Die Autobranche steckt in der E-Transformation
© Arbeitskreis der Automobilimporteure/Roman Zach-Kiesling
Christian Pesau
MOBILITY BUSINESS Redaktion 10.10.2025

Die Autobranche steckt in der E-Transformation

Christian Pesau vom Arbeitskreis Automobilimporteure analysiert die Lage und skizziert Trends für 2026.

Christian Pesau ist Geschäftsführer des Arbeitskreises der Automobilimporteure in der Industriellenvereinigung (IV).
Der Arbeitskreis stellt eine eigens geregelte Interessenvertretung innerhalb der IV dar. Mitglieder sind die österreichischen Automobilimporteure und die Vertriebsgesellschaften der internationalen Fahrzeughersteller. Vertreten werden sämtliche Pkw- und Lkw-Marken, darunter auch neue Hersteller, etwa aus China.  Der Arbeitskreis setzt sich für die Interessen seiner Mitglieder ein, betreibt aktives Lobbying, nimmt zu relevanten Themen öffentlich Stellung, stärkt das Image der Branche und bietet rechtliche Unterstützung.

medianet: Wie geht es der österreichischen Automobilbranche?
Christian Pesau: Grundsätzlich ist bekannt, dass sich die gesamte Automobilbranche im Umbruch befindet. Dabei geht es insbesondere um die Frage der Transformation hin zur Elektromobilität und Zero-Emissionen, aber auch um Zölle und den Markteintritt neuer Marken, insbesondere aus Asien. Zudem beschäftigen uns auch die Kaufzurückhaltung aufgrund der Inflation sowie die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. All das führt zu einer herausfordernden ­Situation für die Automobilindustrie – es sind keine einfachen Zeiten.

medianet: Wie sehen Sie die Diskussion um das Verbrenner-Aus im Jahr 2035? Soll es bleiben, aufgeweicht oder ganz verworfen werden?
Pesau: Der Weg hin zur Elektromobilität ist vorgegeben, alle Hersteller haben bereits Milliarden investiert, es gibt kein Zurück mehr. Ganz klar ist aber auch, dass die Transformation mehr Zeit in Anspruch nehmen wird als ursprünglich erwartet, insbesondere bei Privatkunden. Bei Firmenkunden verläuft der Umstieg oft reibungsloser, nicht zuletzt dank steuerlicher An­reize. Im privaten Bereich hingegen scheitert es häufig noch an bekannten Faktoren wie den hohen Anschaffungskosten für E-Fahrzeuge, unzureichender Ladeinfrastruktur und steigenden Strompreisen. Viele halten daher weiterhin am Verbrenner fest, was die Zielerreichung bis zum geplanten Ausstieg im Jahr 2035 fraglich erscheinen lässt. Entsprechend wächst die Forderung, das Verbrennerverbot zeitlich zu strecken.

medianet: Was wäre wichtig, um die E-Mobilität rascher breitflächig umzusetzen?
Pesau: Es muss besonders die städtische Ladeinfrastruktur ausgebaut werden, auf der Autobahn funktioniert das bereits ganz gut.
Ein zentrales Thema bleibt auch der Strompreis: Liegt dieser höher als ein vergleichbarer fossiler Treibstoff, dann wird wohl niemand freiwillig umsteigen. Technologisch sind E-Fahrzeuge inzwischen weit fortgeschritten und bieten zunehmend bessere Reichweiten. Aber auch hier spielt der Preis eine entscheidende Rolle. Durch das Auslaufen der Ankaufsförderungen haben einige Hersteller zwar selbst die Preise gesenkt, was für den Konsumenten attraktiv ist, doch die Margen schrumpfen – langfristig könnte das zur Herausforderung werden.

medianet: Immer wieder wird die Abschaffung des Diesel-Privilegs ins Spiel gebracht. Wäre das ein Beschleuniger für die Elektromobilität?
Pesau: Der Diesel ist historisch bedingt durch das Diesel-Privileg immer etwas geringer besteuert als der Benziner. Heute ist der Diesel etwas in Ungnade gefallen und natürlich sucht man auch neue Einnahmequellen für das Budget. Es ist in letzter Zeit aber zu beobachten, dass Dieselfahrzeuge nur noch gut zwölf Prozent der Neuzulassungen ausmachen. Das liegt aber nicht am mangelnden Interesse seitens der Kunden, sondern vielmehr daran, dass die Hersteller ihr Angebot deutlich zurückgefahren haben.  Ob es unter diesen Umständen notwendig ist, steuerlich weiter nachzuschärfen, ist fraglich. Eine Abschaffung des Diesel-Privilegs sehen wir derzeit nicht als notwendig an.

medianet: Die Zahl der Erstzulassungen von Pkw im ersten Halbjahr ist um sechs Prozent gestiegen. Widerspricht das nicht der Kaufzurückhaltung, die Sie angesprochen haben?
Pesau: Ich führe das darauf zurück, dass die Preise immer wieder gesenkt wurden und die Hersteller aktiv versucht haben, diese Fahrzeuge in den Markt zu bringen. Damit sind sie preislich attraktiver geworden und es ist dadurch zu beobachten, dass die Nachfrage steigt.

medianet: Die Erstzulassung von Diesel-Pkw ging im ersten Halbjahr um beinahe 40 Prozent zurück, während jene von E- und Hybrid-Pkw um den gleichen Faktor stieg. Ist damit der Umstieg nicht ohnehin bereits gelungen?
Pesau: Es ist ein klarer Trend, dass die Hersteller verstärkt E-Fahrzeuge und immer weniger Diesel-Autos auf die Straße bringen. Fast jedes neue Fahrzeug ist inzwischen ein Hybrid oder Plug-in-Hybrid, mit dem Ziel, die Emissionen zu reduzieren.

medianet: Welche Trends erwarten Sie für das kommende Jahr? SUV werden immer beliebter, andererseits kommen sehr kleine Modelle auf den Markt …
Pesau: Der Trend zum SUV ist in allen Fahrzeugklassen ungebrochen. Besonders im Bereich der Elektrofahrzeuge ist erfreulich, dass mittlerweile auch leistbare Modelle bis hin zur Einstiegsklasse verfügbar sind. Gleichzeitig gibt es Segmente wie etwa Cabrios, die immer seltener angeboten werden.

medianet: Woher stammt der Trend zum SUV? Sie werden ja kaum im Gelände, sondern in den Städten gefahren? Ist das noch immer ein Statussymbol?
Pesau: Ein SUV bietet durchaus Vorteile: Man sitzt höher, hat eine bessere Rundumsicht und gerade ältere Personen fühlen sich dadurch sicherer und insgesamt wohler. Für viele Menschen sind SUV auch optisch sehr attraktive Fahrzeuge. Im Gegenzug verlieren andere Fahrzeugkategorien, wie etwas Vans, zunehmend an Bedeutung.

medianet: Sind Auswirkungen der US-Zölle zu erwarten?
Pesau: Das hat natürlich Auswirkungen auf die Automobilindustrie, insbesondere auf Hersteller, die Werke in den USA betreiben. Diese sind klar im Vorteil, da ihre Fahrzeuge zollfrei bleiben. Für viele stellt sich jetzt die Frage, ob sich der Aufbau eigener Produktionsstätten vor Ort lohnt, zumal die Trump-Regierung nur noch drei Jahre im Amt ist. Das sind strategische Entscheidungen, die jeder Hersteller für sich treffen muss. Klar ist aber auch, dass solche Überlegungen mit Rückstellungen in Millionenhöhe einher gehen.

medianet: Wird das der Endkonsument in Österreich spüren?
Pesau: Er wird es eventuell irgendwann durch erhöhte Preise spüren, denn die Hersteller werden diese Zusatzkosten nicht alleine tragen können.

medianet: Was sagen Sie zum Trend hin zu ‚jungen Gebrauchtwagen‘, die aus steuerlichen Gründen nur für kurze Zeit angemeldet werden?
Pesau: Das soll für attraktivere Preise sorgen. Junge Gebrauchte gibt es in jeder Form, von klassischen Tageszulassungen mit nahezu null Kilometern bis hin zu Fahrzeugen mit längerer Zulassungsdauer und höherem Kilometerstand. Verkäufer verfolgen damit unterschiedliche Ziele, unter anderem, eine gewisse Menge an Fahrzeugen auf die Straße zu bringen, um Boni zu sichern.  Die kurzen Zulassungsdauern gibt es bereits lange, doch aufgrund des intensiven Preiswettbewerbs nehmen sie aktuell wieder zu. Das ist vor allem am Jahresende zu beobachten, wenn gewisse Verkaufszahlen erreicht werden müssen. Der Trend wird sich kurzfristig nicht ändern.

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