Zulieferer und Hersteller fahren ihre Produktionen zurück, kündigen Werksschließungen an und Sparpakete. Unternehmensübergreifend sollen Zehntausende Stellen gestrichen und eingespart werden. Keine Frage: Die Automobilindustrie durchlebte schon mal bessere Zeiten; ein weiterer Beleg dafür ist nun auch eine von EY veröffentliche aktuelle Untersuchung zur Wirtschaftslage der größten Automobilhersteller der Welt. Demnach schrumpfte der Umsatz der Hersteller im dritten Quartal um zwei Prozent, der Gewinn ging um 24% zurück.
Deutsche besonders betroffen
Überdurchschnittlich hohe Einbußen im Zeitraum Juli bis September meldeten laut EY die deutschen Autobauer Volkswagen, BMW und Mercedes. Ihr Umsatz schrumpfte um sechs Prozent, der Pkw-Absatz um neun Prozent, der Gewinn sogar um 50%.
Zumindest mit Blick auf den Umsatz besser performten die Hersteller aus den USA und aus Japan. So stieg der Umsatz der US-Autokonzerne um acht Prozent, die japanischen Hersteller wuchsen um ein Prozent.
Die meisten großen Konzerne verkauften allerdings weniger Neuwagen als ein Jahr zuvor: Insgesamt schrumpfte der Pkw-Absatz der 16 größten Autokonzerne um sechs Prozent; die stärksten Einbußen vermeldeten Stellantis (minus 14%), BMW (minus 13%) und General Motors (minus neun Prozent). Einige wenige Unternehmen – darunter die US-amerikanischen Autobauer Tesla und Ford – konnten hingegen mehr Fahrzeuge verkaufen als im Vorjahr.
Weltweite Margenrückgänge
Vorbei sind auch die Zeiten, in denen die deutschen Autobauer zu den profitabelsten weltweit zählten: Aufgrund des Gewinn-einbruchs hat sich die Marge der deutschen Autobauer insgesamt von 9,1 auf 4,9% fast halbiert. Die japanischen Hersteller verzeichneten nur einen Margenrückgang um 2,3 Prozentpunkte, die Marge der US-Hersteller kletterte sogar um 0,8 Prozentpunkte.
Der profitabelste Autokonzern war im dritten Quartal Suzuki mit 12,7% vor Kia (10,9%) und Tesla (10,8%). Mercedes-Benz liegt mit 7,3% auf dem siebten Platz, BMW mit 5,2% auf dem neunten Platz und Volkswagen mit 3,6% auf dem zwölften Rang.
Folgewirkungen für Österreich
„Die Flaute in der Autoindustrie, speziell in Deutschland, wirkt sich auch auf Österreich aus. Wir haben hierzulande zahlreiche Zulieferer”, sagt Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY. „Die hohen Margen nach der Coronazeit haben tiefliegende strukturelle Probleme verschleiert, die jetzt sichtbar werden: China prescht in Sachen E-Mobilität vor, hingegen sind bei der deutschen Autoindustrie die Kosten hoch, die Apparate zu schwerfällig. Dafür braucht es rasche Lösungen.”
Aus Sicht von Preiss haben insbesondere die europäischen Autokonzerne keine andere Wahl, als aktiv ihre Kosten zu reduzieren und gleichzeitig massiv an ihrer technologischen Wettbewerbsfähigkeit zu arbeiten: „Sinkende Margen bei hohem Investitionsbedarf – beispielsweise in den Bereichen Software und Batterietechnik – fordern die Unternehmen gewaltig.”
Strukturen optimieren
Daher sei es umso entscheidender, dass die Autokonzerne ihre internen Strukturen optimieren, sagt Preiss: „Erhebliche Kürzungen bei den Verwaltungskosten sind unvermeidlich, während gleichzeitig gezielt in Bereiche investiert werden muss, die den Unternehmen dabei helfen, ihren Markenkern und ihr Leistungsversprechen hervorzuheben.”
Im abgelaufenen dritten Quartal haben die deutschen Autokonzerne trotz der schlechten Umsatz- und Gewinnentwicklung nicht bei den Zukunftsinvestitionen gespart: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen um zwölf Prozent auf 8,3 Mrd. € an.
Sorgen mit Blick auf China
In China verzeichneten im dritten Quartal alle untersuchten Autokonzerne zweistellige Absatzeinbußen – bis auf Tesla (plus 30%). Insgesamt schrumpfte der China-Absatz der Unternehmen um 18%.
Der rasante Wandel in China hin zur Elektromobilität und das Aufkommen lokaler Player, die – ausgestattet mit viel Kapital – aggressiv in den Markt drängen, wird zunehmend zu einem Problem für die westlichen Hersteller. Preiss: „In China tobt ein intensiver Verdrängungswettbewerb, der hauptsächlich über den Preis geführt wird. Für die etablierten Konzerne gibt es derzeit wenig zu gewinnen. Dennoch ist ein Rückzug aus China aufgrund der Marktgröße keine Option – zudem ist China mittlerweile der globale Leitmarkt für Elektromobilität; mit wettbewerbsfähigen Produkten dort präsent zu sein, ist unerlässlich.” (red)