Warum funktioniert Dialogmarketing?
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Psychologe Roman Braun ist Doktor der Psychologie und Geschäftsführer von Trinergy International.
MARKETING & MEDIA Roman Braun 07.09.2018

Warum funktioniert Dialogmarketing?

Roman Braun wirft einen „psychologischen” Blick auf die konsumentenzentrierte Kommunikation.

Gastbeitrag ••• Von Roman Braun

HAUSAUFGABEN. Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 fordern drei Viertel der Konsumenten eine Individualisierung in der Unternehmenskommunikation – sprich: Personalisierte Werbung und Feingefühl im Umgang mit den (potenziellen) Konsumenten kommt an. Hier setzt Dialogmarketing an. Immer mehr Unternehmen setzen auf konsumentenzentrierte Kommunikationsmaßnahmen.

Im Fokus: Das Publikum

Warum Dialogmarketing so gut funktioniert, kann man sich in vereinfachter Form wie einen kleinen Vortrag vor einem Publikum vorstellen. Wenn der Sprecher die Bühne betritt, dann startet er vielleicht so: „Ich habe noch nie vor so vielen Leuten gesprochen. Ich bin etwas aufgeregt. Ich hoffe, ich kann heute erklären, …”, usw. Die Reaktion der Zuhörer: Sie langweilen sich. Das Publikum interessiert sich nämlich nur bedingt für die Befindlichkeiten des Sprechers.

In der Regel interessieren sich die Zuhörer nämlich viel mehr für sich selbst und ihre eigenen Angelegenheiten. Genau das Gleiche gilt auch in der Unternehmenskommunikation. Viel spannender als die üblichen Corporate-Phrasen sind nämlich die Konsumenten und ihre Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen selbst.
Wer nur von sich spricht, der tut sich wesentlich schwerer, die Aufmerksamkeit seiner Zielgruppe zu halten, als der, der genau jene in den Mittelpunkt stellt.

Keiner unter vielen

Wir lieben es, wenn sich jemand für uns interessiert. Das gilt in allen Bereichen des Lebens, wie eine Studie 2017 herausfand: Wer beim Speed-Dating mehr Fragen stellt, kommt umso sympathischer rüber. Je stärker A sich für B interessiert, desto positiver nimmt B A war. Auch wenn man als Konsument die Wertschätzung des Unternehmens spürt, dann steigert das die Aufmerksamkeit und erhöht das Interesse. Das startet schon beim Namen: Wenn ein Mailing an „Sehr geehrte Damen und Herren” oder an „Lieber Bewohner dieses Hauses” gesendet wird, dann macht das nur allzu deutlich: Ich bin nur einer unter vielen. Ebenso schlimm wäre: „Lieber Herr Müller”, wenn Frau Müller doch eigentlich weiblich ist – und so landet der Brief umgehend im Müll. Marketer und Kommunikationsexperten sind daher gefragt, ihre Hausaufgaben zu machen. Mit wem möchten sie denn eigentlich einen Dialog führen? Oder noch genauer: Welche Ängste, welche Wünsche hat der Konsument? Welche Erwartungen hat er? Welche Stimmung? Wer dieses Wissen auch in seinen Kommunikationsmitteln einsetzt, der erreicht ungemein mehr bei seinen Lesern oder Hörern.

Im Gespräch

Konkret wäre das in etwa so: Ein Brillenfachgeschäft möchte in einer E-Mail nach dem Kauf nach der Zufriedenheit des Kunden fragen. Es beschreibt daher, wie wichtig ihm die Anliegen der Kunden sind, und fragt nach Feedback. Wer ein Kind schon einmal gefragt hat, wie sein Tag in der Schule war, der weiß: Hier kommt wenig Feedback. So ähnlich ist es auch im Marketing. Wer nur langweilige Fragen stellt, der kann nur wenig Reaktion erwarten. Deshalb gilt: Je persönlicher, desto besser. Je dramatischer, desto besser! Dem Brillengeschäft wäre daher zu raten, nicht über seine Wünsche zu sprechen, sondern in der Welt des Kunden anzusetzen: Was war das schönste Kompliment für Ihre Brille? Oder: Sagen Sie es uns ehrlich: Wie furchtbar fand Ihre Schwiegermutter die neuen Gläser? Dieser persönliche Faktor steigert die Dialogbereitschaft beim Empfänger enorm.

Der Psychologe Roman Braun leitet nicht nur das Unternehmen Trinergy, sondern ist u.a. auch zertifizierter Lebens- und Sozialberater und Bestsellerautor.

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