Unintelligenz definitiv nicht nur für das Wahlvolk, sondern auch sicherlich für Politikerinnen und Politiker, aber auch Journalistinnen und Journalisten, die – wie es scheint – aus welchen Gründen auch immer unreflektiert Parolen diverser Politikerinnen und Politiker übernehmen, ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden, ob das, was da so gesagt wird, auch stimmen kann. Und: Ob derjenige, der das sagt, nicht unter Umständen einen Missstand anprangert, bei dem er politisch eigentlich verantwortlich wäre, ihn zu lösen.

Etwa wenn die ÖVP eine misslungene Integrationspolitik anprangert, dabei aber gern verschweigt, dass in Wahrheit sie jene Partei ist, die mit einer kurzen blauen Unterbrechung seit zwei Dekaden quasi in Permanenz das Innenministerium führt und sogar einen eigenen Integrationsstaatssekretär installiert hatte, um sich ganz besonders um das Thema Migration zu kümmern. Oder aber auch, wenn diverse Boulevardblätter anprangern, dass die Quote der Erwerbslosen etwa unter den Afghanen oder Syrern im Vergleich zu Rumänen oder Bulgaren besonders hoch sei, dabei aber verschweigt, dass etwa Syrer und Afghanen, die sich in einem Asylverfahren befinden, gar nicht arbeiten dürfen.

Glücklich ist, wer vergisst …

Oder wenn kritisiert wird, dass ein beträchtlicher Teil der Migrantenkinder daheim „nicht Deutsch spricht”, statt zu sagen, dass diese Kinder zweisprachig aufwachsen. Oder wenn der FPÖ-Chef Herbert Kickl unerwähnt lässt, dass er fast 25.000 Euro im Monat dank diverser Multifunktionen und Ämter auf sein Konto bekommt. All diese Politiker halten es vermutlich mit der berühmten Zeile aus der Johann Strauss-Oper, der „Fledermaus”: Glücklich ist, wer vergisst …

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