••• Von Christiane Körner und Nadja Riahi
WIEN. Ein Besuch im Museum, ein Abend im Theater oder Kino: Die aktuellen Ausgangsbeschränkungen aufgrund von Covid-19 reduzieren auch das Leben der Kunst- und Kulturinteressierten. Deswegen lag es an der Branche, kreativ zu werden, um alternative Lösungen zu finden. medianet hat einen Überblick über das aktuelle Online-Angebot der Institutionen zusammengestellt.
Eine Chance für die Musik
Durch die Maßnahmen der Regierung haben sich die Umstände für Künstler immer wieder verändert. Auch der Tourstart der österreichischen Band Folkshilfe wurde aufgrund der Isolationsmaßnahmen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben; als Alternative bot das Trio seinen Fans ein Online-Konzert, das live aus den Wohnungen der Künstler gestreamt wurde. Matthias Pirngruber, Geschäftsführer der Agentur Töchtersöhne und Manager der Band: „Wir wollten weiterhin Musik machen – so ist aus einer Tour vor Tausenden Menschen in ganz Österreich eine ‚WirSindDaheim'-Session und ein Talk mit Benny Hörtnagl geworden.”
Pirngruber sieht in der Coronakrise zudem auch eine Chance für die Musikbranche, neues Know-how zu generieren und zu nutzen. Bestätigt wird das unter anderem durch Stefanie Summerauer, Managing Partner des Konzeptbüros Vionistas. Zusammen mit der Agentur Raumpioniere rief sie das Homestage Festival ins Leben. „Das Homestage Festival ist eine virtuelle Bühne für Konzerte, Performances, Lesungen und Kabarett – und das Publikum ist via Facebook Live-stream mit dabei.” Die Aktion ist an eine Crowdfundingkampagne geknüpft, bei der das Publikum die Künstler unterstützen kann. Der Erlös wird zu gleichen Teilen unter allen Teilnehmern solidarisch aufgeteilt.
Visuelle Darbietungen gab es während der zweiten Woche der Coronakrise auch beim Aktionstheater Ensemble, das dem Publikum einen Stream von verschiedenen Vorstellungen zur Verfügung stellte. „Glücklicherweise wurden in den vergangenen Jahren sämtliche Produktionen jeweils mit mehreren Kameras aufgezeichnet und sendefertig aufbereitet. Somit ergab sich die Gelegenheit, auf die momentane Situation schnell zu reagieren”, freut sich Martin Gruber, Regisseur und Leiter des Aktionstheater Ensembles. „Über 20.000 Menschen, weit über die nationalen Grenzen hinweg, haben die Arbeiten des Aktionstheater Ensemble gesehen”, so Gruber weiter über die Annahme der Streaming Sessions durch das Publikum.
Wer sich für die Oper begeistert, ist online bei der Staatsoper gut aufgehoben. „Die Wiener Staatsoper spielt online für ihr Publikum weiter! Wir haben unsere umfangreichen Online-Archive geöffnet und zeigen täglich eine Aufzeichnung einer früheren Opern- und Ballettvorstellung, weltweit und kostenlos. Somit können wir allen interessierten Musikfreunde jeden Tag eine hochkarätige Opern- oder Ballettvorstellung nach Hause bringen”, sagt Dominique Meyer, Direktor der Wiener Staatsoper.
„Diese schwierige Zeit, die – für die an oberster Stelle stehende Gesundheit und Sicherheit aller – große Einschränkungen im privaten und öffentlichen Leben mit sich bringt, hat auch Auswirkungen auf den Kulturbetrieb. Um mit unserem Publikum in Verbindung zu bleiben und ein breit gefächertes Alternativprogramm anbieten zu können, greifen wir nun auf unsere umfangreichen Livestream-Archive zurück”, so Meyer weiter.
Auf der Leinwand zu Hause
Der „Kino VOD Club – österreichisches Kino für zu Hause” ist eine Initiative, die von den Kinos selbst gestartet worden ist. Auf jeder dieser Plattformen sind derzeit 500 österreichische Kinofilme zum Streamen erhältlich; von jedem gekauften Kinoticket profitieren direkt die Filmemacher und die Kinos.
„Wir wollten, dass auch die Kinos eine Möglichkeit bekommen, bei der online Nutzung von Kinofilmen im Netz mit zu partizipieren. Alle anderen VOD- Plattformen gehen auf Kosten und letztlich zum Schaden von uns Kinos. Jetzt haben die Kinos ein Werkzeug in der Hand und können auch am boomenden VOD-Markt teilnehmen und so positiv und aktiv auf das sich veränderte Nutzerverhalten des Publikums reagieren”, sagen die Initiatoren Alexander Syllaba und Clemens Kopetzky. Auch auf Museumsbesuche muss dank Online-Unterstützung während der staatlich verordneten Ausgangsbeschränkungen nicht verzichtet werden.
„Auf unseren online Plattformen wie Facebook oder Instagram zeigen wir museale Bereiche der Österreichischen Nationalbibliothek und stellen weiterhin die digitalen Möglichkeiten und besonderen Bestände des Hauses vor. Auf Instagram findet außerdem in regelmäßigen Abständen ein Quiz statt, zuletzt etwa mit Fragen rund um den Buchdruck”, meint Thomas Zauner, Kommunikationsleiter der Nationalbibliothek. Gänzlich unbeeindruckt vom Coronavirus ist auch der Digitale Lesesaal der Nationalbibliothek; dort wurde vor Kurzem ein neues Portal freigeschaltet, das erstmals einen einheitlichen Einstieg zum gesamten digitalen Medienbestand bietet. Das Jüdische Museum in Wien bietet während der Schließung indes eigene virtuelle Führungen mit Direktorin Danielle Spera an. „Wir möchten trotz der derzeitigen Schließung weiterhin ein Ort der Begegnung und Verständigung für jüdische Kultur und der jüdischen Geschichte Wiens sein”, lässt uns Petra Fuchs vom Jüdischen Museum Wien wissen. Im Technischen Museum Wien liegt im Online- Auftritt während der Krise ein besonderer Augenmerk auf dem jüngerem Publikum.
Kunst auf dem Bildschirm
„Um auch weiterhin die Neugier und den Wissensdrang von Kindern spielerisch zu fördern, stellen wir auf unserer Website wöchentlich neue Experimentieranleitungen zum Gratis-Download zur Verfügung. Die Experimente können mit einfachen Mitteln zu Hause durchgeführt werden, sind didaktisch aufbereitet und sorgen auch bei Erwachsenen für so manches Aha-Erlebnis”, erklärt Peter Aufreiter, Technisches Museum Wien.
„Das Belvedere bietet seit 14. März täglich um 15 Uhr via Instagram, Twitter, YouTube und Facebook Kurzführungen online an. Kunstexperte Markus Hübl präsentiert einzelne Kunstwerke aller Epochen aus dem Oberen Belvedere und Details zum Gebäude an sich. Auf den Social Media-Kanälen des Belvedere wurden bisher über 200.000 Kunstinteressierte erreicht”, sagt Monika Voglgruber Hauptabteilungsleiterin Kommunikation & Digitales Belvedere.
Zusätzlich ist noch eine Online-Sammlung sowie das Ursula Blickle Video-Archiv verfügbar. „Wenn die Menschen nicht zu uns kommen können, kommen wir zu den Menschen”, ist der Ansatz der Kunstinstitution. Auch Kabarettist Andreas Ferner ist von den Ausgangsbeschränkungen in seiner Arbeit betroffen. „Da ich derzeit – wie alle – nicht live vor Publikum spielen kann, habe ich mich relativ rasch entschieden, dem Publikum mich und meine Programme einfach nach Hause ins Wohnzimmer zu bringen”, so Ferner gegenüber medianet.
„Meinen nächsten ‚Corontäne'-Facebook-Auftritt habe ich per Live-Ausstrahlung am 9.4. um 20 Uhr auf meiner Facebook Fanpage. Danach können die Zuschauer diese ORF-‚Kabarett im Turm'-Aufzeichnung meines Kabarettprogramms dann wieder auf www.andreasferner.at und auf meiner Facebook Fanpage genießen.”
Auch der Österreichische Vorlesetag hat für die aktuelle Zeit eine Online-Lösung geschaffen: „Wir haben ein Video-Sammelsystem vorbereitet, in dem wir unsere Vorlesungen in virtueller Form stattfinden lassen. Diese sind auf vorlesetag.eu abrufbar”, sagt Werner Brunner, der Initiator des Österreichischen Vorlesetags.
Live-Auftritte per App
Der neue Pop-up-Kanal Puls 24 Info & Event in der Streaming App Zappn wird mit Live-Konzerten und österreichischen Interpreten befüllt und steht für Interessierte und Institutionen kostenlos offen. Künstler schicken einfach eine E-Mail an [email protected] und werden im Anschluss zwecks Abwicklung kontaktiert.